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Ausbildungsstart gut vorbereiten

Betriebsführung

Mit der Ausbildung beginnt für Jugendliche ein neuer Lebensabschnitt. Die Ausbildungsexperten der Kammer geben Tipps, worauf die Betriebe beim Ausbildungsbeginn achten sollten.

Mit der Ausbildung startet ein neuer Lebensrhythmus. An die klaren Regeln und Absprachen müssen sich viele Auszubildende erst gewöhnen. Umso wichtiger ist, dass der Start gelingt. Der erste Tag muss von den Betrieben deshalb gut vorbereitet werden. Bei einem Rundgang durch den Betrieb lernt der Azubi seine neuen Kollegen und das Umfeld kennen. Ihm wird ein fester Ansprechpartner zugeteilt. Oliver Christoph Klaus schlägt vor, dass vor dem Beginn der Ausbildung einige Betriebsvorschriften erlassen werden. "Darin sollten die Arbeitszeitregelung, Pausenzeiten, weisungsberechtigte Personen, Verhaltensnormen, Verhalten im Krankheitsfall und Arbeitsschutz berücksichtigt werden", zählt der Hauptabteilungsleiter Berufsbildung bei der Handwerkskammer zu Leipzig einige Beispiele auf.

Damit prasselt viel Neues auf den neuen Mitarbeiter ein. Alle wichtigen Infos können in einem Ordner für den Azubi gesammelt oder in einer Zusatzvereinbarung zum Ausbildungsvertrag – in der auch auf Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge hingewiesen wird – festgehalten werden. "Mithilfe einer Zielvereinbarung lässt sich klären, was der Auszubildende in den ersten Wochen lernen soll", schlägt Martina Schaar, Teamleiterin Berufsausbildung der Handwerkskammer Cottbus, darüber hinaus vor. Auch der Ausbildungsplan – sei es für die ersten Wochen oder für die gesamte Dauer – kann gleich zu Anfang durchgesprochen werden.

In der ersten Zeit genau kontrollieren

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Dass die vereinbarten Regeln eingehalten werden, sollte speziell in der ersten Zeit genau kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass der Azubi das Berichtsheft, auch Ausbildungsnachweis genannt, regelmäßig und zeitnah führt. "Sonst lässt sich kaum noch nachvollziehen, was er gemacht hat", warnt Jörg Wiesniewski, Ausbildungsberater der Handwerkskammer Frankfurt (Oder). Möglichkeiten dazu gibt es viele: eine Viertelstunde vor oder gegen Ende des Arbeitstages, nach der Berufsschule, wenn es sich nicht mehr lohnt, für eine Stunde in den Betrieb zurückzukehren oder kurz vor dem Wochenende. Diese Aufgabe ist kein Privatvergnügen des Lehrlings. "Dem Azubi ist Gelegenheit zu geben, das Berichtsheft innerhalb der Arbeitszeit zu führen", verdeutlicht Dana Schneider.

Sorgfalt verlangt die Juristin in der Abteilung Berufsbildung bei der Handwerkskammer Potsdam aber nicht nur von den Jugendlichen. Denn mit der regelmäßigen Kontrolle sichert sich auch der Betrieb ab, dass er alle Inhalte der Ausbildung vermittelt hat. Ist das Berichtsheft unvollständig ausgefüllt, wird der Azubi unter Umständen nicht zur Gesellen- oder Abschlussprüfung zugelassen. Die Experten der Kammern empfehlen, dass der Ausbildungsnachweis möglichst jede Woche, maximal aber alle 14 Tage besprochen und abgezeichnet wird.

Kosten für Betriebe und Azubis

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Das Berichtsheft ist ein Arbeitsmittel. Der Betrieb muss es dem Azubi kostenlos zur Verfügung stellen. Das gilt auch für die Werkzeuge, Werkstoffe, Ausbildungsordnung und -plan sowie betriebstypische Berufs- und Arbeitsschutzbekleidung. Kosten, die mit dem Besuch der Berufsschule zusammenhängen, fallen nicht darunter. Dazu gehört etwa die Fahrkarte. Die Auszubildenden können versuchen, finanzielle Unterstützung beim Schulverwaltungsamt, in dessen Landkreis sich die Ausbildungsstätte befindet,  zu beantragen oder ein vergünstigtes Ticket zu bekommen, indem sie bei den Verkehrsbetrieben ihren Lehrlingsausweis, unter Umständen auch den Ausbildungsvertrag, vorzeigen. "Wenn sie für die Hin- und Rückfahrt zur Berufsschule mehr als drei Stunden brauchen und auf eine auswärtige Unterkunft angewiesen sind, können sie beim Schulverwaltungsamt einen Zuschuss für ihre Unterkunfts- und Verpflegungskosten mit einer Begrenzung von zehn Euro pro Tag bekommen. Manche Landkreise und Städte beteiligen sich auch an den Fahrtkosten zur Berufsschule", weist Martina Schaar hin. Pro Tag werden bis zu zehn Euro für Unterkunft und Verpflegung übernommen.

