Malu Dreyer und die Mitglieder des Ovalen Tisches für Fachkräftesicherung am Ort des Geschehens: Im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Rheinhessen.

Malu Dreyer und die Mitglieder des Ovalen Tisches für Fachkräftesicherung am Ort des Geschehens: Im Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Rheinhessen. (Foto: © Kristina Schäfer)

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RLP: Neue Fachkräftestrategie des Landes unterzeichnet

Betriebsführung

Nachwuchs: Ovaler Tisch für Fachkräftesicherung der Ministerpräsidentin einigt sich auf Fortschreibung bis 2026. Das Bewusstsein für die Zukunftsfähigkeit des Handwerks müsse gestärkt werden.

Mehr Weiterbildungsangebote, Praktika und duale Ausbildungen attraktiver gestalten, Ausbildung in Teilzeit und Berufsberatung für Erwerbstätige – das sind nur ein paar Ziele der neuen Fachkräftestrategie in Rheinland-Pfalz, die von der Landesregierung, der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern, den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden jüngst in Mainz beschlossen wurde. Sie soll bis 2026 den Fachkräftemangel mindern.

"Die Zahl der offenen Stellen wächst und die der Arbeitssuchenden sinkt", sagte Heidrun Schulz, Leiterin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Arbeitsagentur. Derzeit gebe es rund 47.000 offene Stellen im Land. 80 Prozent davon für Ausgebildete auf unterschiedlichem Niveau. Von rund 100.000 Arbeitslosen habe weniger als die Hälfte einen Ausbildungsabschluss. Bewerber fehlten vor allem im Handwerk und in Pflegeberufen.

Der demographische Wandel, aber auch die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und der Klimawandel beeinflussten den Arbeitsmarkt. "Ob in der Klimatechnik oder beim Umbau einer klimafreundlichen Mobilität, überall werden dringend Fachkräfte benötigt", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). 

Junge Menschen für Handwerksberufe begeistern

"Die Energiewende findet ohne das Handwerk nicht statt", meinte Kurt Krautscheid, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz. Klimakatastrophen, wie die Flut im Ahrtal, und die steigenden Energiepreise machten den Wechsel zu erneuerbaren Energien nötig. Es brauche Handwerker, "Energiewender", wie er sie nennt, die künftig beispielsweise den (Um-)Bau energieeffizienter Häuser begleiten. In zehn Jahren brauchten ein Drittel aller Betriebe einen Nachfolger. Daher sei es wichtig, junge Menschen für Handwerksberufe zu begeistern, vor allem junge Frauen und Migranten. Das freiwillige Handwerksjahr, das während des Wiederaufbaus im Ahrtal äquivalent zum freiwilligen sozialen Jahr initiiert wurde, sei dabei eine große Hilfe und könne als Vorbild für ganz Deutschland dienen, ergänzte Arbeitsminister Alexander Schweitzer (SPD).

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Zitat"Die Energiewende findet ohne das Handwerk nicht statt!" Kurt Krautscheid, Sprecher Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern RLP

"Das Bewusstsein dafür, dass man in einer handwerklichen oder dualen Ausbildung genauso gut aufgehoben ist, wie in einem Studium, muss geschärft werden. Mit so einem politischen Rückhalt fällt es uns leichter, an junge Menschen heranzutreten", sagte Krautscheid. Qualifizierungsprogramme, Vernetzungs-, Ausbildungsberatungs- und Betriebsberatungsangebote der Kammern erhielten mehr Aufmerksamkeit. "Der Druck in der Gesellschaft ist enorm. Die Fülle an Problemen, denen wir uns stellen müssen, ist größer geworden", meinte er. Aber die Qualität der Fachkräfte sei auch eine andere: Die Ziele sind noch detaillierter ausgearbeitet worden. Zudem gibt es Handlungsleitfäden, um die Fachkräfteversorgung branchenübergreifend zu verbessern. Digitalisierung, klimaneutrales Wirtschaften, demografischer Wandel und die Erschließung wirtschaftlicher Zukunftsfelder wurden ebenfalls bedacht. Die Fachkräftestrategie setze bereits in den Schulen an, sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Praktika, Angebote zur Berufsorientierung sowie niederschwellige Bewerbungsmöglichkeiten sollen ausgebaut werden.

Ist die Fachkräftestrategie genug?

Ohne Weiterbildungsmöglichkeiten und -qualifikationen gebe es keine Chancen auf dem heutigen Arbeitsmarkt, ergänzte Dreyer. "Im Handwerk ist die Auslastung der Betriebe oft so groß, dass eine Freistellung der Beschäftigten für die Weiterbildung schwierig wird", meinte Schulz. An den Mitteln mangele es nicht, noch nicht. Schweitzer wies auf die Transformationsagentur hin. Sie berate und entflechte den "Weiterbildungsdschungel".

Auch brauche es Zuwanderung. "Wir haben eine gut gelebte Willkommenskultur in Rheinland-Pfalz und das ist ein Standortvorteil", sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP).

Landesregierung, Gewerkschaften, Kammern, Arbeitsagentur sowie Arbeitgeber tauschten sich regelmäßig aus und suchten das Gespräch mit den einzelnen Vertretern der Betriebe, Innungen, Kreishandwerkerschaft und Berufsschulen, um konkrete Maßnahmen gezielt umzusetzen, schilderte Anja Obermann, Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen. "Das Thema Fachkräftemangel brennt lichterloh", sagte sie. Die Fachkräftestrategie sei der richtige Weg. "Die Frage ist: Wird das alles reichen? Ich glaube, dass wir noch eine Schippe draufsetzen müssen, um das Problem Fachkräftemangel fundamental zu lösen."

Bedenken äußerte sie zur Umsetzung der Fachkräfteeinwanderung: Bürokratische Wege seien nach wie vor viel zu kompliziert, zu praxisfern – vor allem für kleine Handwerksbetriebe. Auch müssten Vorurteile gegenüber handwerklichen Ausbildungen stärker abgebaut werden, vor allem in der Berufsorientierungsphase. "Junge Menschen sollen ihren Beruf nicht nach dem wählen, was vermeintlich erwartet wird", sagte sie, "sondern nach ihren Neigungen und ihren Talenten."

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Text: / handwerksblatt.de

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