Unklarheiten auf der Baustelle sollten sofort geklärt und dokumentiert werden, ansonsten kann es später bei der Abrechnung zu bösen Überraschungen kommen.

Unklarheiten auf der Baustelle sollten sofort geklärt und dokumentiert werden, ansonsten kann es später bei der Abrechnung zu bösen Überraschungen kommen. (Foto: © Stephane Vrignon /123RF.com)

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Abrechnungscoach will Rechnungen kugelsicher machen

Jede Rechnungsprüfung ist wie ein Showdown. Damit Bauhandwerker nicht auf der Verliererseite stehen, zeigt Alexander Weiße ihnen, wie ihre Forderungen möglichst "bulletproof" werden.

Showdown nach dreijähriger Bauzeit. Alexander Weiße sitzt dem Bauherren, dessen Architekten, zwei Anwälten und Mitarbeitern des Rechnungsprüfungsamtes gegenüber. Der Trockenbau-Unternehmer ahnt nichts Gutes. Neben ihm steht seine Box mit Ordnern. Dort sind alle Dokumente abgeheftet. Alleine das Aufmaß umfasst rund 4.000 Seiten. Die Rechnung besteht aus knapp 600 Seiten. Ziemlich viel zu prüfen für seine Auftraggeber. Genau das aber wollen sie nicht. "Herr Weiße, wir streichen Ihnen 120.000 Euro aus der Rechnung!" Einfach so, ohne konkrete Mängel zu benennen.

Doch der Handwerker ist bestens vorbereitet. Zu jeder Leistungsposition gibt es detaillierte Belege und Fotos. Nun geht Alexander Weiße in die Offensive. Er schlägt den Herren vor, dass sie sich irgendeinen Ordner aus der Box nehmen, drei beliebige Seiten aufschlagen und darauf jeweils eine Position markieren sollen. Sein Angebot: "Wenn ich bei allen dreien die Leistung, das Datum, wann sie erbracht wurde, und das dazu passende Foto finde, brauchen wir uns über die gekürzte Rechnung nicht weiter zu unterhalten." Eine Stunde später hat er, was ihm zusteht. "Da habe ich gemerkt, wie mächtig eine kugelsichere Dokumentation ist."

Langjährige Erfahrung auf der Baustelle

Inzwischen hat Alexander Weiße das Metier gewechselt. Er zeigt anderen Handwerkern, wie sie ihre Rechnungen davor schützen, von den Auftraggebern durchlöchert zu werden. Sein System nennt er "Bulletproof" – also kugelsicher. Als Abrechnungscoach kommen ihm dabei seine langjährigen Erfahrungen auf der Baustelle und im Büro zu gute. Der gelernte Tischler war 20 Jahre in der Trockenbaubranche unterwegs, die Hälfte davon als eigenständiger Unternehmer mit mehreren Mitarbeitern. "Ich kenne die Prozesse in den Betrieben und weiß, wo es hakt. Würde ich dieses Wissen nicht weitergeben, wäre das wie unterlassene Hilfeleistung für mich", begründet der 40-Jährige seinen Umstieg ins Beratungsgeschäft. Er hat zwei gravierende Probleme ausgemacht: Kommunikation und Dokumentation.  

Schwachpunkt: Dokumentation

Kein Mensch ist unfehlbar. Das gilt auch für Bauherren und Architekten. Wenn etwas unklar im Leistungsverzeichnis oder im Bauplan ist, muss dies direkt angesprochen, am besten mit einem oder mehreren Fotos dokumentiert werden. Als klassisches Beispiel führt Alexander Weiße die Massenmehrung an. "Wenn Vorsatzschalen für Waschbecken oder WCs zu montieren sind, werden gerne mal die Zuführungen für die Leitungen vergessen. Bei 100 Vorsatzschalen mit 1.000 Ausschnitten fehlen dann 500 zusätzliche Ausschnitte." Statt blind auszuführen, müsse erst Rücksprache mit dem Planer gehalten werden, denn "was nicht beauftragt ist, wird auch nicht bezahlt".

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Darüber hinaus erfüllen Fotos für ihn einen weiteren Zweck. Neben der Dokumentation nicht geplanter Leistungen oder Mängel seien sie auch als Nachweis nützlich, etwa für Brandschutzmaßnahmen. Auf der Baustelle müsse dafür ein Mitarbeiter mit einem Smartphone oder Tablet ausgestattet sein. Über entsprechende Apps (siehe Expertentipp unten), die in Echtzeit synchronisieren, seien die Aufnahmen direkt beim Kalkulator im Büro. 

