Malte Friese (l.) macht die Ausbildung zum Dachdecker Spaß. Ausbilder Raimund Koch ist froh, dass er einen motivierten Auszubildenden über das Programm "Und Morgen Meister" bekommen hat. (Foto: © Joachim Busch)

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Nach dem Uni-Ende hoch hinaus

Das Lehramtsstudium war Malte Friese zu trocken. Über das Programm "Und Morgen Meister" hat er ins Handwerk gefunden. Sein Ausbilder Raimund Koch freut sich über den motivierten Auszubildenden.

Nach drei Semestern ist es Malte Friese leid. "Das Studium war mir gerade in Englisch zu trocken, zu monoton, zu theoretisch", blickt der ehemalige Lehramtsstudent zurück. Eine Alternative musste her. In einer kostenlosen Uni-Zeitschrift stößt er auf die Anzeige "Und Morgen Meister". Das Programm richtet sich an potenzielle Studienabbrecher. Zu den drei Partnern gehört die Handwerkskammer Münster. Dort vereinbart Malte Friese einen Termin. Nach ein paar Treffen kristallisiert sich das Profil seines Traumberufs heraus. "Es sollte etwas Praktisches sein, wenn möglich an der frischen Luft, ruhig auch hoch oben", erklärt der sportliche junge Mann, der schon Fallschirmspringen und Bungee-Jumping ausprobiert hat und sich nun zum Dachdecker ausbilden lässt.

An dem Programm "Und Morgen Meister" sind die Handwerkskammer Münster, die Arbeitsagentur Ahlen-Münster sowie die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen beteiligt. Bislang haben sie 237 Studentinnen und 381 Studenten beraten. Etwas mehr als die Hälfte davon (321 bzw. 52 Prozent) hat eine Ausbildung aufgenommen. Weitere Initiativen für Studienabbrecher in ganz NRW hat der Westdeutsche Handwerkskammertag auf einer Internetplattform zusammengestellt.

Malte Friese hat den Weg vom Hörsaal ins Handwerk schnell gefunden. "Damit ist er die absolute Ausnahme", erklärt Petra König, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster. Der Leidensdruck vieler junger Menschen sei zwar hoch. In der Regel ziehe sich die Entscheidung, das Studium abzubrechen und nach einer Alternative zu suchen, aber länger hin. Schließlich studieren die Freunde auch, hat man schon so viel Zeit an der Uni verbracht, haben sich die Eltern für das Studium krumm gelegt.

Der erste Kontakt mit "Und Morgen Meister" entsteht meistens über eine offene Info-Veranstaltung. "Die Studenten kommen einfach vorbei und sprechen ungezwungen mit Unternehmern darüber, welche beruflichen Perspektiven sie zu bieten haben", umreißt Petra König das Konzept. Wer an einer Ausbildung interessiert ist, den lädt die Arbeitsagentur zu einem individuellen Gespräch ein. Dort werden die grundlegenden Fragen nach der beruflichen Zukunft geklärt. "Danach sind die anderen Partner von ,Und Morgen Meister’ – die Handwerkskammer Münster sowie die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen – mit ihren Beratern am Zug."

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Unter dem Motto "Vom Hörsaal zum Handwerk" werben die rheinland-pfälzischen und saarländischen Handwerkskammern um Studienabbrecher.

Vier Bewerbungen hat Malte Friese abgeschickt. Zwei Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch kamen zurück – darunter von der Kornmüller Bedachung GmbH. "Wir haben gleich Nägel mit Köpfen gemacht", erinnert sich Ausbilder Raimund Koch. Gute Bewerber sind rar geworden. "Das Niveau der Schulabgänger ist gesunken. Viele Auszubildende sind unmotiviert", bringt es der Dachdeckermeister und Gesellenprüfer auf den Punkt. Auf die gehobene Vorbildung von Malte Friese will sich Raimund Koch jedoch nicht alleine verlassen. Bevor der Lehrvertrag unterschrieben wird, müssen alle Bewerber ein mehrwöchiges Praktikum machen auch der Studienabbrecher. "Nur so können wir feststellen, ob sie handwerklich begabt sind und ins Team passen."

Nach der verkürzten Lehre vielleicht noch ins Ausland

Bei Malte Friese passt alles. Im Februar 2016 hat er mit seiner Ausbildung begonnen. Bislang läuft alles rund. "Die Arbeiten sind abwechslungsreich. Außerdem ist man immer mit mindestens einem Kollegen unterwegs. Es macht sehr viel Spaß", fasst der 26-Jährige die bisherigen Eindrücke zusammen. Mit seinem Arbeitgeber ist er übereingekommen, dass er die Lehre wegen seiner Vorbildung verkürzen kann – wenn die Leistungen stimmen.

Ansonsten sind die Pläne des jungen Bauhandwerkers eher vage. Nach der Prüfung könnte er einige Zeit als Geselle arbeiten. Oder das Fernweh packt ihn wieder. "Nach dem Abitur war ich für ein Jahr in Australien. Ich könnte mir gut vorstellen, noch einmal für längere Zeit ins Ausland zu gehen." Doch auch das macht das Handwerk möglich. Seine Chefin Ulrike Kornmüller hat Malte Friese zum Austauschprogramm der Kammer Münster angemeldet. Es geht für drei Wochen nach Norwegen. Ein schönes Pflästerchen für das große Fernweh.

Text: Bernd Lorenz
Foto: © Joachim Busch

Text: / handwerksblatt.de