Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und binden Kunden an ein Unternehmen (Foto: © Helder Almeida/123RF.com)

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Kundenbindung weiter verbessern

Betriebsführung

Ein Metzger, der seine Kunden zu einem Grillseminar einlädt oder der SHK-Betrieb, der nach der Badmodernisierung als Geschenk ein kleines gelbes Quietscheentchen überreicht. Ideen, Kunden ans Handwerk zu binden, gibt es viele. Welche genau, sagt Prof. Dr. Birgit Ester vom ITB.

DHB: Als Leiterin des Instituts für Technik der Betriebsführung beschäftigen Sie sich seit Jahren mit erfolgreicher Betriebsführung im Handwerk. Welche Herausforderungen sehen Sie für die Betriebe? 
Ester: Schnelle und adäquate Reaktionen auf die Marktentwicklung: Kunden, Konkurrenten, Politik, Gesellschaft. Arbeits- und Gesundheitsschutz ist dabei ein wichtiges Thema aktuell und in Zukunft. Ebenso wie IT-Sicherheit und der demografische Wandel im Handwerk. Einen weiteren Block von Themen könnte man vielleicht am besten unter dem Stichwort "Positionierung" zusammenfassen: Wo steht das Handwerk und wie definiert sich der einzelne Betrieb im Hinblick auf Dienstleistungsgestaltung, Nachhaltigkeit, Internationalisierung und Kooperation?

DHB: Aktuell haben Sie auch den Juryvorsitz beim Wettbewerb "Sterne des Handwerks" übernommen, der sich in diesem Jahr dem Thema "Kundenbindung" widmet. Welche Rolle spielt Kundenbindung in einem modernen Handwerksbetrieb?
Ester: Eine wichtige und leider oft noch unterschätzte. Bestandskunden zu halten ist immer preiswerter, als neue Kunden zu gewinnen. Außerdem kommen zufriedene Kunden nicht nur immer wieder. Sie bringen oft auch neue Kunden mit.

DHB: Ist das Internet hier eher Chance oder Risiko?
Ester:  Durch das Internet sind Preise und Leistungen viel transparenter und vor allem vergleichbarer geworden. Die Konkurrenz wird größer, die Bindung an einen Anbieter nimmt tendenziell ab. Loyalität ist nicht selbstverständlich. Der Handwerksbetrieb muss daher noch stärker auf Qualität als Differenzierungsmerkmal setzen – und auf Kundenbindung. Das Internet bietet neue Wege zum Kunden und die Möglichkeit, viele Kunden und potenzielle Kunden gleichzeitig zu erreichen. Das ist mit Sicherheit eine große Chance. Und die sollte man nutzen.

DHB: Die Bandbreite an Gewerken ist sehr groß. Die Kundschaft eines Friseurs spricht man sicher mit anderen Angeboten an als die eines Dachdeckers. Sehen Sie dennoch Aspekte, die grundsätzlich für Kundenbindung im Handwerk gelten?
Ester: Grundsätzlich geht es darum, Begeisterung beim Kunden hervorzurufen und Qualität erfahrbar zu machen. Es gibt verschiedene Kategorien, in denen sich Maßnahmen bewegen können. In der Kategorie "Produkt" ist Give-away etwas, das im wahrsten Sinne des Wortes immer ankommt. Allerdings sollten sie überlegt eingesetzt werden. Hier dürfen Betriebe gerne kreativ sein und vor allem auch einen direkten Bezug zu ihrem Gewerk herstellen oder auch eine Kostprobe ihres Könnens geben: der Friseur mit einer speziellen Haarpflege oder der Schreiner mit einer selbst gemachten Stiftebox. Es gibt viele originelle Möglichkeiten, dem Kunden etwas mit auf den Weg zu geben, durch das er sich gerne an den Betrieb erinnert. Andere Maßnahmen bedienen das weite Feld "Beratung/Service": Warum nicht den Kunden – bevor er telefonisch nachfassen muss unaufgefordert über den Bearbeitungsstatus seines Auftrags informieren? Oder für Stammkunden erweiterte Öffnungszeiten anbieten?
Weiterbildungsangebote geben dem Kunden die Möglichkeit, eine emotionale Bindung aufzubauen. Der Metzger, der Grillseminare für seine Stammkunden anbietet, hat endlich mal die Männer mit im Boot. Wenn er seine Events dann noch über Facebook kommuniziert, nutzt er auch die vorhin angesprochenen Chancen des Internets optimal aus. Jedes Gewerk, das nah am Endkunden ist, kann hier etwas tun. Damit wird gleichzeitig Know-how transportiert und Kompetenz vermittelt. Außerdem können so Preise erklärbar gemacht werden. Wer bei einem Frisuren-Workshop oder einem Schreiner-Seminar selber Hand anlegt und sieht, dass ein fertiges Produkt in vielen Arbeitsschritten entsteht, wird viel eher den Wert einer Arbeit schätzen.