Schwachpunkt: Kommunikation

"Schlechte Kommunikation ist teuer. Sie kostet Zeit und Geld", sagt Alexander Weiße. Dies gelte nicht nur für die Gespräche mit Auftraggebern, sondern vor allem betriebsintern. Oft wüssten Kalkulator und Monteur nicht voneinander, wo bei ihnen jeweils der Schuh drückt. So reiche es etwa nicht aus, nur ein Foto von der Baustelle zu mailen. Es müsse auch richtig beschriftet und auf dem Bauplan oder im Leistungsverzeichnis zuzuordnen sein. "Nur anhand des Fotos lässt sich ja nicht erkennen, ob es sich um einen Mangel handelt und ob man Bedenken anmelden soll." Der regelmäßige Austausch zwischen dem Kalkulator und dem auf der Baustelle verantwortlichen Mitarbeiter ist aus Sicht des Abrechnungscoaches generell unverzichtbar. Je größer das Bauprojekt, desto enger sollte die Abstimmung und je detaillierter die Dokumentation sein. "Wenn Positionen auf der Rechnung unklar sind, streicht der Architekt sie heraus. Der Kalkulator ruft den Monteur an. Der Monteur ist längst auf einer andere Baustelle. Zack, sind 10.000 Euro weg!"

Büro und Baustelle zusammenbringen

Um die Kommunikation und Dokumentation zu verbessern, bietet Alexander Weiße sein Know-how an. Er berät die Betriebe vor Ort und per Videokonferenz. Beim einwöchigen Coaching ist er die ersten beiden Tage im Büro. Er lernt die Mitarbeiter kennen, baut Vertrauen auf, schaut sich die Prozesse an. Danach fährt er mit auf die Baustelle und beobachtet die Arbeitsabläufe. "Viele kleine Probleme lassen sich schon nach drei Tagen lösen", erklärt der Abrechnungscoach. Es kommt ihm vor allem darauf an, dass sich der Kalkulator und Monteur gegenseitig verstehen lernen. "Wenn der eine die Probleme des anderen kennt, passieren weniger Fehler, die das Unternehmen teuer zu stehen kommen können." Neben dem einwöchigen Coaching bietet Alexander Weiße auch ein Jahres-Mentoring sowie die ausschließliche Beratung über ein Videokonferenzsystem an.    

PodcastIm Podcast "WirliebenHandwerk.digital" hat sich Sebastian Bourne mit Alexander Weiße über die mangelhafte Kommunikation und deren negative Konsequenzen unterhalten. Die Folge "Sprache – jeder spricht eine andere" und viele weitere interessante Interviews ist bei Apple Podcast, Google Podcast, podcast.de, YouTube, Spotify und Deezer sowie in jeder Podcast-Catcher App auf dem Smartphone verfügbar. Seit zwei Jahren ist Alexander Weiße mit seiner Dienstleistung am Markt. "Das Coaching kommt sehr gut an", lautet sein Fazit bislang. Vor seiner Beratung mussten die von ihm betreuten Unternehmen durchschnittlich acht Prozent ihrer Rechnungen ausbuchen. In einem Fall seien es sogar 26 Prozent gewesen. "Wer das hinnimmt, lebt nur noch von der Hand in den Mund." Sein Anspruch ist es, die Rechnungen so kugelsicher zu machen, dass weniger als ein Prozent gekürzt werden. "Das ist machbar und hat bei allen von mir gecoachten Unternehmen funktioniert." 

Expertentipp

Diese Apps empfiehlt Alexander Weiße zur digitalen Erfassung von Bauleistungen:

Planradar

  • Verwaltung von Plänen, Terminen, Aufgaben und Kontakten
  • Planunterlagen als PDF projektbezogen in Ordnerstrukturen abgelegen
  • Fotos können in den Plänen verortet und per Text oder Sprachmemo beschrieben werden
  • per Ticketvergabe Aufgaben mit fristen direkt an zuständige Personen vergeben
  • Echtzeitsynchronisation an allen Endgeräten

Memomeister

  • Verwaltung von Projektordnern mit Vergabe von zuständigen Projektteams
    Integration von PDF mit möglichen Anmerkungen 
  • Foto und Videodokumentation per Text und Sprachmemo beschreiben
  • QR-Code Erstellung zur Dokumentation von Wartungsintervallen, Ersatzteiltausch oder Werkzeugverwaltung
  • Echtzeitsynchronisation an allen Endgeräten

Capmo

Text: / handwerksblatt.de

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