Balkone prägen die Fassade eines Hauses

Balkone prägen die Fassade eines Hauses (Foto: © Werner Stahl GmbH)

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Balkongitter restaurieren

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Ein Balkon prägt die Fassade eines Hauses wie eine Nase das Gesicht. Besonders beim Restaurieren denkmalgeschützter Gebäude sind Kenntnisse und Fingerspitzengefühl nötig.

Die Palette von möglichen Arbeiten in einer Schlosserei ist schier endlos: Hallen, Geländer, Balkone und Treppen können gefertigt werden, Blech kann bearbeitet, Schmiedearbeiten ausgeführt werden. Eine Spezialisierung ist da sinnvoll. "Bei uns liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf dem Balkonbau", erzählt Peter Werner, Inhaber des über hundert Jahre alten Handwerksbetriebs Werner Stahl GmbH in Leipzig. Zum wahren Expertenteam in Sachen Systementwicklung, Konstruktion, Einbau und Restaurierung von Balkonen sind die 23 Mitarbeiter des Betriebs inzwischen geworden. Kunden sind meist Hauseigentümer oder Hausverwaltungen, die auf die bewährten Konstruktionen aus dem Hause Werner mit Tragwerk und Geländer vertrauen, einer Lösung aus einer Hand.

Ein umfangreicher Markt bietet sich der Schlosserei vor allem mit den zahlreichen denkmalgeschützten Gründerzeithäusern in Leipzig, die zwischen 1865 und 1915 entstanden.  "Unsere Stadt ist bundesweit die Stadt der meisten Balkone", schmunzelt Werner. Die Bedingungen seien in der Regel gut: die Häuser seien recht gut erhalten, die Kriegsschäden hielten sich in Grenzen, in der DDR gab es kein Geld zum Verändern und die Mieter haben sich immer sorgfältig um den Erhalt gekümmert. "Die Haussanierer wenden sich meist direkt an uns, wir erledigen den ganzen Auftrag von den Verhandlungen mit der Denkmalschutzbehörde, über Baugenehmigung und Statik bis zum Einbau." Ein Statiker arbeite direkt für sie. "Unsere Freude daran, diese Gebäuden instand zu setzen, ist enorm."

Abgerissenes entwurfsgetreu ersetzen

Das denkmalpflegerische Konzept des Schlossermeisters ist immer klar: "Wir erhalten so viel wie möglich von den alten Balkonen", betont Werner. "Das Geländer sandstrahlen wir, zerlegen und ergänzen es und setzen es wieder ein." Ist die Statik des  Balkons marode, so wird die Stahlkonstruktion erneuert und eine Bodenplatte geschaffen. "Selbst abgerissene Balkone können wir oft entwurfsgetreu ersetzen", erklärt der Experte, "denn Leipzig hat ein Bauaktenarchiv von fast allen Häusern." Jede Veränderung an den Häusern sei darin dokumentiert.

Wie man die Balkone im Detail restaurieren muss, welcher Stil welche Anforderungen hat, das hat sich Peter Werner mit der Zeit angeeignet. Zum Glück würden heute wie damals dieselben Materialien benutzt, nur manch ein Profil gebe es heute nicht mehr, denn vor 100 Jahren gab es 1.000 Profile zu kaufen, heute nur noch 100. "So muss ich manchmal mit großem Aufwand selbst ein Profil herstellen." Da die ganz exakten historischen Maße zu kopieren hält Werner aber gar nicht für entscheidend, "davon hängt der optische Eindruck nicht ab". Viel wichtiger sei es, auf dieselbe Weise wie früher herzustellen. "Konkret etwa bedeutet das, dass wir wie früher beim Fügen Nieten verwenden müssen und nicht schweißen dürfen". Denn die Nieten sind hinterher ein deutlich sichtbares Gestaltungselement.

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Auch neue Balkone fügen sich ein

Zuweilen ergänzt Werner auch alte Häuser mit neuen Balkonen, um den Wohnkomfort zu verbessern. Denn ganz wichtig für die Pflege und den Erhalt eines Denkmals sei, es auch zu nutzen, ist die einhellige Meinung von Experten. "Die Denkmalschutzbehörde gestattet so etwas, wenn die Fassade optisch nicht zerstört würde, Baurecht und Brandschutzbestimmungen eingehalten und die erforderliche Statik garantiert werde. "Gestaltungselemente entnehmen wir den schon vorhandenen Verzierungen am Haus", erzählt Werner. "Wichtig ist auch hier die alte Produktionstechnik, dann fügen sich die neuen Balkone sehr gut in die alte Fassade ein."

Auf der Messe denkmal in Leipzig im letzten November hat Peter Werner nach Jahren der Abwesenheit mal wieder ausgestellt. "Das war sehr erfolgreich", erzählt er. "Viele Architekten und Privatleute interessierten sich für unsere Arbeit. Wir konnten viele Kontakte schließen und haben hinterher Anfragen bekommen." Als Höhepunkt empfand der Denkmalschutzexperte aber einen von der Handwerkskammer zu Leipzig organisierten Wettbewerb unter Auszubildenden aus Leipzig, Moskau und St. Petersburg – Tischler, Stuckateure und Maurer – die in Teams auf der Messe ihr Können zeigten. Sie stritten um jeweils einen Preis in jedem Gewerk: gelungene, grenzüberschreitende Aktivitäten in politisch schwierigen Zeiten.

Text: / handwerksblatt.de

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