Berufsunfähigkeitsversicherungen sollen dann eingreifen, wenn durch einen Unfall der erlernte Beruf nicht mehr ausübbar ist.

Berufsunfähigkeitsversicherungen sollen dann eingreifen, wenn durch einen Unfall der erlernte Beruf nicht mehr ausübbar ist. (Foto: © PANITAN KANCHANWONG/123RF.com)

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Berufsunfähig: Wenn die Versicherung zu teuer wird

Betriebsführung

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist gerade für selbstständige Handwerker unverzichtbar. Doch sie scheitern oft schon beim Antrag. Denn die Policen sind inzwischen (zu) teuer oder gar nicht zu bekommen. In unserem großen Special zum Thema "Berufsunfähigkeit" finden Sie zahlreiche Informationen – speziell für Handwerker.

Wer finanziell abgesichert sein will, muss selber vorsorgen. Doch was sich so einfach anhört, ist in der Praxis oft kompliziert. Wichtig ist zum Beispiel, sich vor der Gefahr zu schützen, nicht mehr in seinem Beruf arbeiten zu können. Viele Absicherungswillige bekommen den wichtigen Berufsunfähigkeitsschutz jedoch gar nicht, wissen Verbraucherschützer. Dazu zählen auch viele Handwerker, weil ihre Berufe von den Versicherungsgesellschaften als besonders gefährlich eingestuft werden. Wer also solch eine Versicherung haben möchte, sollte sich gut vorbereiten, damit er nicht schon im Vorfeld scheitert.

"Die größte Hürde ist die Gesundheitsprüfung", erklärt Axel Kleinlein, der Vorstandsvorsitzende des Bundes der Versicherten (BdV). "Schon "Kleinigkeiten" könnten dazu führen, dass man gar keine Versicherung bekommt oder erheblich mehr zahlen muss. Im schlimmsten Fall werde der Antrag dann komplett abgelehnt. Und wem das einmal passiert, der sei meist gebrandmarkt und bekomme auch bei anderen Gesellschaften keinen Versicherungsschutz mehr. "Für Personen mit Vorerkrankungen ist daher die anonymisierte Voranfrage besonders wichtig", rät Verbraucherschützer Kleinlein. Denn jeder Versicherer stufe die gleiche Vorerkrankung anders ein.

Hohe Beiträge für Handwerker

Doch auch wer über die Hürde der Gesundheitsprüfung beim Versicherer springt, bekommt oft nur lückenhaften Schutz: Bestimmte Berufe seien nur bis zum 55. oder 60. Lebensjahr versicherbar – und nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter von 67 Jahren. Darüber hinaus seien die Beiträge mittlerweile so stark gestiegen, dass sich immer mehr Arbeitnehmer den existenziell notwendigen Schutz nicht mehr leisten können. Das gelte insbesondere für Berufsgruppen mit hoher körperlicher Belastung, also viele Handwerker.

Das Problem: Wer nach 1961 geboren ist, bekommt bei Berufsunfähigkeit keine gesetzliche Rente. Die wird erst gezahlt, wenn jemand fast gar nicht mehr arbeiten kann, also erwerbsunfähig ist. Obwohl die Versicherer immer wieder auf die mangelhafte Absicherung für Berufsunfähigkeit hinweisen, haben sie selbst auch einige neue Hürden aufgebaut.

Differenzierung nach Berufsgruppen

Ende der 1990er Jahre kalkulierten die Versicherer ihre Prämien für eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) noch anhand von zwei Berufsgruppen mit unterschiedlich hohen Risiken. "Heute gibt es je nach Anbieter schon bis zu 14 Berufsgruppen", weiß Michael Franke.

Der Inhaber des Instituts für Versicherungsanalysen sagt auch: "Im Wettlauf um die sogenannten "guten Risiken" legen immer wieder Anbieter mit noch differenzierteren Berufsgruppeneinstufungen nach. Der Vorsprung ist nur temporär, da andere Versicherer gezwungen sind, nachzuziehen. Die Folge: Körperlich Tätige werden somit faktisch aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ausgeschlossen."

Genau hinsehen

Wann eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit zu teuer ist, lässt sich nicht allgemein sagen. Das muss jeder Kunde nach seinen finanziellen Möglichkeiten entscheiden. Bei der Vermittlung von Verträgen sind viele Vermittler auf die "Premium"-Kategorie fixiert. Wenn das Budget des Kunden für ein solches Produkt nicht ausreicht, werden oft Premium-Verträge mit einer "kleinen BU-Rente" vermittelt. Von einem solchen Vertrag rät Franke jedoch ab: "Eine zu niedrige Rente reicht im Bedarfsfall nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken. Besser ist es dann, nach einer Basis-BU oder nach einer günstigeren Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) zu fragen."

