Wer grob fahrlässig handelt, muss auch mit den Konsequenzen leben, aber als arbeitnehmerähnliche Person kann auch die erleichterte Haftung gelten.

Wer grob fahrlässig handelt, muss auch mit den Konsequenzen leben, aber als arbeitnehmerähnliche Person kann auch die erleichterte Haftung gelten. (Foto: © auremar/123RF.com)

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Keine Haftung bei grober Fahrlässigkeit?

Ist ein Handwerker in einem Betrieb als arbeitnehmerähnliche Person tätig und verursacht er einen Schaden, gilt für ihn die erleichterte Haftung wie für einen Arbeitnehmer.

Als arbeitnehmerähnliche Person kann ihm selbst bei grober Fahrlässigkeit eine Haftungserleichterung zugutekommen, wenn sein Verdienst in einem deutlichen Missverhältnis zum Schadensrisiko der Tätigkeit steht.

Der gelernte Schlosser und war seit vielen Jahren praktisch ausschließlich und regelmäßig weisungsgebunden in einem Milchwerk tätig. Er hatte außerhalb des Unternehmens weder Büro noch Werkstatt. Seine Leistungen rechnete er nach Stunden ab und stellte dem Unternehmen Rechnungen aus. Bei Schweißarbeiten verursachte er eine Explosion von 17 Tonnen Milchpulver. Die Versicherung des Milchwerks verlangte von dem Handwerker Schadensersatz in Höhe von 142.000 Euro.

Den Handwerker nicht in den Ruin treiben

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat den Schadensersatz auf 17.000 Euro reduziert. Nach Ansicht der Gerichts hat der Schlosser den Schaden zwar grob fahrlässig verursacht: Es läge auf der Hand, dass bei Schweiß- und Flexarbeiten Funkenflug und heiße Metalltropfen entstehen, die erhitztes Milchpulver zur Entzündung bringen. Für den entstandenen Schaden hafte er grundsätzlich in vollem Umfang.

Für Arbeitnehmer gilt diese Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nur unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der Umständen des Einzelfalls. Die Haftung soll den Arbeitnehmer nicht in den Ruin treiben.

Diese Grundsätze hat das Hessische Landesarbeitsgericht hier auf den Schlosser angewandt, der zwar kein Arbeitnehmer, aber als Handwerker praktisch wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb des Milchwerks eingegliedert war. Das Gericht hat deshalb die Haftungssumme auf 17.000 Euro beschränkt, was etwa 3 Monatsverdiensten des Handwerkers entsprach.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 2. April 2013, Az: 13 Sa 857/12 (Die Revision zum Bundesarbeitsgericht ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen)

Hintergrund: Bei der Arbeitnehmerhaftung gibt es die Stufen leichteste, mittlere und grobe Fahrlässigkeit. Für Schäden, die der Arbeitnehmer mit leichtester Fahrlässigkeit verursacht hat, haftet dieser gar nicht. Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird die Haftung geteilt, bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich voll. Bei grober Fahrlässigkeit kann nach Abwägung aller Umstände im Einzelfall eine Haftungserleichterung in Betracht kommen. Dabei müssen die Höhe des Arbeitsentgelts, die weiteren mit seiner Leistungsfähigkeit zusammenhängenden Umstände und der Grad des Verschuldens einbezogen werden. Auch bei „gröbster" Fahrlässigkeit des Arbeitnehmers scheiden Haftungserleichterungen nicht grundsätzlich aus (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Oktober 2010, Az.: 8 AZR 418/09).

Text: / handwerksblatt.de