Das Land Thüringen trägt bislang einen großen Teil der Kosten für das Azubi-Ticket. Ab 2022 möchte das Verkehrsministerium die Wirtschaft daran beteiligen. Der Thüringer Handwerkstag sieht dies kritisch und fürchtet weitere Belastung der Betriebe.

Das Land Thüringen trägt bislang einen großen Teil der Kosten für das Azubi-Ticket. Ab 2022 möchte das Verkehrsministerium die Wirtschaft daran beteiligen. Der Thüringer Handwerkstag sieht dies kritisch und fürchtet weitere Belastung der Betriebe. (Foto: © weerayut ranmai/123RF.com)

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Wirtschaft in Thüringen soll Azubi-Ticket mitfinanzieren

Betriebsführung

Thüringen führt das Modellprojekt eines günstigen Azubi-Tickets bis Ende dieses Jahres fort. Ab 2022 soll sich die Wirtschaft an den Kosten beteiligen. Das Handwerk steht dem Vorschlag kritisch gegenüber. 

Seit Oktober 2018 erprobt Thüringen die Einführung eines kostengünstigen Azubi-Tickets. Für 50 Euro im Monat können Auszubildende mit dem Azubi-Ticket Thüringen nahezu durchs ganze Bundesland fahren. Im Ausbildungsjahr 2020/2021 nutzten rund 10.000 Abonnenten das Angebot, welches vom Land erheblich subventioniert wird. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) hat das Modellprojekt nun bis Ende dieses Jahres verlängert. Danach sollen die Karten bei der Finanzierung neu gemischt werden. 

Einseitige Kostenübernahme

Minister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff Foto: © Staatskanzlei ThüringenMinister Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff Foto: © Staatskanzlei Thüringen

"Bislang fing das Land Thüringen die steigenden Kosten bei wachsender Inanspruchnahme des Azubi-Tickets einseitig auf", erklärt das TMIL in einer Pressemitteilung Anfang August. Perspektivisch könne der Ausgabepreis nur dann dauerhaft stabil gehalten werden, wenn sich die Thüringer Wirtschaft an den Kosten des Tickets beteiligt.

Im Eigeninteresse der Wirtschaft

Verkehrsminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) habe dafür in einem Brief beim Verband der Wirtschaft Thüringens, bei den Handwerkskammern sowie den Industrie- und Handelskammer geworben. Mit Blick auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel liege es mittel- und langfristig im Eigeninteresse der ausbildenden Betriebe und damit im Interesse der gesamten Wirtschaft, das Azubi-Ticket zu verstetigen.

Übersicht Azubi-Ticket Eine Übersicht aller Bundesländer, die ein landesweit gültiges Azubi-Ticket anbieten, haben wir in dem Artikel "Azubi-Ticket: Kostengünstig durchs ganze Bundesland" zusammengefasst.

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Belastung fürs Handwerk

Der Thüringer Handwerkstag steht einer Kostenbeteiligung am Azubi-Ticket kritisch gegenüber. "Eine Finanzierung des Azubi-Tickets durch die Wirtschaft wäre ein Rückschlag", erklärt Präsident Stefan Lobenstein gegenüber handwerksblatt.de. Viele Betriebe würden immer noch die Belastungen durch die Corona-Pandemie, aber auch die Einführung der Mindestausbildungsvergütung spüren. "Was wir brauchen, ist Entlastung."

Ungleichbehandlung der Berufsbildung

Deshalb bekräftige man die Forderung nach einem durch die Landesregierung finanzierten Azubi-Ticket für die thüringenweite Benutzung des Schienen- und öffentlichen Personennahverkehrs. Bei der Ausgestaltung des Azubi-Tickets sollte sich das Land am etablierten Thüringer Semesterticket orientieren. "Ein von uns durchgeführter Vergleich zeigt, dass Studierende aktuell zu einem signifikant niedrigeren Preis das gleiche Leistungsangebot nutzen können. Diese Ungleichbehandlung muss aufgehoben werden", weist Lobenstein auf die aus seiner Sicht einseitige Förderung der akademischen Bildung hin.  

Positive Aspekte des Azubi-Tickets

Der Präsident des Thüringer Handwerkstages weist auf die positiven Aspekte des bisher vom Land finanzierte Azubi-Tickets hin. Es trage seit einigen Jahren deutlich zu einer Attraktivitätssteigerung der dualen Berufsausbildung bei, entlaste die Auszubildenden im Handwerk spürbar, verringere Ausbildungsabbrüche und wirke der Fachkräfteabwanderung entgegen.

Handwerk wird das Gespräch suchen

Insofern sei es auch das Ziel des Thüringer Handwerks, das Azubi-Ticket ab 2022 endlich zu verstetigen und den Preis von 50 Euro pro Monat beizubehalten. "Ob die Kosten schließlich vom Auszubildenden selbst übernommen werden oder der Ausbildungsbetrieb sich entscheidet, das Ticket für seinen Auszubildenden zu finanzieren, bleibt eine individuelle Entscheidung. Wir werden weiter das Gespräch suchen, um die duale Ausbildung in Thüringen noch attraktiver zu machen."

Quelle: Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft / eigene Recherche

Text: / handwerksblatt.de

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