Reisekosten

Was ist die "erste Tätigkeitsstätte"? Das ist unter anderem für Fahrtkosten entscheidend. (Foto: © rook76/123RF.com)

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Fahrt zur Baustelle: Streit um die erste Tätigkeitsstätte

Auch wenn ein Handwerker länger als 48 Monate auf einer Baustelle eingesetzt ist, wird das nicht unbedingt zu seiner ersten Tätigkeitsstätte. Er kann Fahrtkosten und Verpflegungskosten geltend machen.

Ein angestellter Elektromonteuer war vier Jahre lang ununterbrochen auf einer Baustelle eingesetzt. Die Auftragsfirma seines Arbeitgebers hatte seit 2010 jeweils befristete Aufträge von maximal 36 Monaten erteilt. In seinem Arbeitsvertrag war der Handwerker keiner ersten Tätigkeitsstätte nach Paragraf 9 Absatz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) zugeordnet.

Die Baustelle, auf der der Arbeitnehmer vier Jahre lang tätig war, war aber trotzdem nicht dessen "erste Tätigkeitsstätte". Das hat der erste Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 25. März 2019 (Az. 1 K 447/16 E) entschieden. 

Es ging dabei um viel Geld, nämlich um die Fahrtkosten und die Verpflegungskosten: Der Elektriker hatte Fahrtkosten zur Baustelle an 227 Tagen mit einem Kilometersatz von 0,30 Euro für die Hin- und Rückfahrt geltend gemacht. Außerdem wollte er die Verpflegungsmehraufwendungen erhalten. 

Sein Finanzamt berücksichtigte aber nur die Entfernungspauschale, also die einfache Strecke (30 Cent je Kilometer). Begründung: die Baustelle sei nach einem Einsatz von mehr als 48 Monaten zur ersten Tätigkeitsstätte geworden.

Die Richter am Finanzgericht Münster gaben der Klage aber vollumfänglich statt. Sie sind der Auffassung, dass der Elektriker im Streitjahr 2014 keine erste Tätigkeitsstätte hatte, so dass er Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen abziehen konnte.

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Denn: Wenn es im Arbeitsvertrag keine Bestimmung zur ersten Tätigkeitsstätte gibt, ist nach dem Gesetz maßgeblich, ob man für die Dauer des Dienstverhältnisses oder für mehr als 48 Monate einer Baustelle zugewiesen wird.

Dabei kommt es aber auf die Prognose an. Man müsse also im Grunde im Voraus wissen, wie lange man wo arbeiten wird. Und da der Elektromonteur immer wieder befristet auf der Baustelle eingesestzt wurde konnte er ja nicht planen. Er habe seine Wohnsituation also nicht danach ausrichten können, so die Richter.

Was ist die erste Tätigkeitsstätte?

Maßgeblich dafür sind dabei vor allem dienst- oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen, also Arbeitsverträge, Dienst- oder Betriebsvereinbarungen. Pro Dienstverhältnis kann es höchstens eine erste Tätigkeitsstätte geben. Auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit kommt es nicht an. Wichtig ist, dass Arbeitgeber keine Vereinbarungen aus Gefälligkeit treffen.

Fehlt eine Regelung im Arbeitsvertrag, gilt als erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer normalerweise tätig ist oder aber zwei volle Arbeitstage je Woche beziehungsweise mindestens ein Drittel seiner wöchentlichen Arbeitszeit verbringt.  

Von einer dauerhaften Zuordnung geht das Finanzamt aus, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

Für einige Berufsgruppen sieht die Finanzverwaltung keine erste Tätigkeitsstätte vor, da sie an täglich wechselnden Einsatzorten arbeiten. Dazu zählen Kraftfahrer und Leiharbeiter. Ihre Anfahrt beginnen schon am Wohnsitz. Sie dürfen vom ersten Kilometer anstelle der Entfernungspauschale  unbeschränkt Werbe- oder Reisekosten geltend machen.

 

Text: / handwerksblatt.de

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