7 AZR 70/17, Bundesarbeitsgericht, EuGH, Befristung, Alter, Urteil, Recht, Rentner, Diskriminierung

In Zeiten des Fachkräftemangels sind Rentner gefragte Mitarbeiter. Sie bringen Wissen und Erfahrung in den Betrieb. (Foto: © 123branex/123RF.com)

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So kann man Rentner weiterbeschäftigen

Das Bundesarbeitsgericht erlaubt eine befristete Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern im Rentenalter – wie zuvor schon der Europäische Gerichtshof.

Ältere Mitarbeiter verfügen über wertvolles Fach- und Insiderwissen und sind deshalb für viele Betriebe schwer verzichtbar. Das Bundesarbeitsgericht hat eine angesichts des Fachkräftemangels für Unternehmen interessante Entscheidung getroffen: Arbeitgeber können mit ihren Mitarbeitern vereinbaren, dass sie ihren Job über die Regelaltersgrenze hinaus fortsetzen – auch befristet. Das hatte schon der Europäische Gerichtshof im letzten Jahr erlaubt. Nun urteilte das Bundesarbeitsgericht ebenso.

Mehr zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs lesen Sie hier.

Der Fall

Ein Lehrer aus Bremen hatte kurz vor Erreichen des Rentenalters seine Weiterbeschäftigung beantragt. Der Arbeitgeber – die Stadt Bremen – war damit einverstanden. Sie setzte allerdings eine Befristung bis zum Ende des laufenden Schuljahres. Eine weitere Verlängerung lehnte die Stadt ab. Der Lehrer wollte länger arbeiten und erhob daraufhin Klage. Er argumentierte, die Befristung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen EU-Recht, sie sei eine Diskriminierung wegen seines Alters und ein Missbrauch von Befristungen. Das Bremer Landesarbeitsgericht bat den EuGH um Klärung. Die Luxemburger Richter sahen aber keinen Verstoß (Urteil vom 28. Februar 2018, Az. C-46/17)
 

Das Urteil

Auch das Bundesarbeitsgericht sagte, dass die Befristung des Arbeitsvertrags wirksam ist. Das Arbeitsverhältnis endete, ohne dass die Stadt dem Rentner kündigen musste. Die entsprechende Regelung des sechsten Buchs Sozialgesetzbuch genügt den verfassungsrechtlichen Vorgaben und ist keine Altersdiskriminierung. Die höhere wöchentliche Arbeitsstundenzahl bei der Verlängerung ist kein neues Arbeitsverhältnis. Am vorgesehenen Termin des Ausscheidens änderte sich nichts.

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Eine an sich zulässige Befristung könne im Einzelfall aber rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Gesamtdauer der Befristungen oder die Anzahl der Einzelbefristungen das zumutbare Maß überstiegen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2018, Az.7 AZR 70/17 

Praxistipp

Will der Arbeitgeber die Zusammenarbeit mit seinem Mitarbeiter fortsetzen, muss er einige Vorgaben einhalten. Rebekka De Conno, Rechtsanwältin bei WWS Wirtz, Walter, Schmitz erklärt: "Zunächst muss der ursprüngliche Arbeitsvertrag vor Eintritt der Rente wirksam befristet sein. Denn das Erreichen des Rentenalters bedeutet nicht automatisch das Ende eines Arbeitsverhältnisses." Eine Befristung liege nur dann vor, wenn eine schriftliche Absprache existiere, dass mit Erreichen der Regelaltersgrenze Schluss ist.

"Wird die Zusammenarbeit trotz Befristung über diesen Zeitpunkt hinaus ohne Zusatzvereinbarung fortgeführt, entsteht automatisch per Gesetz ein unbefristetes Arbeitsverhältnis“, warnt  De Conno. Eine Kündigung sei dann nur nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen möglich. Firmen sollten daher alle Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge daraufhin überprüfen, ob eine wirksame Befristungsklausel besteht und in Zweifelsfällen fachlichen Rat einholen.

Abmachung schriftlich festhalten

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Was Chefs noch beachten sollten: Sie müssen die Vereinbarung, dass das Ende des Jobs hinausgeschoben wird, noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses abschließen. Doch Vorsicht: „Die Arbeitsbedingungen sollten vom bisherigen Arbeitsvertrag nicht abweichen“, rät die Expertin. "Regelt man darüber hinaus noch mehr Punkte,  wie etwa Arbeitszeit oder Gehalt, ist das kontraproduktiv. Das kann die Wirksamkeit des gesamten Vertrags in Gefahr bringen.“ Die Abmachung muss schriftlich erfolgen und von beiden Parteien noch vor Befristungsende unterschrieben sein. Nicht zuletzt müssen Personalverantwortliche die Mitbestimmungsrechte beachten, sofern ein Betriebsrat existiert.

Das A und O ist eine sorgfältige Fristenkontrolle. "Firmen sollten immer das Befristungsende regulärer Arbeitsverträge notieren. So können sie im Bedarfsfall rechtzeitig eine rechtlich wirksame Hinausschiebungsvereinbarung abschließen", weiß die Anwältin. Auch wenn solche Verträge bereits liefen, sollten Personalverantwortliche den Ablauf genau vermerken. So hielten sich Unternehmen die Möglichkeit einer erneuten rechtssicheren Verlängerung offen.

Text: / handwerksblatt.de