Blick in den üppigen ­Gemüsegarten von Rivau. (Foto: © Aurelien Bullot)

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Châteaux des Dames

Panorama - Reise

Von Sully-sur-Loire bis nach Chalonnes-sur-Loire erstreckt sich das Val de Loire – seit dem Jahr 2000 zählt das Loiretal zum Welterbe der UNESCO. Zu ­Besuch in den Wohnzimmern von Grafen und Königen.

Wer an die Loire reist, will Schlösser besichtigen. Nirgends gibt es eine prachtvollere Dichte an Denkmälern französischer Geschichte. Deutsche Touristen lieben die Loire und ihre Schlösser. 91 Prozent der deutschen Frankreich-Besucher verbringen ihre Zeit mit der Besichtigung von Châteaus, 61 Prozent nennen die Schlossgärten als Lieblingsziel.

Die Magnete schlechthin sind die etwa zwei Stunden von Paris gelegenen Schlösser Chambord und Chenonceau, sozusagen die Vorzeigeschlösser. "Man spricht nicht viel von Chaumont", sagt Chantal Colleu-Dumond, die künstlerische Leiterin von Château Chaumont seit 2008. Sie stellt damit das Licht des Schlosses Chaumont ein wenig unter den Scheffel. Chaumont ist der Geheimtipp der Loire. Hier verbringen vor allem Deutsche und Italiener gerne ganze Tage, wandeln durch den Park, schauen in die Werkstätten und Ausstellungsräume der Künstler. Madame Colleu-Dumond hat mit ihrem Gespür für Kunst und Design die Außendarstellung von Château Chaumont professionalisiert, lobt der britische Telegraph.

Verbindung von Kunst und Natur

Foto: © Eric SanderZentrum für Künstler: Schloss Chaumont. Die Künstler müssen mit ihren geplanten Projekten erst einmal an Chantal vorbei. Sie überlegt mit ihnen, wie sich die gebotene Kunst ideal mit der Natur des Parks verbinden lässt. Hier wird keine Kunst feilgeboten, die Institution zahlt den Aufenthalt der Künstler, die das Ereignis, an einem solchen Ort auszustellen, nicht verpassen wollen. Denn natürlich schaut die Kunstszene auf das, was in Chaumont passiert. "Unsere Gärten sind etwas verrückt", lächelt Chantal. Sie ist Kunstprofi, war lange als Kulturdiplomatin in Deutschland eingesetzt. Sie brennt für ihren Job und für das Große der Kunst. "Alle unsere Künstler spielen mit der Natur. Einige sind ständig hier", erzählt sie in einer angenehm unauffälligen Art. Jedes Jahr wird ein neues Thema entwickelt. Plastiken aus Baumrinde, Kunstwerke in den Stallungen und Nebengebäuden, eingerahmt von 160.000 Tulpen und Narzissen auf dem Parkgelände. Und bitte schön: Das leibliche Wohl kommt nicht zu kurz. Die Restaurants sind sehr gut und einladend. Und die historische Vergangenheit des Schlosses ist wie bei den vielen anderen Königsherbergen prickelnd und spannend.

Der Zwist der adligen Frauen

Wer bereit für die Historie ist, kann in die Welt der Grandes Dames eintauchen. Ob Diane von Poitiers sich im ausgehenden Mittelalter dort in Chaumont wohlgefühlt hat, weiß keiner. Einen Garten oder gar Park gab es im 16. Jahrhundert noch nicht. Das Schloss diente seinerzeit als Festung. ­Diane, die Mätresse Heinrichs II., wurde von Katharina von Medici dorthin verbannt, weil die Königin ihre Gegenspielerin aus dem Weg haben wollte. Also kaufte sie das Schloss, ließ es entsprechend umbauen und setzte die bedauernswerte Diane fest. Die verwitwete Katharina rächte sich an der Gespielin des verstorbenen Königs Heinrich und forderte sein Geschenk an Diane direkt in einem zurück. Das Schloss Chenonceau durfte Diane nicht länger behalten.