Fährt der Azubi von zu Hause zur Baustelle, zur überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) und zu firmenspezifischen Lehrgängen kommt der Betrieb für die Kosten auf. Die Gebühren für die Zwischen- und Abschlussprüfung muss er ebenfalls übernehmen. "Die Fahrtkosten, damit der Azubi zur Prüfung kommt, braucht der Betrieb nur für die Zwischenprüfung zu zahlen, für die Abschlussprüfung nicht", erklärt Dana Schneider. Materialien, die für die Prüfung benötigt werden, aber nicht vor Ort sind, fallen auch in die Zuständigkeit des Unternehmens. "Das gilt auch, wenn der Prüfungstermin nach dem Ende der Ausbildung liegt", verdeutlicht die Expertin der Handwerkskammer Potsdam. Land und Bund greifen den Betrieben finanziell unter die Arme und beteiligen sich mit einem Zuschuss an den Lehrgangs- und Internatskosten. Die Kosten für die Verpflegung während der ÜLU kann sich der Betrieb bei seinem Azubi wieder holen.

Besondere Regeln für Minderjährige

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Für minderjährige Auszubildende gelten besondere Regeln. "Der Ausbildungsvertrag muss auch von den Eltern oder den Erziehungsberechtigten des Auszubildenden unterschrieben werden", sagt Dana Schneider. Auch eine Abmahnung oder Kündigung ist gegenüber den Sorgeberechtigten zu erklären. Bei einer Abmahnung oder Kündigung sind ebenfalls sie zu informieren. "Der Betrieb muss das Jugendarbeitsschutzgesetz kennen und einhalten", erklärt Martina Schaar.

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Minderjährige Azubis dürfen maximal acht Stunden pro Tag arbeiten, womit sie bei einer vorgeschriebenen Fünf-Tage-Woche von Montag bis Freitag auf insgesamt bis zu 40 Wochenstunden kommen können. "Nachdem sie viereinhalb Stunden gearbeitet haben, dürfen die Azubis eine Viertelstunde pausieren, das ist in der Regel die Frühstückspause", so Martina Schaar. Wer bis zu sechs Stunden malocht, darf sich eine halbe Stunde ausruhen. Bei allem, was darüber hinausgeht, gibt es insgesamt 60 Minuten Pause. Zudem ist bei minderjährigen Lehrlingen die Nachtruhe von 20 bis 6 Uhr einzuhalten.

Doch keine Regel ohne Ausnahme, die neben dem Jugendarbeitsschutzgesetz auch in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung fixiert sein können. So dürfen Bäcker-, Friseur- und Kfz-Azubis beispielsweise auch an Samstagen arbeiten. Als Ausgleich müssen sie jedoch an einem anderen berufsschulfreien Tag in derselben Woche frei bekommen.

Ärztliche Bescheinigung muss vorliegen

Auch in punkto Urlaub gibt es andere Spielregeln als bei erwachsenen Mitarbeitern. Wer zu Beginn des Kalenderjahres noch keine 16 Jahre alt ist, kann sich auf mindestens 30 freie Werktage freuen. Bei unter 17-Jährigen sind es mindestens 27, bei unter 18-Jährigen mindestens 25 Werktage, die sie als Urlaub einplanen können.

14 Monate vor dem Ausbildungsbeginn muss der angehende Azubi ärztlich untersucht worden sein. Die Bescheinigung erhält der Betrieb. "Unter Umständen fällt eine Nachuntersuchung an – wenn der Auszubildende zwölf Monate nach dem Start in die Lehre immer noch minderjährig ist", erklärt Dana Schneider.

