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Trotz Konkurs den eigenen Betrieb behalten!

Den Betrieb trotz Pleite behalten und weniger als zehn Prozent der Gesamtschulden zahlen? Klingt wie ein Märchen. Ist aber möglich.

Vorsorgen ist besser als heilen – diese Weisheit sollten Handwerksunternehmer besonders beherzigen, wenn es um einen drohenden Konkurs geht. Denn heutzutage kann der Pleitegeier schneller über einer Firma schweben, als mancher Unternehmer ahnt. Und wenn es dem eigenen Betrieb gut geht, handelt man angstfrei, ohne Druck und hat gegenüber seinen Verhandlungspartner eine erheblich bessere Ausgangsposition, betont Insolvenzberater Ralph Kleine.

Diese Vorsorge hat den Insolvenzplan als Rettungsanker zum Ziel. Dieses Verfahren ist nicht ganz neu, es wurde im Rahmen der Insolvenzrechtsreform 1999 eingeführt. Aber kaum einer kennt es und nur ganz wenige nutzen es: Der Anteil der Insolvenzpläne an den eröffneten Insolvenzverfahren liegt bei unter einem Prozent.

Vorteile für den Inhaber und die Gläubiger

Dabei sind sich die Experten einig, dass der Insolvenzplan eine höchst lobenswerte und nützliche Einrichtung ist. Denn sein Ziel ist, den insolventen Betrieb leichter zu sanieren und in eigener Regie fortzuführen und nicht in erster Linie die Ansprüche der Gläubiger zu bedienen. Das ist nicht nur ein Vorteil für den Inhaber, der sein geliebtes Unternehmen behalten kann. Sondern auch ein Gewinn für die Gläubiger. Mit einem Insolvenzplan behält der Inhaber Einfluss auf die Geschicke seines Unternehmens und kann die weiteren Entscheidungen beeinflussen. Seine Sachkenntnis bleibt dem Betrieb erhalten.

Forschungsergebnisse des Instituts für Mittelstandsforschung zeigen zudem: Durch einen Insolvenzplan bekommen die Gläubiger meistens eine höhere Insolvenzquote, mehr Arbeitsplätze werden gerettet, Geschäftsbeziehungen bleiben erhalten, kurz: Der volkswirtschaftliche Schaden ist erheblich geringer als bei einer Zerschlagung des Betriebs.

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Warum sich dennoch so wenige Menschen mit der Möglichkeit eines Insolvenzplans befassen, ist für Ralph Kleine leicht zu erklären: Denn das Verfahren ist kompliziert und nur wenige Berater beherrschen es. "Dazu kommt der mit einer Pleite verbundene Makel in Deutschland", erklärt Kleine. Deshalb hätten viele Handwerksunternehmer Angst, ihren Betrieb als bedroht zu "outen". Denn dann drohe den meist tief im Ort verankerten Handwerksfirmen die "gesellschaftliche Ächtung".

Hilfe bietet zum Beispiel das Institut für Weiterbildung und Beratung des Vestischen Mittelstandes (IWB), dass regelmäßig Seminare mit Insolvenzberater Kleine veranstaltet. Das IWB arbeitet mit den Handwerkskammern Münster und Düsseldorf zusammen und gehört der Kreishandwerkerschaft Recklinghausen. Viele Kreishandwerkerschaften haben ähnliche Weiterbildungseinrichtungen.

"Meiner Firma geht's gut?"

Dabei ist die Scheu vor einem Insolvenzverwalter überflüssig: Denn der darf zwar nach oben Grenzen setzen und Firmen ablehnen, die für ihn zu groß sind. In umgekehrter Richtung ist das nicht erlaubt: Er muss auch die kleinste Klitsche als Kunden akzeptieren. Denn das Gesetz unterscheidet bei der Rettung von Betrieben nicht zwischen Karstadt und einem Kleinstbetrieb.

Mehr dazu:Datenbanken & Infos zum Insolvenzgeschehen"Meiner Firma geht's gut!" Wer meint, er kann sich mit diesem Argument drücken und die Planung für den Fall eines Konkurses vernachlässigen, ist blauäugig. Zum Beispiel, weil die Wirtschaftskrise das Eigenkapital vieler Firmen angeknabbert hat. Diese können Aufträge häufig nicht mehr vorfinanzieren und bekommen oft kein Geld von den Banken mehr.

