Nachfolge, Generationswechsel

Der Kaufpreis ist ein sensibles Thema bei der Unternehmensnachfolge. (Foto: © racorn/123RF.com)

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Kaufpreis: Was ist mein Unternehmen wert?

Maximal 175.000 Euro – auf mehr schätzt die Hälfte aller Firmeninhaber den Kaufpreis für ihr Unternehmen beim Generationswechsel nicht ein. Jeder 5. rechnet sogar mit deutlich weniger Geld.

Bis Ende 2020 planen die Inhaber von etwa 227.000 kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland eine Nachfolgeregelung, darunter zigtausende Handwerksunternehmer. Eine der schwierigsten Hürden für das Gelingen des Generationswechsels ist der Kaufpreis, der für beide Seiten akzeptabel sein muss. Der wahre Wert des Unternehmens unterscheidet sich oft deutlich von den Vorstellungen des Verkäufers.

Preiserwartungen von Unternehmern in Deutschland

Bislang gab es wenig Anhaltspunkte zur Orientierung, wieviel Geld man für ein mittelständisches Unternehmen eigentlich auf den Tisch legen muss beziehungweise verlangen kann. Die Preisverhandlungen werden ja nicht öffentlich geführt, wie es bei Großunternehmen oder großen Fusionen der Fall ist.

Die Volkswirte der KfW haben nun zum ersten Mal auf Basis des KfW-Mittelstandspanels Zahlen veröffentlich, wie die Preiserwartungen von Unternehmern in Deutschland sind, die ihre Firma bis Ende 2023 übergeben möchten.

Für den ein oder anderen Inhaber oder Nachfolger dürfte das eine Orientierungshilfe sein, denn die Zahlen die seien erstaunlich realistisch, so die KfW-Volkswirte. Der geschätzte Kaufpreis eines mittelständischen Unternehmens liegt demnach im Schnitt bei 351.000 Euro, wenn die Unternehmensnachfolge innerhalb der kommenden fünf Jahre vollzogen werden soll.

Realistische Preisvorstellung

Das ist aber nur der Durchschnittswert aus allen Nachfolgeplanungen. Die überwiegende Anzahl der Firmen im deutschen Mittelstand ist sehr klein. Acht von zehn Mittelständler sind Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten. Sie haben deutlich geringere Preisvorstellungen. Daher erwartet die Hälfte aller Mittelständler einen Kaufpreis von im Schnitt maximal 175.000 Euro. Etwa ein Drittel der Unternehmen, die zur Nachfolge anstehen, setzt einen Kaufpreis von maximal 100.000 Euro an. Und jeder fünfte Inhaber (18 Prozent) beurteilt den Wert des Unternehmens sogar mit weniger als 50.000 Euro. 55 Prozent der Unternehmer rechnen wiederum mit maximal 250.000 Euro. 

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Große Mittelständler, also solche mit 50 und mehr Beschäftigten, erwarten natürlich deutlich mehr für ihr Unternehmen. 81 Prozent von ihnen setzen den Kaufpreis aktuell mit mindestens einer Million Euro an. Das sei nachvollziehbar, so die KfW, da in der Regel mit der Unternehmensgröße die Vermögenswerte eines Unternehmens ansteigen. Also Immobilien, Grundstücke, Maschinen, Fuhrpark und immaterielle Vermögenswerte.

Wie kommen die Unternehmer zu dieser Preisvorstellung? Die Werteinschätzung der Inhaber entspricht in der Regel knapp dem Jahresumsatz des Unternehmens. Die Unternehmer setzen im Durchschnitt etwa 90 Prozent des Umsatzes als Kaufpreis an.

Wie ermitteln die Inhaber den Kaufpreis?

Mehr zum Thema Wertermittlung im Handwerk nach dem AWH-VerfahrenDie Werteinschätzung der Inhaber entspricht knapp dem Jahresumsatz des Unternehmens. Die Unternehmer setzen im Durchschnitt etwa 90 Prozent des Umsatzes als Kaufpreis an. "Die deutschen Mittelständler schätzen den Wert ihrer Unternehmen realistisch ein, es gibt kaum Anzeichen für eine systematische Überbewertung", erklärt Dr. Michael Schwartz, Mittelstandsexperte bei KfW Research.