Überstunden sollten bei Minderjährigen die "absolute Ausnahme" sein, meint die Juristin der Handwerkskammer Potsdam. "Darunter versteht das Jugendarbeitsschutzgesetz vorübergehende und unaufschiebbare Arbeiten in Notfällen, soweit erwachsene Beschäftigte nicht zur Verfügung stehen." Das Stundenplus müsse dann innerhalb von drei Wochen in Freizeit ausgeglichen werden. Bei entsprechenden Tarif- oder Betriebsvereinbarungen kann auch die maximale tägliche Arbeitszeit von acht Stunden überschritten werden. "Dass die Jugendlichen an vier Tagen die Woche jeweils achteinhalb Stunden arbeiten, ist möglich, doch dann müssen sie am fünften Tag auch zwei Stunden eher Feierabend machen können", so Martina Schaar von der Handwerkskammer Cottbus.

Probezeit sollte voll ausgeschöpft werden

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Alle Kammern raten dazu, die Probezeit von vier Monaten voll auszuschöpfen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. "Wenn der Auszubildende schon als Schüler in dem Betrieb ein längeres Praktikum gemacht hat, wird auch schon mal verkürzt", weiß Jörg Wiesniewski. Generell kann die Testphase nicht verlängert werden.

Einzige Ausnahme: der Azubi ist mehr als ein Drittel der Probezeit krank. Die gesamte Ausfalldauer kann dann drangehängt werden. In diesem Fall rät der Ausbildungsberater der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) dazu, den neuen Ablauftermin der Probezeit schriftlich festzulegen.

Vier Monate verstreichen schnell. Hier sollte man es mit Friedrich Schillers "Drum prüfe, wer sich ewig bindet ..." halten. Für die Jugendlichen beginnt mit der Ausbildung ein neuer Lebensabschnitt, auf den sie nicht unbedingt perfekt vorbereitet sind. In den ersten Tagen sollte der Ausbilder beobachten, wie der Auszubildende sich ins Team einfügt, ob er interessiert ist, Fragen stellt und Eigeninitiative zeigt. Auftretende Probleme sollten ruhig, sachlich und direkt angesprochen werden. "Oft können Jugendliche die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens nicht einschätzen", erklärt Jörg Wiesniewski. Anfangs ist Nachsichtigkeit – also eher Ermahnung als Abmahnung – gefragt. "Um die Leistungsfähigkeit der Auszubildenden zu testen, dürfen ihnen nicht nur monotone, sondern ruhig auch schon anspruchsvollere Tätigkeiten aus allen Bereichen übertragen werden", empfiehlt Dana Schneider.

Mitarbeiter und Berufsschullehrer befragen

Je mehr Informationen, desto besser. Deshalb raten die Ausbildungsexperten der Kammern den Betrieben dazu, auch die eigenen Mitarbeiter zu fragen, ob der Azubi menschlich und fachlich ins Team passt. Als weitere Quellen lassen sich die Lehrer der Berufsschule und – sofern schon Lehrgänge waren – die Ausbilder der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung anzapfen. "Was in der Probezeit nicht gut läuft, wird auch im weiteren Verlauf der Ausbildung erfahrungsgemäß nicht besser", mahnt Dana Schneider.

Kommunikation ist das A und O

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Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Die Kommunikation zwischen Azubi und Ausbilder ist das A und O. Doch genau daran hapert es in vielen Betrieben, wie die Ausbildungsexperten der Handwerkskammern immer wieder feststellen. Oft seien es banale Anlässe, die schlechte Stimmung erzeugen. "Wir raten zu Fünf-Minuten-Gesprächen am Ende jedes Arbeitstages, damit Fragen geklärt und entstandene Missverständnisse direkt aus der Welt geschafft werden", sagt Martina Schaar. Wem das zu viel ist, sollte sich wenigstens jede Woche seinen Schützling in Ruhe zur Seite nehmen. Dies könne dann auch mit der Kontrolle des Berichtshefts verknüpft werden. "Nachdem zwei Drittel der Probezeit absolviert worden sind, sollte das erste große Feedbackgespräch stattfinden", rät Oliver Christoph Klaus. Für Martina Schaar kann es auch schon Mitte der Probezeit eingeplant werden, "weil man dann noch etwas beeinflussen kann". Zur Sprache kommen dabei die fachlichen und sozialen Kompetenzen.

