64 Prozent der Betriebsinhaber im Handwerk halten die Geschäftslage für gut, nur sechs Prozent für schlecht. (Foto: © dolgachov/123RF.com)

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Konjunkturhoch im Handwerk hält an

Betriebsführung

Zum vierten Mal in Folge in einer Herbstbefragung beurteilen die Handwerksbetriebe aktuelle Geschäftslage, Umsatzentwicklung, Auftragspolster und Investitionsklima besser als jemals zuvor.

"Das konjunkturelle Hoch bleibt unseren Betrieben erhalten und verstärkt sich gegenüber dem Frühjahr sogar noch", erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) zum aktuellen Konjunkturbericht des Handwerks. Bereits zum vierten Mal in Folge in einer Herbstbefragung beurteilten die Handwerksbetriebe aktuelle Geschäftslage, Umsatzentwicklung, Auftragspolster und Investitionsklima besser als jemals zuvor. Allerdings ist die künftige Erwartung der Betriebe eher auf Stabilisierung denn auf eine Fortsetzung der Wachstumsdynamik gerichtet. Nur knapp jeder vierte Betriebsinhaber rechnet mit einer nochmals verbesserten Lage, die meisten – nämlich 69 Prozent – gehen davon aus, dass sich die Handwerkskonjunktur bis zum Jahresende stabilisiert.

Besser als je zuvor in einem Herbst beurteilen die Handwerksbetriebe ihre aktuelle Geschäftslage: 64 Prozent der Betriebsinhaber halten sie für gut, nur sechs Prozent für schlecht. Besonders gut laufen die Geschäfte in den Bau- und Ausbauhandwerken, in denen im Vergleich zu den anderen Gewerkegruppen Spitzenwerte erreicht werden: Lediglich zwei Prozent im Bau- und drei Prozent in den Ausbauhandwerken klagen über eine schlechte Geschäftslage, die ganz große Mehrzahl (74 Prozent beziehungsweise 73 Prozent) spricht von einer guten Geschäftslage. Die Lebensmittelhandwerke profitieren vom wachsenden privaten Konsum.

Allzeithoch bei der Umsatzentwicklung

Erneut ein Allzeithoch wird bei der Umsatzentwicklung erreicht. Besonders dynamisch entwickeln sich die Umsätze auch hier im Bau- und Ausbaugewerbe sowie den Handwerken des gewerblichen Bedarfs. Außer bei den Gesundheitshandwerken sind die Umsätze in allen anderen Handwerksbereichen gestiegen. Die Auslastung der betrieblichen Kapazitäten liegt bei 84 Prozent, ein neuer Spitzenwert. Im Bau beträgt die Auslastung 90 Prozent, im Ausbau 89 Prozent. Somit stehen dort kaum noch freie Kapazitäten zur Verfügung. Im Gesamthandwerk dauert es inzwischen im Durchschnitt neun Wochen, bis ein Auftrag erfüllt werden kann.

In jedem fünften Betrieb sind neue Mitarbeiter hinzugekommen. "Gerne hätten die Betriebe noch mehr Personal eingestellt, doch es fehlen schlicht die passenden Fachkräfte. Deshalb ist davon auszugehen, dass das realisierte Stellenplus noch hinter den eigentlichen Beschäftigungsplänen der Betriebe zurückbleibt", sagt Schwannecke. Fast jeder vierte Betrieb hat mehr Mittel in Investitionen gesteckt, nur 14 Prozent haben weniger investiert. Das gegenwärtige konjunkturelle Umfeld ermöglicht es Betrieben, gestiegene Kosten für Löhne, Materialien und Energie besser als in den Vorjahren an die Abnehmer weiterzugeben. Knapp ein Drittel hat das im Herbst 2018 gemacht.

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Die Betriebe arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen

"Insgesamt wird das Fazit für das Jahr 2018 noch besser ausfallen als im Frühjahr angenommen. Die Umsatzprognose für 2018 heben wir deutlich an und gehen davon aus, dass die Umsätze im Gesamthandwerk im Jahr 2018 um 5 Prozent steigen werden. Für das kommende Jahr 2019 erwarten wir ein Umsatzplus von bis zu 4 Prozent", so der ZDH-Generalsekretär. Kehrseite dieser Volllast-Konjunktur im Handwerk: Die Betriebe arbeiten an ihren Kapazitätsgrenzen, es findet sich nicht genügend Personal, der Wettbewerb und die Konkurrenz um Fachkräfte ist groß und als Ergebnis all dessen: Die Wartezeiten für die Kunden werden länger.