"Häufig wird vermutet, dass Alteigentümer Emotionen und die Anstrengungen des Unternehmensaufbaus mit einpreisen. Diese sogenannte 'Herzblutrendite' lässt sich in der Breite aber nicht nachweisen", so Schwarz.

 Quelle: KfW Research

Betriebsberater helfen

Jede Übergabe im Handwerk muss auf den Einzelfall abgestimmt sein. Daher empfehlen die Handwerkskammern Betriebsinhabern, die Weichen schon früh zu stellen und sich rechtzeitig zu informieren. Im Idealfall sollte man fünf bis zehn Jahre vor der Übergabe damit anfangen. Ansprechpartner Nummer eins sind hier die Berater der Handwerkskammern. Der Service ist kostenlos. 

Nachfolgebörse nexxt-change

Wer seinen Betrieb oder seine Werkstatt in gute Hände übergeben möchte oder eine florierende Firma zur Übernahme sucht, der sollte auf der Plattform nexxt-change schauen. Partner sind unter anderem die Handwerkskammern, die IHKn und das ­Bundeswirtschaftsministerium.


Interview: "Zu wichtig für den Zufall" 

Foto: © TriSign.deVera Meyer Foto: © TriSign.deVera Meyer, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Trier, rät allen Unternehmern dazu, sich früh mit der Nachfolge auseinanderzu­setzen. Im Idealfall zehn Jahre vorher.  m Idealfall zehn Jahre vorher. 
 
Handwerksblatt: Wann sollte man im Idealfall mit der Nachfolgeplanung beginnen?
Meyer: Das kommt auf den Einzelfall an. Ich empfehle den Betriebsinhabern meist bereits zehn Jahre vor Übergabe die Weichen zu stellen und sich zu informieren. Es ist immer besser den Vorgang langfristig zu planen. So lassen sich betriebswirtschaftliche, erbrechtliche oder steuerliche Nachteile vermeiden. Es ist viel zu spät, sich erst kurz vor der Übergabe Gedanken darüber zu machen. Die Übergabe ist zu wichtig, um sie dem Zufall zu überlassen. 

Handwerksblatt: Wie sollte der Inhaber dabei vorgehen?
Meyer: Das hängt davon ab, ob es bereits einen Nachfolger gibt oder nicht. Im ersten Fall ist es vergleichsweise einfach. Hier muss man bei der Planung grundsätzliche Fragen klären, etwa den Zeitpan, die Wertermittlung, steuerliche und rechtliche Aspekte und die eigene Altersvorsorge. Dann geht es noch um die Übergabeform, die Konditionen, die Finanzierung und Formalitäten wie die Verträge. Gibt es noch keinen Interessenten, dann wird die Nachfolgersuche ein zentrales Thema. Hier ist mein dringlicher Rat, noch einmal im Betrieb zu schauen und bei Mitarbeitern nachzuhaken, ob Interesse besteht. Außerdem kann man natürlich Annoncen schalten auf nexxt-change.de und in den Betriebsbörsen der Handwerkskammern.

Handwerksblatt: Wohin kann man sich wenden?
Meyer: Natürlich an uns (lacht). Unserer Beratung ist fachlich fundiert, nahe an der unternehmerischen Praxis im Handwerk und außerdem für die Mitgliedsbetriebe kostenfrei. Natürlich sollten die Unternehmer auch ihren Steuerberater, Rechtsanwalt und die Banken einbinden. Mit der Rentenversicherung und den privaten Zusatzversicherern sollte man über die Altersvorsorge sprechen. Nachfolger können sich an die Existenzgründungsberatung der Kammer wenden.

Handwerksblatt: Wie helfen die Handwerkskammern bei der Preisermittlung?
Meyer: Wir bieten den Betrieben eine Wertermittlung für das Unternehmen und die Maschinen nach dem AWH-Standard an. Das ist ebenfalls kostenlos. Manche Kammern bieten auch eine Immobilienbewertung an.

Handwerksblatt: Haben die Handwerker realistische Preisvorstellungen?
Meyer: Unserer Erfahrung nach kommt es hierbei darauf an, wie gut der Betrieb in Schuss ist. Wurde in den letzten Jahren konstant in den Betrieb und ins Personal investiert und hat man sich an den aktuellen Standards orientiert, dann zeigen sich die Vorstellungen häufig sehr realistisch. 

Das Interview führte Kirsten Freund

 

Text: / handwerksblatt.de

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