Ruckzuck gibt es keinen Kredit mehr

Auch wer – aus welchen Gründen auch immer – in Rückstand bei den Sozialversicherungsbeiträgen gerät, muss wissen: Die Sozialversicherungsträger "agieren relativ gnadenlos" (Kleine). Auch das Finanzamt holt schneller als man denkt, zum Doppelschlag aus, fordert Nach- und Vorauszahlung gleichzeitig oder akzeptiert den Antrag auf die Herabsetzung der Steuervorauszahlungen nicht. Und schon bei den geringsten Bagatellverbindlichkeiten werden die Finanzbeamten aktiv und ein Schufa-Eintrug droht. Dann gibt es bei der Bank ruckzuck keinen Kredit mehr. Oder ein großer Kunde zahlt nicht und der eigene Betrieb gerät dadurch in die finanzielle Schieflage.

Das Fazit ist aus der Sicht von Sanierungsberater Kleine ganz einfach: "Wirtschaftliche Krisen sind wie Bahnverkehr. Man sollte beizeiten am Bahnhof stehen und nicht erst, wenn der Zug abgefahren ist."

Alle Gläubigergruppen werden gleichbehandelt

Viele Vorsorgetipps hängen mit der Gläubigerversammlung zusammen, die bei einem Insolvenzplan gebildet wird. Die Gläubiger werden nach der jeweiligen Rechtsstellung ihrer Forderungen und wirtschaftlichen Interessen in Gruppen eingeteilt. Dazu gehören zum Beispiel Mitarbeiter, Familie, Kleingläubiger, Lieferanten, öffentliche Kassen und Geldgeber wie Banken, Leasing- oder Factoringgeber.

Alle Gläubigergruppen werden gleichbehandelt, Sie brauchen nur deren mehrheitliche Zustimmung. Gelingt das, kann Ihnen einen Insolvenzplan nicht nur den Betrieb in Ihrem Besitz erhalten, sondern auch sehr viel Geld sparen.

  • Haben Sie ein Einzelunternehmen, können Sie sich etwas entspannen. Vorsicht ist bei einer GmbH angesagt, denn diese Rechtsform biete viele Nachteile, erklärt Krisenberater Kleine: Sie gerät schon in Insolvenz, wenn sie überschuldet ist. Wenn in diesem Fall der Geschäftsführer nicht reagiert, kann er sich strafbar machen. Ein Einzelunternehmen kann dagegen keine Insolvenz verschleppen. Außerdem sind die Formkosten (Steuer, Bilanz etc.) bei einer GmbH teuer. Und täuschen Sie sich nicht: Die Banken fordern auch bei den GmbH-Geschäftsführern eine persönliche Haftung!
  • Der Lieferantenkredit hat das gleiche Gewicht wie der Bankkredit. Mit Lieferanten ist oft die Einigung einfacher als mit Kreditinstituten. Wichtige Lieferanten sind meist mehr an der Betriebsfortführung als an der Zerschlagung interessiert. Besorgen Sie sich einen privaten Kredit. Er drückt nicht so sehr wie ein Bankkredit, ist meist zinsgünstiger und flexibler. Auch sind Freunde und Familienmitglieder im Notfall eher bereit, dem Unternehmer zu helfen.
  • Machen Sie Ihre Lebensversicherung insolvenzhart. So verhindern Sie mögliche Altersarmut. Sie können sie dafür unter den Schutz des Gesetzes zur Altersvorsorge Selbstständiger stellen. Dann kann keine Bank mehr an das Geld dran. Sie bekommen das Geld aber erst mit 65 Jahren ausgezahlt.
  • Die Ehefrau sollte nichts unterschreiben, was mit dem Betrieb zu tun hat. "Wenn die Bank in diesem Fall den Kredit ablehnt, gehen Sie einfach zur nächsten. Entweder stimmen Ihre Zahlen – dann bekommen Sie den Kredit – oder sie stimmen nicht", so Experte Klein. Bürgschaften der Ehefrau sind übrigens oft sittenwidrig und damit hinfällig.
  • Das selbstgenutzte Eigenheim dagegen sollte der Ehefrau gehören oder ihr übertragen werden. Der Ehemann kann sich zur Absicherung ein Nießbrauchrecht eintragen lassen.
  • Beim eigenen Haus sollten Sie bei der Finanzierung über einen Bankkredit darauf achten, dass die Grundschuld nicht in kompletter Höhe unverbrieft eingetragen wird. Besser ist es, die Grundschuld in Teilbeträge mit Grundschuldbriefen zu stückeln und nach der Tilgung eines Teilbetrages die Herausgabe des Grundschuldbriefes zu verlangen. Das flexibilisiert die Finanzierung. Gegen Hergabe eines Grundschuldbriefes kann neue Liquidität dann ohne Notarkosten aufgenommen werden.