Deshalb sei eine der vordringlichen Herausforderungen im Handwerk, aber auch der Politik, den Fachkräftebedarf zu sichern. "Schon jetzt bremsen die fehlenden Mitarbeiter ein noch stärkeres Wachstum im Handwerk. Sollte sich die Situation nicht bessern, hätte das nicht allein negative Auswirkungen auf das Handwerk, sondern auf die Gesamtkonjunktur und Lage in Deutschland. Wichtige Zukunftsprojekte wie die Energiewende, der Breitbandausbau, der Bau neuen und zusätzlichen Wohnraums oder einer guten Verkehrsinfrastruktur sind nur mit dem Handwerk zu realisieren. Handwerk ist insofern absolut systemrelevant für die Gesamtwirtschaft in Deutschland."

ZDH fordert Bildungswende

Deshalb müsse es für die Gesellschaft ein vorrangiges Anliegen sein, das Fundament eines leistungsfähigen Handwerks wieder zu stärken - die berufliche Ausbildung und Qualifizierung. "Denn nur wenn es gelingt, wieder mehr junge Menschen für eine Berufsausbildung zu gewinnen, werden wir in der Lage sein, eigenständig und im Inland die erforderlichen Fachkräfte bereit zu stellen. Es bedarf nicht weniger als einer Bildungswende: Wir müssen wegkommen von einem Bildungsideal, wonach möglichst viele akademische Abschlüsse als Indiz für Bildungsgerechtigkeit verstanden werden. Stattdessen müssen wir wieder dahinkommen, berufliche und akademische Ausbildung als gleichwertige Wege in ein erfolgreiches Berufsleben anzuerkennen und zu fördern."

Jahrelang habe das Handwerk einen Berufsbildungspakt gefordert, jetzt sei er endlich Teil der Koalitionsvereinbarung. Diesen Pakt gelte es nun inhaltlich zu füllen und das angekündigte verstärkte Engagement für die berufliche Bildung entsprechend finanziell zu unterfüttern. Politik sei hier gefordert, die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen. Die Stärkung des Meisterbriefs gehöre dazu. Um den Fachkräftebedarf zu decken, werde zudem eine gesteuerte, am Arbeitsmarkt orientierte Einwanderung unerlässlich bleiben. Deshalb müsse der jetzt vorliegende Gesetzentwurf zügig beschlossen und umgesetzt werden.

"Entlastung scheint ein Fremdwort zu sein"

"Wirtschaft ist kein Selbstläufer. Wirtschaftliches Handeln braucht gute Bedingungen und ganz bestimmt keine regulatorischen Beschränkungen und finanziellen Belastungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen massiv gefährden. Steuerpolitisch notwendige Strukturreformen packt diese Regierung nicht an. Entlastung scheint ein Fremdwort zu sein. Dabei könnten die Betriebe in Deutschland beim Soli, bei der Thesaurierungsrücklage oder bei Abschreibungsbedingungen entlastet werden, ohne damit eine Schieflage des Staates zu riskieren", sagt Schwannecke.

Wenn die Wirtschaft weiter für hohe Steuereinnahmen und Rekordbeschäftigung sorgen soll, dann müsse die Regierung die Bildungswende einleiten, die Digitalisierung vorantreiben, den demografischen Wandel gestalten und die Energiewende zum Erfolg bringen. "Sie muss tätig werden beim längst überfälligen analogen wie digitalen Infrastrukturausbau, der zukunftsfesten Umgestaltung der Sozialversicherungssysteme, einem für unsere Betriebe spürbaren Bürokratieabbau und vor dem Hintergrund des internationalen Steuerwettbewerbs mit einer Unternehmenssteuerreform. Und bei all dem muss sie auf die Tube drücken."

Text: / handwerksblatt.de

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