Das Geschäft musste im April 2020 wegen der Corona-Pandemie schließen und hatte keine Umsätze. Der Vermieter verlangte aber den vollen Mietzins.

Das Geschäft musste im April 2020 wegen der Corona-Pandemie schließen und hatte keine Einkünfte. Der Vermieter verlangte aber den vollen Mietzins. (Foto: © Daniil Peshkov/123RF.com)

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Reduzierte Ladenmiete wegen des Lockdowns

Betriebsführung

Muss ein Geschäft im Corona-Lockdown schließen, kann der Inhaber eine Anpassung der Miete verlangen. Eine pauschale Kürzung um die Hälfte ist aber keine Lösung. Der Bundesgerichtshof verlangt eine Abwägung im Einzelfall.

Es traf im Handwerk vor allem Friseure und Kosmetiker: Der Laden war wegen der Pandemie monatelang geschlossen, aber die Miete war trotzdem weiter fällig. Eine ungerechte Situation. Die Gerichte hatten dazu sehr unterschiedlich geurteilt, bis der Gesetzgeber im Dezember 2020 festlegte, dass grundsätzlich eine Vertragsanpassung in Betracht kommt, weil die Corona-Pandemie ein unvorhersehbares Ereignis ist. Damit entfalle die Geschäftsgrundlage für Miet- oder Pachtverträge. Dennoch musste die Justiz weiter viele Einzelfälle entscheiden.

Wie zuvor schon das Oberlandesgericht Dresden und das Berliner Kammergericht und das Amtsgericht Dortmund hat jetzt auch der Bundesgerichtshof entschieden und damit für eine einheitiliche Linie gesorgt: Die vertragliche Miete sei grundsätzlich zu reduzieren, wenn dem Mieter ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar sei. Hier müssten aber im Einzelfall die beiderseitigen Interessen abgewogen werden. Staatliche Zuschüsse und Versicherungsleistungen seien dabei zu berücksichtigen.

Der Fall

Der Textilhändler Kik hatte für seine Filiale in Sehma die Miete für April 2020 nicht gezahlt, weil das Geschäft vom 19. März bis 19. April 2020 wegen der sächsischen Corona-Schutzverordnung geschlossen bleiben musste.

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hatte am 24. Februar 2021 entschieden, eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 Prozent sei gerechtfertigt, weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe (Az. 5 U 1782/20). In diesem Fall sei es angemessen, die Belastung gleichmäßig unter den Vertragspartnern zu verteilen.

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Das Urteil

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Fall an das OLG zurück. Dem Mieter könne in solchen Fällen zwar ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage zustehen. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtige jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung, so der BGH. Vielmehr müsse im Einzelfall entschieden werden.

Dafür, dass bei einem Lockdown eine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage vorliege, spreche die neue Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB: Darin wird vermutet, dass staatliche Maßnahmen eine solche Störung verursachen können. Diese Norm habe aber allein eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters zum Ziel und sage nichts zur Höhe der geschuldeten Miete aus, stellten die Karlsruher Richter klar.

Zumutbarkeit ist entscheidend

Entscheidend sei vielmehr, ob dem Mieter das Festhalten am Vertrag zugemutet werden kann. Das Risiko eines staatlichen Lockdowns könne weder ihm noch dem Vermieter allein zugewiesen werden. Eine pauschale Reduzierung der Miete um die Hälfte – die das OLG Dresden vorgenommen hatte – sei aber nicht möglich.

Es müsse eine umfassende Abwägung der Interessen im Einzelfall erfolgen. Der tatsächliche Umsatzrückgang des konkreten Mietobjekts sei entscheidend, nicht ein möglicher Konzernumsatz. Zu berücksichtigen sei außerdem, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat, um die Verluste während der Geschäftsschließung zu mindern.

Corona-Hilfen mit einpreisen

Eine Vertragsanpassung dürfe auch nicht zu einer Überkompensierung der Verluste führen, erklärte der BGH. Daher müssten auch die staatlichen Corona-Zuschüsse und Versicherungsleistungen an den Mieter berücksichtigt werden, aber keine Darlehen. "Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich", so das Urteil.

Außerdem stellten die Bundesrichter klar, dass der Lockdown kein Mangel der Mietsache ist.

Das Oberlandesgericht Dresden muss nun prüfen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung für den Mieter hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Januar 2022, Az. XII ZR 8/21

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Text: / handwerksblatt.de

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