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DHB: Sie haben gerade von Maßnahmen zur emotionalen Bindung gesprochen. Davon unterscheiden lassen sich ja solche aus dem Bereich der Preispolitik. Wie würden Sie die Bedeutung dieser Letzteren bewerten?
Ester: Als Teil eines Maßnahmenpakets können spezielle Vorzugsangebote für Stammkunden sicher funktionieren. Kundenbindung allein über einen Preiswettkampf macht allerdings wenig Sinn. Ein gutes Beispiel dafür sind Offerten im Internet. Hier finden Kunden immer einen Anbieter, der noch billiger ist  – und wenn er aus dem Ausland angefahren kommt.

DHB: Viele Handwerksunternehmen beteiligen sich an öffentlichen Ausschreibungen. Ihre Kunden sind gehalten, dem günstigsten Angebot den Zuschlag zu geben. In diesem Fall sieht es für die "emotionale Kundenbindung" schlecht aus, oder?
Ester: Von Give-aways würde ich hier Stichwort "Vorteilsannahme"  sicherheitshalber absehen. Natürlich sind die ausschreibenden Stellen angehalten, möglichst kostengünstig zu vergeben. Aber es gibt durchaus Spielraum. Die Themen "Beratung" und "Qualität" sind auch hier relevant. Und die Standortnähe darf man ebenfalls nicht unterschätzen. Handwerksbetriebe, die viel mit dem öffentlichen Sektor arbeiten, sollten sich immer wieder als zuverlässige Lieferanten hochwertiger Leistung in Erinnerung bringen und eine gute Vernetzung aufbauen. Aber darüber hinaus ist Kundenbindung natürlich nur eingeschränkt möglich.

Das Institut für Technik der Betriebsführung (ITB) in Karlsruhe ist eines der Forschungsinstitute des Deutschen Handwerksinstituts (DHI), das zum Zentralverband des Deutschen Handwerks gehört. Es beschäftigt aktuell 20 Mitarbeitende verschiedener Fachrichtungen. Zu den Aufgaben des ITB gehören die Forschung im Bereich der erfolgreichen Betriebsführung im Handwerk und die Durchführung von Fortbildungen und Workshops für Berater des Handwerks sowie für Unternehmer und Führungskräfte.
DHB: Als einen Bereich, in dem ein Unternehmen Kundenbindung betreiben kann, nennen Sie professionelles Beschwerdemanagement. Was hat man sich darunter konkret vorzustellen?
Ester: Wenn ein Kunde sich beschwert, ist das für den Betrieb ein wertvoller Hinweis auf eine Schwachstelle. Das sollte man dem Kunden auch so zu verstehen geben: durch eine zeitnahe Rückmeldung, in der man seinen Dank ausdrückt, und eine kleine Entschädigung. Natürlich gibt es auch ungerechtfertigte Beschwerden und Kunden, die immer etwas auszusetzen haben. Das sind dann die Herausforderungen beim professionellen Beschwerdemanagement. Wichtig ist: Der Kunde – auch der schwierige Kunde – muss immer das Gefühl haben, mit seiner Beschwerde  ernst genommen zu werden.