Reicht das Geld für die "Premium"-Versicherung nicht, ist die so genannte "Basis"-Versicherung noch immer die beste Alternative, da grundsätzlich auf die berufliche Tätigkeit abgestellt wird. Allerdings werden in diesem Fall nicht alle Risiken zu hundert Prozent abgedeckt. Vor dem Vertragsabschluss lohnt es sich für jeden Handwerker also, genau hinzusehen, in welchen Fällen die Versicherung wie viel zahlt.

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Tipps des Bundes der Versicherten

Worauf Handwerker bei einer Versicherung gegen Berufsunfähigkeit achten sollten

Alter: Eine Versicherung ist bereits ab dem 15. Lebensjahr denkbar. Bei voller Gesundheit ist ein Vertragsabschluss mit 40 Jahren ungefähr 40 Prozent teurer als mit 30 Jahren.

Risiko: Jeder fünfte Arbeitnehmer wird erwerbs- oder berufsunfähig. Alle Personen, die schwere körperliche Arbeit in ihrem Beruf leisten, sind besonders gefährdet, also vor allem Handwerker (Gerüstbauer, Dachdecker, Bergleute usw.). Hier erreichen etwa 40 bis 50 Prozent nicht regulär die Altersrente.

Abschluss: Die BU-Versicherung kann entweder separat oder als Zusatz zu einer Risikolebensversicherung abgeschlossen werden. Diese Kombination ist häufig günstiger als Einzelverträge. Nicht zu empfehlen ist sie dagegen als Zusatz zu einer kapitalbildenden Versicherung.

Laufzeit: Die Vertragslaufzeit sollte möglichst bis zum Ende des Erwerbslebens reichen, für viele ist das heute das 67. Lebensjahr.

Beitrag: Die Prämie beeinflusst die Höhe der Berufsunfähigkeitsrente und die Todesfallsumme sowie die Laufzeit der Versicherung. Hinzu kommen Alter, Beruf und Gesundheitszustand.

Antrag: Wer schon gesundheitliche Einschränkungen hat und befürchtet, dass der Antrag abgelehnt wird, sollte eine anonyme Risikovoranfrage nutzen. Diese kann ein Versicherungsberater oder Versicherungsmakler stellen.

Interview mit Mario Schwabe

Investmentfonds sorgen für Versicherungsschutz, vorausgesetzt das Fondsvermögen bleibt im grünen Bereich. Wie eine Versicherung gegen schwere Krankheiten (Dread Disease) funktioniert, zeigt die Gothaer Lebensversicherung an einem konkreten Beispiel. Produktmanager Mario Schwabe beantwortet die wichtigsten Fragen.

DHB: Wie viel kostet die Dread Disease Versicherung für einen 25-jährigen Dachdecker im Monat?
Schwabe:
Bei einer Versicherungssumme von 100.000 Euro, einer Mindesttodesfallsumme von 5.000 Euro und einem Ablaufalter von 67 Jahren beträgt der Monatsbeitrag für einen Nichtraucher unabhängig vom Beruf 39,12 Euro.

DHB: Wie funktioniert diese fondsgebundene Risikoversicherung?
Schwabe:
Die fondsgebundene Kalkulation bietet die Möglichkeit, den gewünschten Versicherungsschutz zu günstigen Beiträgen abzusichern. Der Kunde wählt bei Vertragsabschluss die Höhe und Dauer des Versicherungsschutzes. Dafür zahlt er den berechneten Beitrag. Dieser fließt in einen oder mehrere vom Kunden gewählte Investmentfonds. Dieses Fondsvermögen dient zur Deckung des Versicherungsschutzes und der Kosten. Im Rahmen der jährlichen Vertragsüberprüfung ermitteln wir, ob das vorhandene Fondsvermögen und der vereinbarte Beitrag voraussichtlich ausreichen, um den Versicherungsschutz über die gesamte Laufzeit aufrechtzuerhalten. Sollte dies nicht der Fall sein, informieren wir den Kunden über seine Handlungsoptionen, damit der ursprünglich vereinbarte Ablauftermin nicht gefährdet wird.

DHB: Welche Handlungsoptionen erhält der Kunde im Rahmen der Vertragsüberprüfung?
Schwabe:
Der Versicherte kann seinen Zahlbeitrag erhöhen oder die Versicherungssumme herabstufen. Es ist aber auch möglich, durch eine einmalige Zuzahlung das Fondsvermögen aufzustocken. Natürlich kann er auch die Beitragshöhe und den Versicherungsschutz unverändert lassen. Bei einer entsprechend positiven Fondsentwicklung erholt sich das Fondsvermögen auch ohne eine Beitragsanpassung. Die Vertragsüberprüfung bietet dem Kunden somit eine größtmögliche Sicherheit seinen gewünschten Versicherungsschutz bis zum Ablauf aufrechtzuerhalten.

DHB: Bleiben die Versicherungsbeiträge konstant?
Schwabe:
In den ersten fünf Jahren bleiben die Beiträge bei unveränderter Vertragsfortführung konstant. Danach kann sich der Kunde im Rahmen der Vertragsüberprüfung ggf. für eine Anpassung entscheiden.

