Wilhelm Költgen erreichen für seine behindertengerechten Umbauten Anfragen aus aller Welt.

Wilhelm Költgen erreichen für seine behindertengerechten Umbauten Anfragen aus aller Welt. (Foto: © Jörg Knappe)

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Motorradfahren trotz körperlichen Handicaps

Wilhelm Költgen baut Motorräder, Autos und sogar Lkw behindertengerecht um. Er will, dass auch Menschen mit körperlicher Behinderung solche Fahrzeuge nutzen können.

Das Hobby zum Beruf machen, darin langfristig ein Auskommen finden und anderen Menschen helfen: Das ist, was sich viele wünschen. Wilhelm Költgen hat dieses Ziel erreicht. Seit 1991 führt der Krefelder sein Unternehmen Költgen – Systems for Handicapped Mobility und baut für körperlich Behinderte alle Arten von Kraftfahrzeugen behindertengerecht um. "Ich habe von Geburt an eine körperliche Einschränkung", sagt Költgen, "aber mein Wunsch war es immer, Motorrad zu fahren. Also habe ich ein Motorrad so umgebaut, dass ich es fahren kann, obwohl ich nur eine Hand habe."

Nachdem ihm das gelungen war, fand er nach und nach zahlreiche andere Menschen, denen es gleich erging: Sie wollten Motorrad fahren, aber aufgrund ihres Handicaps fanden sie keine für sich geeignete Maschine. Also begann Költgen, im Kundenauftrag Zweiräder so zu optimieren, dass körperlich Behinderte den gleichen Fahrspaß erleben konnten wie Menschen ohne Beeinträchtigung.

Heute ist Költgens Werkstatt international eine der führenden, wenn es um solche Umbauten geht. "Wir bekommen Anfragen aus der ganzen Welt, die meisten finden uns übers Internet. Wir haben rund 5000 Kunden in unserer Kartei, unter anderem aus den Golf-Staaten." Und seine Zahlen steigen und steigen: Hatte Költgen 2010 noch 449 Aufträge, waren es 2012 bereits 620. Tendenz: positiv.

Individuelle Lösungen für jedermann

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Das hat auch damit zu tun, dass sich der Krefelder mit seinem Team, das Fachleute unterschiedlicher Gewerke vereint, nicht mehr ausschließlich Motorrädern widmet. Seit nunmehr neun Jahren baut Költgen auch alle anderen Fahrzeuge um. Und wenn Költgen sagt alle, meint er auch alle. Zwar stehen konventionelle Autos im Mittelpunkt. Von der Kompaktklasse über die Limousine bis hin zu Luxus-Sportwagen – es gibt nichts, an das sich Költgen nicht heranwagt. Denn vom Krefelder Unternehmenshof sind auch schon Radlader und schwere Trecker für die Feldarbeit gerollt.

Besonders auf das landwirtschaftliche Nutzfahrzeug ist der Chef stolz. "Es wiegt zwölf Tonnen, in der Fahrerkabine befindet man sich mit den Augen auf rund 2,80 Meter Höhe. Wir haben unter anderem ein System eingebaut, mit dem der Trecker von außen gesteuert werden kann. Außerdem kann der Besitzer sich im Rollstuhl außen bis ans Führerhaus heben lassen." Der Hintergrund: Nutzer der Maschine ist ein körperlich behinderter Landwirt, dessen Übernahme des elterlichen Hofes durch den Umbau von der Arbeitsagentur und anderen Trägern gesichert wurde.

Das sei im Nutzfahrzeugbereich üblich, sagt Költgen. "Die Umbauten kosten viel Geld, aber es geht beispielsweise Landschaftsverbänden und Berufsgenossenschaften um die Arbeitsplatzsicherung. Wir können auf so gut wie alle Anforderungen reagieren. Wenn etwa ein halbseitig Gelähmter Motorrad fahren möchte, arbeiten wir mit Infrarotschnittstellen bei den Bedienelementen auf der gelähmten Seite des Körpers. So schaffen wir individuelle Lösungen für jedermann. Unsere tägliche Herausforderung ist es, mit dem nicht Alltäglichen umzugehen und den Menschen zu helfen", so Költgen. Nur Joystick-Steuerungen für mehrfach Schwerbehinderte bietet er nicht an.

Der Zweiradmechaniker ist rundum zufrieden – eigentlich. Denn eines fehlt ihm bis heute immer noch: "Ich wünsche mir, dass die Hersteller umdenken und sich der Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen mehr annehmen. Da ist ein Umdenken erforderlich."

Text: / handwerksblatt.de

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