Bau, Abschlag, Verzug, Werkvertrag

Nur eine Pause oder Ende des Auftrags? Hat der Auftraggeber den Abschlag gezahlt, kann es weitergehen. (Foto: © Jozef Polc/123RF.com)

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Ohne Abschlag darf der Handwerker mauern

Betriebsführung

Abschlagsrechnungen muss der Kunde rechtzeitig begleichen, sonst kann der Handwerker die Arbeit niederlegen.

Der Handwerker hat beim Werkvertrag die Pflicht zur Vorleistung. Das heißt, er muss grundsätzlich erst seine Arbeit erledigen, bevor er Zahlung verlangen kann. Deshalb sind Abschlagszahlungen für ihn ein hilfreiches Mittel, um die finanziellen Risiken abzufangen. Zahlt der Kunde aber die fälligen Abschläge nicht fristgerecht, darf der Unternehmer die weitere Arbeit verweigern.

Was ist passiert? Nach einem Baugrubenverbau stritten sich die Parteien über die Abrechnungsmethode. Der Auftragnehmer hatte in seiner Abschlagsrechnung nach der tatsächlichen Einbindetiefe abgerechnet. Der öffentliche Auftraggeber hatte diese Position in der Abschlagsrechnung gekürzt und die reine Sichtfläche als Abrechnungsgrundlage angesetzt. Sie konnten sich nicht einigen, wie abzurechnen ist. Daher stellte der Unternehmer seine Arbeiten vorläufig ein.

In seiner Schlussrechnung machte er dann neben den Kosten für die tatsächliche Einbindetiefe auch einen Nachtrag wegen Arbeitsbehinderung geltend. Mit letzterem verlangte er die Kosten für den vorläufigen Baustopp vom Auftraggeber. Der wiederum kürzte die Schlussrechnung, unter anderem auch die Nachtragskosten. Daraufhin klagte der Auftragnehmer auf Zahlung.

Die Entscheidung: Das Oberlandesgericht Köln (Az. 22 U 45/12) stellte sich auf die Seite des Auftragnehmers. Dieser sei berechtigt gewesen, seine Arbeiten bis zur Zahlung der Abschlagsrechnung nach Paragraf 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B einzustellen. Der Unternehmer habe seine Leistungen erbracht und sei auch zu Einigungsgesprächen bereit gewesen, damit sei er seiner Kooperationspflicht ausreichend nachgekommen. Er konnte mithin nach Treu und Glauben seine Arbeiten vorübergehend einstellen, erklärten die Richter.

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Daran sei er auch nicht durch Paragraf 18 Abs. 5 VOB/B gehindert ("Streitfälle berechtigen den Auftragnehmer nicht, die Arbeiten einzustellen.")Diese Bestimmung solle nur sicherstellen, dass Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt und die Ausführung des Vertrages zwischen den Vertragsparteien das Bauvorhaben nicht gefährden. Hierdurch werde dem Auftragnehmer aber nicht sein Leistungsverweigerungsrecht bei Zahlungsverzug genommen. Der Auftragnehmer müsse nicht dermaßen viel vorleisten. Das Gericht verurteilte den Auftraggeber daher zur Nachzahlung.

Achtung: Grundsätzlich liegt die Arbeitsniederlegung im Risikobereich des Auftragnehmers. Denn ist die Arbeitseinstellung rechtswidrig, kann der Kunde den Vertrag unter Umständen außerordentlich kündigen!

Fazit: Ein Auftraggeber darf Abschlagsrechnungen nicht unberechtigt kürzen. Streicht er nämlich Hauptleistungen unzulässigerweise, muss er im Ergebnis doppelt zahlen. Das heißt er muss dann sowohl die streitigen Leistungen inklusive Verzugszinsen nachzahlen sowie die Kosten für die Bauzeitverzögerung, die aufgrund der unberechtigten Kürzung entstanden sind.
Allerdings hat das Oberlandesgericht Brandenburg (Az. 4 U 151/04) eine anderslautende Entscheidung getroffen, wonach dem Auftragnehmer aufgrund der Regelung in Paragraf 18 Abs. 5 VOB/B kein Leistungsverweigerungsrecht zustehe. Betriebe sollten daher bereits in ihrem Vertrag konkrete Regelungen und Sicherungsmechanismen vereinbaren, die solche Konstellationen betreffen.

Autorin Anna Rehfeldt, LL.M, ist Rechtsanwältin in Berlin

 

 

Text: / handwerksblatt.de

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