Die meisten Experten der Kammern empfehlen, die Ergebnisse dieses Feedbackgesprächs schriftlich festzuhalten. Hilfestellung dabei bietet etwa ein Bewertungsbogen, der jeweils vom Ausbilder und vom Auszubildenden ausgefüllt und danach verglichen wird, oder eine Checkliste für 5-Minuten-Gespräche, welche die brandenburgischen Kammern anbieten. Die Auswertung der Probezeit sollte ernstgenommen werden. "Danach ist es nicht mehr so einfach, aus dem Ausbildungsvertrag herauszukommen", warnt Jörg Wiesniewski.

Staatlich finanzierte Nachhilfe

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Als Lehrstellenbewerber dürften sich die meisten Betriebe einen Einser-Kandidaten wünschen. Aber die Realität sieht oft anders aus. Wer nur Vieren in Mathe, Deutsch und in den Naturwissenschaften auf dem Zeugnis hat, könnte Probleme in der Berufsschule bekommen. Damit "kleine Lücken nicht zu großen Defiziten werden", rät Martina Schaar dazu, dass die Jugendlichen die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) der Agentur für Arbeit beantragen. "Das kann man auch schon im Lehrvertrag festhalten und die abH damit vom ersten Tag der Ausbildung an nutzen."

Die staatlich finanzierte Nachhilfe wird entweder nach dem Berufsschulunterricht oder während der betrieblichen Ausbildungszeit angeboten. Im letzteren Fall müssten die Auszubildenden dafür freigestellt werden und dies mit ihrem Ausbilder absprechen. In der Regel macht sich der zusätzliche Einsatz bezahlt. "Die abH haben sich in der Praxis für die Jugendlichen bewährt", helfen den Jugendlichen ganz gut", hat Dana Schneider beobachtet. Ein Tipp von Martina Schaar, wenn der Azubi mit Alltagsproblemen zu kämpfen hat: den Senior Experten Service kontaktieren.

Im Rahmen des Modellversuchs Qualitätsentwicklung in der Ausbildung in Handwerksbetrieben – Entwicklungsinstrumente und Qualifizierungskonzepte (Verbundpartner waren die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk und die Handwerkskammer Hannover) sind unter anderem ein Leitfaden und neun Broschüren zu den Themen Nachwuchs werben und auswählen, Praktikum effektiv nutzen, Ausbildung planvoll gestalten, gelungener Ausbildungsstart, erfolgreiche Probezeit, Auszubildende erfolgreich in Arbeitsprozesse einbinden, Selbsteinschätzung für Auszubildende, Beurteilungsheft für Ausbilder, fit für die Prüfung entstanden. Andere Handwerkskammern können diese Materialien für die Ausbildungsberatung nutzen. Dazu müssen sie eine Lizenz bei der ZWH erwerben. Die Kammern geben die Ratgeber dann kostenlos an Betriebe ab, die bereits ausbilden oder die ausbilden wollen.

Kammern unterstützen Azubis und Betriebe

Die Handwerksorganisationen unterstützen ihre Ausbildungsbetriebe, wo es geht. In Potsdam etwa wird ihnen ein großer Wandkalender zur Verfügung gestellt, auf dem alle wichtigen Termine des Ausbildungsjahrs eingetragen sind. Die Handwerkskammer Cottbus bietet im Herbst zum ersten Mal zwei dreistündige Workshops unter dem Motto "Bin gut angekommen – die wichtigsten Spielregeln für Azubis" an. Alle brandenburgischen Kammern werden einen Leitfaden einsetzen, der praktikable Instrumente für die Verbesserung der Ausbildungsprozesse enthält. Dana Schneider. "Darin sind viele praxisnahe Tipps enthalten, wie der Ausbilder die richtigen Weichen stellen und den Start der Lehre gewinnbringend gestalten kann."

Besser als jede Broschüre ist allerdings der persönliche Kontakt. Erste Anlaufstelle sind für Oliver Christoph Klaus hierbei die Handwerkskammern. "Die Ausbildungsberater können bei allen Fragen und Problemen helfen und vermitteln." Dem pflichtet Jörg Wiesniewski bei. "Einfache Fragen lassen sich häufig telefonisch klären." Die Ausbildungsberater fahren aber auch raus in die Betriebe oder laden Ausbilder und Azubi in die Handwerkskammer ein. "Dreier-Gespräche an einem neutralen Ort sind gerade bei schwierigen Lehrlingen zu empfehlen."

Text: / handwerksblatt.de

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