Foto: ©  Nongnuch Leelaphasuk/123RF.com

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Pinkelpausen im Betrieb

Man mag das kaum glauben, aber das Arbeitsgericht Köln musste sich erstmalig in der deutschen Rechtsgeschichte mit folgender Frage beschäftigen: Berechtigen überlange Toilettengänge eines Arbeitnehmers den Chef eigentlich zur Kürzung des Gehaltes?

Der ganzen Geschichte lag folgender spektakulärer Fall zugrunde: Einem Arbeitgeber war aufgefallen, dass ein Mitarbeiter seines Betriebes während der Arbeitszeit ziemlich häufig die Toilette aufsuchte. Der Chef beauftragte daher einen Kollegen damit, heimlich die Toilettengänge des Arbeitnehmers und vor allem deren Länge schriftlich aufzuzeichnen – mit überraschendem Ergebnis: In einem Zeitraum von 18 Tagen verbrachte der Mann stolze 384 Minuten (!) auf dem stillen Örtchen. 

Gehaltskürzung nur bei grobem Missbrauch

Das Problem des Chefs: Da sowieso die baldige Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden war, wollte er keine Abmahnung oder Kündigung mehr aussprechen. Der Chef kam deshalb auf die Idee, wegen der "Fehlzeiten" das Gehalt des Mitarbeiters zu kürzen, und zwar beträchtlich: Er rechnete die in den 18 Tagen gemessenen 384 Minuten auf die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses hoch und kam so auf insgesamt 90 "Toilettenstunden" in den vergangenen 12 Monaten, für die er bei einem Stundenlohn von 7,70 Euro in der letzten Gehaltszahlung knapp 700 Euro einbehielt. 

Zu Unrecht! Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln mochte diesem Vorgehen keinen Segen erteilen und verurteilte den Arbeitgeber jetzt zur Zahlung der restlichen 700 Euro. Die erstaunliche Begründung: Eine Kürzung wegen angeblich übermäßiger Toilettenzeiten komme nicht in Betracht. Solange kein erkennbarer und grober Missbrauch vorliege, seien solche Maßnahmen und insbesondere das heimliche Aufzeichnen der Toilettengänge gesetzlich nicht zulässig.

Persönlichkeitsrecht verletzt

Sie verletzten nämlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und seien folglich rechtswidrig. Über eine Kürzung des Lohns könne in solchen Fällen frühestens dann nachgedacht werden, wenn ein Arbeitnehmer die Hälfte seiner täglichen Arbeitszeit auf der Toilette verbringe, was hier aber nicht vorliege. Bei einer täglichen Toilettenzeit von nur etwa 20 Minuten liege noch kein Missbrauch vor.

Auf den Hinweis des Arbeitnehmers, er habe an den fraglichen 18 Tagen an einer üblen Magenverstimmung gelitten, komme es daher auch gar nicht entscheidungserheblich an. Der Arbeitnehmer habe – unabhängig von einer Magenverstimmung – mit seinem Verhalten jedenfalls nicht gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen (ArbG Köln – 6 Ca 3846/09).  

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Fazit

Überlange Toilettengänge der Arbeitnehmer berechtigen den Arbeitgeber nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Verbringt der Mitarbeiter – wie im hier vorliegenden Fall – täglich 20 Minuten auf dem stillen Örtchen, muss der Arbeitgeber dies nach der Entscheidung des ArbG Köln klaglos hinnehmen.

Lediglich dann, wenn ein offenkundiger (zeitlicher) Missbrauch seitens der Arbeitnehmer vorliegt, kann der Chef einschreiten. Verbringt der Mitarbeiter also mehrere Stunden täglich auf der Toilette, dürfte diese Grenze erreicht sein. In solchen Fällen kommen dann neben einer Gehaltskürzung auch eine Abmahnung sowie im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen in Betracht.

Vorsicht bei heimlichen Kontrollen

Aber, Vorsicht: Das heimliche Kontrollieren und Aufzeichnen der Toilettengänge sollte man sich als Chef lieber verkneifen, da es gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verstoßen kann. Die direkte Ansprache dürfte in solchen Fällen eher angezeigt und erfolgversprechend sein. Wer sich als Chef nicht an diese Vorgaben hält, dem droht im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Griff ins Klo.   

Text: / handwerksblatt.de

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