Wer für den Fall der Fälle vorsorgen will, steht vor der entscheidenden Hürde: Wer kann ihm dabei helfen? Reicht nicht die Sachkenntnis eines Handwerksunternehmer? Natürlich bekommt er in der Meisterschule das wichtigste betriebswirtschaftliche Wissen vermittelt. Aber für die Erarbeitung eines Insolvenzplans reicht das nicht. Schon alleine, weil sich ständig etwas ändert, die letzte Reform des Insolvenzrechts ist gerade einmal drei Jahre her.

Banken und Steuerberater sind auch die falschen Ansprechpartner. Zwar ist eine gute Beziehung zur Hausbank immer wichtig und in Krisenzeiten geradezu unersetzlich, dennoch gilt: Die Geldinstitute haben immer und zuerst ihre eigenen Interessen im Blick. Auch Steuerberater sind in diesem Fall nicht die richtigen Ratgeber, betont Sanierungsexperte Ralph Kleine: "Das ist schlicht nicht ihre Aufgabe." Der erste Weg sollte zur Betriebsberatung der Handwerkskammern führen, rät der Experte. Dort können Unternehmer einen Insolvenzplan einfordern oder nach qualifizierten Beratern fragen.

Betriebsberater der Handwerkskammern

Kammer Ansprechpartner Telefon E-Mail
Bielefeld Betriebsberatung 0521/ 56 08-444 betriebsberatung@handwerk-owl.de
Dortmund Holm Schäfer 0231/ 54 93-414 holm.schaefer@hwk-do.de
Düsseldorf Manfred Steinritz 0211/ 82055-328 steinritz@hwk-duesseldorf.de
Kaiserlautern Bernd Bauerfeld 0631/ 36 77-104 b.bauerfeld@hwk-pfalz.de
Koblenz Stephanie Binge 0261/ 3 98-248 stephanie.binge@hwk-koblenz.de
Köln Dirk Hecking 0221/ 20 22-346 hecking@hwk-koeln.de
Leizpzig Andrea Mücke 0341/ 75 22 91 muecke.wifoe@hwk-leipzig.de
Mainz Werner Maser 06131/ 99 92-713 w.maser@hwk.de
Münster Helmut Bogatzki 0251/ 52 03-204 helmut.bogatzki@hwk-muenster.de
Saarbrücken Albert Eberhardt 0681/ 58 09-135 a.eberhardt@hwk-saarland.de
Südwestfalen Ulrich Dröge 02931/ 8 77-116 ulrich.droege@hwk-swf.de
Trier Lieselotte Nell 0651/ 207-113 LNell@hwk-trier.de
Cottbus Heike Krisch 0355/ 78 35-155 krisch@hwk-cottbus.de
Frankfurt (Oder) Frank Ecker 0335/ 56 19 128 frank.ecker@hwk-ff.de
Potsdam Ralph Bührig 0331/ 37 03-132 ralph.buehrig@hwkpotsdam.de
Ost-MW Christian Schiffner 0395/ 55 93 131 schiffner.christian@hwk-omv.de  

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Ein mittelständischer Handwerksbetrieb mit 15 Mitarbeitern gerät in Schieflage. Sein größter Kunde zahlt die Rechnungen nicht, weil er selbst Insolvenz anmelden musste. Der Betriebsinhaber entscheidet sich aus ökonomischen Gründen ein Insolvenzverfahren zu eröffnen und legt einen Insolvenzplan vor, den er vorher mit den Gläubigern verhandelt hat. Der mittelständische Betrieb hat Gesamtverbindlichkeiten von 260.000 Euro.

Der Inhaber entschließt sich, einen Insolvenzberater ins Boot zu holen. Für diese Beratung handelt der Betrieb ein angemessenes Honorar aus – ansonsten ist auch die Vereinbarung eines Erfolgshonorars möglich. Seriöse Berater berechnen übrigens für eine Erstberatung nichts.

Weil der Insolvenzplan von den Gläubigergruppen – wie in diesem Fall – akzeptiert wurde, musste der Betrieb insgesamt von nicht mehr als 26.000 Euro und damit nur zehn bis 15 Prozent der Schuldsumme bezahlen. Außerdem kann der Inhaber des Handwerksbetriebs sein Unternehmen weiterführen, erklärt Insolvenzberater Ralph Kleine und betont: "Das ist kein Märchen."

Text: / handwerksblatt.de