DHB: CRM-Software bietet viele Möglichkeiten, effizient und professionell Kundenbindung zu betreiben, und wird ja z.B. von Kfz-Betrieben gerne eingesetzt. Für welche anderen Gewerke sehen Sie hier noch Potenzial?
Ester: Grundsätzlich gibt es im Handwerk noch viel Potenzial für den Einsatz von softwareunterstütztem Kundenbindungsmanagement. Allerdings ist die Voraussetzung für den Einsatz von CRM-Systemen die systematische Erfassung von Kundendaten. Und hier haben manche Betriebe einen klaren Nachteil: Wer morgens beim Bäcker seine Brötchen kauft, hinterlässt in der Regel keine Informationen über sich. Andererseits kenne ich einen Metzger, der eine computerlesbare Kundenkarte anbietet. Ob sich der Einsatz spezieller CRM-Software empfiehlt, hängt also stark von den Gegebenheiten im einzelnen Betrieb ab – den technischen, den personellen und den finanziellen, denn die Pflege von Datenbanken birgt ja auch einen gewissen Aufwand.

DHB: Was sollten Betriebe im Hinblick auf die Erfolgsmessung ihrer Kundenbindung beachten?
Ester: Betriebe, die CRM-Software einsetzen, bekommen automatisch Auswertungen ihrer Aktivitäten. Man muss aber nicht komplexe Statistiken interpretieren, um zu sehen, ob man unternehmerisch auf dem richtigen Weg ist. "Weiche" Indikatoren tun es auch: Steigert sich mein Umsatz? Um zehn Prozent? Um 20 Prozent? Habe ich mehr oder weniger Kunden als im Vergleichszeitraum? Nimmt der Anteil meiner Stammkunden zu oder ab? Erfolgsmessung muss nicht aufwendig sein. Aber es ist wichtig, Entwicklungen im Blick zu behalten und die eigenen Aktivitäten regelmäßig zu hinterfragen.

DHB: Ein Handwerksbetrieb hat ja in der Regel keine klassische Marketingabteilung. Inwieweit ist es trotzdem empfehlenswert, Kundenbindung nicht im Sinne isolierter Aktionen zu betreiben, sondern Stichwort "Nachhaltigkeit" Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtmarketingkonzepts zu realisieren? Ester:  Idealerweise sollte am Anfang jeder Marketing-Aktivität die Frage gestellt werden: "Wie könnte mein Gesamtkonzept aussehen?" Und es gibt ja durchaus Betriebe, die mit viel Kreativität und Einsatz zusätzlich zu den eigenen Kernkompetenzen ihre Kundenkommunikation nachhaltig entwickeln und konsequent betreiben. Das ist allerdings stark inhaberabhängig. Wo intern keine personellen Kapazitäten vorhanden sind, wäre eine Beratung durch einen Marketing-Profi sicher sinnvoll. Aber das ist natürlich eine Kostenfrage. Und hier zögern viele Betriebe zu investieren, weil sie den Bedarf nicht sehen.

DHB: Wie wichtig ist denn Ihrer Einschätzung nach die professionelle Umsetzung von Marketing- und speziell Kundenbindungsmaßnahmen?
Ester: Bei allem, was die Außendarstellung eines Betriebes betrifft  Internetauftritt, Geschäftsausstattung, Broschüren, sollte auf eine professionelle Umsetzung Wert gelegt werden. Wer sich professionell präsentiert, dem traut man als Kunde automatisch zu, dass er auch professionell arbeitet. Zur Umsetzung speziell von Kundenbindungsmaßnahmen: Auch hier gibt es ja professionelle Dienstleister, an die man "outsourcen" kann. Gerade hier ist es aber oft der direkte Kontakt zwischen Betrieb und Kunden, der eine langfristige Beziehung entstehen lässt. Damit sind wir wieder bei der "emotionalen Bindung", die gerade für Handwerksbetriebe so wertvoll ist. Wenn der Metzgermeister beim Workshop selber am Grill steht, fühle ich mich als Kunde eben wirklich noch persönlich angesprochen und wertgeschätzt.

Interview: Rüdiger Gottschalk

Text: / handwerksblatt.de

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