Foto: © siegfriedkopp/123RF.com

Vorlesen:

Zoll-Razzia: 48 Millionen Euro an Scheinrechnungen

Bei einer Großrazzia ist dem Zoll der bislang größte Schlag gegen Schwarzarbeit am Bau in NRW gelungen. Durch Scheinfirmen sollen die Täter einen Schaden von 48 Millionen Euro verursacht haben.

Illegale Arbeiterkolonnen, Schwarzarbeit, Scheinrechnungen. Das Baugewerbe leidet unter mafiösen Strukturen. In den frühen Morgenstunden des 30. Januar gelang den Ermittlern des Zolls der bislang größte Schlag gegen organisierte Schwarzarbeit am Bau in Nordrhein-Westfalen. Auch bundesweit handelt es sich um einen der schwerwiegendsten Fälle im Bereich der organisierten Schwarzarbeit.

Die Spezialeinheit von Zoll und Polizei bestand aus mehr als 1.120 Einsatzkräften; 140 Objekte in 32 Städten des Landes wurden im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wuppertal durchsucht. Gegen acht Hauptverdächtige, darunter zwei Frauen, wurden Haftbefehle vollstreckt. Die Bandenmitglieder sollen über ihr Scheinfirmengeflecht im Baugewerbe einen Schaden von rund 48 Millionen Euro durch Schein- und Abdeckrechnungen verursacht haben. 450 Baufirmen waren demnach an dem Betrug beteiligt. 

Schein- und Abdeckrechnungen: 450 Baufirmen beteiligt

Die Masche

Die Haupttäter haben sogenannte Servicefirmen durch einen Strohmann gründen lassen. Dieser hat alle Behördengänge erledigt, damit die Firma am Markt wie ein legales Unternehmen erschien. Diese Strohmänner haben auch Firmenkonten eröffnet und für die Hauptbeschuldigten eine Kontovollmacht eintragen lassen.

Diese Scheinfirmen haben Rechnungen gestellt, denen in den meisten Fällen keinerlei tatsächlich erbrachte Leistungen zugrunde lag. Die bezahlten Rechnungsbeträge flossen nach Abzug einer "Provision" für den Strohmann an die bestellenden Unternehmen zurück.

Dann wurden die Rechnungen im Geschäftsbetrieb als Betriebsausgaben eingebucht. So konnten Steuern und Sozialversicherungsabgaben in Millionenhöhe hinterzogen werden. Mit dem zurückgeflossenen Schwarzgeld wurden dann illegale Gewinne realisiert und eingesetzte Schwarzarbeiten "entlohnt" , ohne die fälligen Abgaben abzuführen.  

Nach kurzer Zeit wurden die Servicefirmen abgemeldet und die Strohmänner tauchten ab. 

Das könnte Sie auch interessieren:

"Finanzkontrolle Schwarzarbeit endlich personell und finanziell aufstocken"

Seit Jahren bemängelt das Baugewerbe die schlechte Personalausstattung bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls. Anlässlich der Großrazzia bekräftigt der Dachverband: "Wir fordern, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit endlich personell und finanziell ausreichend auszustatten, um Großbaustellen und verdächtige Firmen häufiger kontrollieren zu können", so Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes. Das Deutsche Baugewerbe leide unter illegaler Beschäftigung und ihren mafiösen Strukturen. Leidtragenden seien die mittelständischen Bauunternehmen. 

Baugewerbe: Die öffentliche Hand muss ihre Vergabepraxis überprüfen

Die öffentliche Empörung über die Betrügerbande aus NRW findet Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe, scheinheilig. Die öffentliche Empörung über die Betrügerbande aus NRW findet Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe, scheinheilig.

Die öffentliche Hand müsse aber auch ihre Vergabepraxis überprüfen. "Es kann gerade bei öffentlichen Aufträgen nicht sein, dass das billigste Angebot zum Zuge kommt, das nur deshalb so billig ist, weil Schwarzarbeiter beschäftigt werden. Die mittelständischen Bauunternehmen, die hier im Lande Menschen beschäftigen, Tariflöhne bezahlen sowie Steuern und Sozialabgaben entrichten, haben dann das Nachsehen."

Die öffentliche Empörung jetzt findet Loewenstein scheinheilig. "Sie verdrängt, dass trotz Baubooms die Preise der rechtstreuen Betriebe nicht auskömmlicher geworden sind. Solange es immer noch einen gibt, der - aus welchen Gründen auch immer - auf illegale Beschäftigung setzt, solange werden wir über Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung zu sprechen haben. Die seriös arbeitende Bauwirtschaft kann das Problem nicht lösen. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Er bleibt daher aufgefordert, mit all seinen Verwaltungszweigen Recht und Gesetz durchzusetzen."

Fotos: © siegfriedkopp/123RF.com; © ZDB

Text: / handwerksblatt.de