DHB: Wann zahlt die Versicherung?
Schwabe:
Im Todesfall oder bei Eintritt einer in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen definierten schweren Erkrankung. Dann wird die vereinbarte Versicherungsleistung als einmalige Kapitalzahlung fällig. Ist das Fondsguthaben höher als die vereinbarte Summe, wird dieses ausgezahlt.

DHB: Wie lange läuft die Police?
Schwabe:
Versicherungsschutz kann bis zu einem Höchstendalter von 100 Jahren vereinbart werden.

DHB: Müssen vorab Gesundheitsfragen beantwortet werden?
Schwabe:
Ja, wie bei Risikoversicherungen üblich, werden Gesundheitsfragen gestellt.

DHB: Kann man die Versicherung noch abschließen, wenn man beispielsweise schon Krebs hat?
Schwabe:
Im Rahmen der Risikoprüfung werden die angegeben Erkrankungen des Versicherten bewertet. Dabei beurteilen wir im Einzelfall, ob wir den Kunden (mit oder ohne Erschwernis) aufgrund der Vorerkrankungen annehmen können.

DHB: Was sollte der Kunde noch beachten?
Schwabe:
Bei einer Dread Disease Versicherung wird eine fest vereinbarte Versicherungssumme einmalig nach der Diagnosestellung gezahlt. Diese kann frei verwendet werden, zum Beispiel um Umbaumaßnahmen im Haus zu finanzieren oder Einkommensausfälle auszugleichen.
Die Fragen stellte Heidi Trabert



Die Vertragsbedingungen variieren von Versicherer zu Versicherer und von Tarif zu Tarif. Hier kommt es auf jedes Wort an. Wer keine Überraschung erleben will, sollte sich vorher seinen Vertrag genau durchlesen. Achten sollte man besonders auf die folgenden Punkte:

Abstrakte Verweisung: Verzichtet der Versicherer uneingeschränkt auf sein Recht auf die abstrakte Verweisung? Ansonsten bekommt man die Berufsunfähigkeitsrente erst, wenn man neben dem eigenen Beruf auch keine vergleichbare Tätigkeit mehr ausüben kann. Ob der Versicherte tatsächlich eine Anstellung in dem Verweisungsberuf findet, ist unerheblich. Das Risiko arbeitslos zu werden, liegt beim Versicherten. Der Verzicht muss sich auch auf die Nachprüfung erstrecken.

Konkrete Verweisung: Eine Versichererung vezichtet sehr selten auf sein Recht auf die konkrete Verweisung. Sie zahlt nicht, wenn ein anderer angemessener Beruf ausgeübt werden kann. Das spielt vor allem bei ursprünglich vorwiegend körperlich Tätigen eine Rolle. Typisches Beispiel: Ein Handwerker arbeitet als Verkäufer in Fachmarkt.

Beitragsdynamik: Kann eine dynamische Erhöhung der Berufsunfähigkeitsleistung vereinbart werden? Dies soll dem Ausgleich der Inflation dienen.

Überbrückungsmöglichkeiten: Der Versicherer sollte bei Zahlungsschwierigkeiten – z.B. aufgrund von Arbeitslosigkeit – Überbrückungsmöglichkeiten anbieten.

Weltweiter Versicherungsschutz: Bleibt der Versicherungsschutz auch im Ausland erhalten?

Rückwirkende Leistung: Wird bei einem verspätet gemeldeten Versicherungsfall rückwirkend geleistet? Der Versicherer sollte bis zu drei Jahre rückwirkend leisten, wenn der Kunde den Versicherungsfall verspätet meldet.

Vermutete Berufsunfähigkeit: Zahlt der Versicherer nach Ablauf von sechs Monaten rückwirkend von Beginn an, wenn der Arzt keine Vorhersage abgeben konnte?

Verzicht auf Paragraf 19 VVG: Verzichtet der Versicherer auf sein Kündigungs- und Vertragsanpassungsrecht, wenn der Kunde eine Vorerkrankung schuldlos nicht angegeben hat?

Vorübergehendes Ausscheiden aus dem Berufsleben: Wird im Leistungsfall bei einem vorübergehenden Ausscheiden aus dem Berufsleben (z. B. Elternzeit) auf den vor der Unterbrechung ausgeübten Beruf als Prüfungsmaßstab abgestellt?

Nachversicherungsgarantien: Kann man die Versicherungsleistung bei bestimmten Ereignissen wie Heirat, Geburt, Immobilienerwerb oder Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöhen?

Prüfungsmaßstab: Sollte nur der zuletzt ausgeübte Beruf sein, damit nicht nach einem Berufswechsel – nach einem oder mehreren Jahren – auf den zuvor ausgeübten Beruf verwiesen werden kann.

Prognosezeitraum: Klären Sie, ob der Versicherer bereits dann leistet, wenn der Arzt eine Berufsunfähigkeitsdauer von voraussichtlich sechs Monaten vorhersagt?

Text: / handwerksblatt.de