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Chenonceau liegt einige Tagesritte entfernt von Chaumont, heute sind es drei Stunden mit dem Auto. Im Mittelalter war Chenonceau fast zehn Jahre im Besitz von Diane. Der König hatte sie verehrt, mit Juwelen, Schlössern und Ländereien bedacht. Ihre Schönheit muss für Katharina von Medici unerträglich gewesen sein. Sie war jünger und voller Schaffenskraft. Mätresse Diane ist es zu verdanken, dass diese besondere Parkanlage überhaupt entstanden ist. Es heißt, sie hätte den spektakulärsten und modernsten Park der damaligen Zeit geschaffen. Die Struktur des Gartens mit seinen 12.000 Quadratmetern besteht noch heute. Bauhandwerker schufen damals die Brücke über den Cher.

Treffpunkt für die Elite Frankreichs

Foto: © Thierry VINCENTChenonceau: Ein Salon für die Gelehrten der ZeitDass dieser Ort ein Magnet für die Elite Frankreichs sein sollte, versteht sich von selbst. Im 18. Jahrhundert ist es Louise Dupin zu verdanken, dass Chenonceau die Wirren der Französischen Revolution überstanden hat. Madame Dupin schuf einen Salon für die Gelehrten der Zeit: Montesquieu, Voltaire und Rousseau besuchten Chenonceau, trugen ihre Werke vor und diskutierten die Erkenntnisse der Aufklärung. Die bürgerliche Louise hatte dem Schloss seinen Glanz zurückgegeben. Rousseau schwärmte von Louise Dupin, von ihrer Intelligenz und Schönheit.

Immer wieder waren es Frauen, die dem Schloss eine besondere Bedeutung zukommen ließen. Im Ersten Weltkrieg ließ die Schokoladenfabrikantin Simone Menier das Schloss zum Krankenhaus umfunktionieren. Über 2.000 Verletzte wurden hier ärztlich versorgt. Die Meniers bauten das Schloss um und ließen es auf eigene Kosten ausstatten. Heute ist von den Relikten dieser grausamen Zeit nichts mehr zu sehen. Die Schlafzimmer der Königinnen und reichen bürgerlichen Damen sind zu sehen, die Salons Franz I. und Ludwigs XIV., die imposante Galerie, die Kapelle, der Wachraum und schließlich die Orangerie, die heute ein Gourmetrestaurant der Extraklasse beherbergt. Von März bis Mitte November sind die Teestube und das Restaurant "L’Orangerie" geöffnet.

Paradies für Rosenliebhaber und Hobbygärtner

Eine bemerkenswerte Frau ist auch Caroline Laigneau. Sie ist die Juniorchefin von Schloss Rivau, das eher eine Burg ist, mit Stallungen aus der Renaissance-Zeit. Hier hat die Familie Laigneau Zimmer für ihre Gäste herrichten lassen, die an die Gemächer von Grafen erinnern. Umrahmt wird diese Architektur von einem botanischen Garten, der Kunst und eine Vielfalt von Pflanzen bietet, die ihresgleichen sucht. Mehr als 450 Rosensorten und Tausende sonstiger Pflanzen machen den Garten des Schlosses Rivau zu einem "Jardin remarquable", einem "sehenswerten Garten", wie das französische Kulturministerium das Paradies für Rosenliebhaber und Hobbygärtner lobt. Die Rosen duften nach Früchten wie Aprikose, Birne, Pfirsich, Zitrone, Orange oder auch nach Weißwein, und für die Augen sind die bunten Farben der Blütenblätter eine echte Freude. Der Skulpturengarten mit seinen zeitgenössischen Kunstwerken ist im Schloss Rivau ein absolutes Muss. Auf dem Spaziergang trifft man zum Beispiel auf zwei riesige Gummistiefel, einen übergroßen roten Topf oder auch eine riesige Gießkanne!

Bei schönem Wetter lädt die große Außenterrasse des Restaurants "La Table des Fées du Rivau" (dt. Märchentafel von Rivau) zu einer Entspannungspause ein. Für Feinschmecker ist alles bereitet: Die Gerichte werden aus dem Gemüse und den Salaten der Gärten zubereitet, mit Überzeugung und Liebe und nach den Regeln der nachhaltigen Landwirtschaft. Im April kostet man einen Löwenzahnsalat, im Mai und Juni einen Nachtisch aus Rosen und im Juli Taglilien gefüllt mit Ziegenkäse, Fenchel und Basilikum. Auf Wunsch gibt es auch vegetarische, vegane und glutenfreie Menüvorschläge.

Krönende Jahre des Altmeisters

Foto: © Léonard de SerresDas Atelier von da Vinci in ­AmboiseEin besonderes Highlight erwartet die Reisenden in Amboise: das Château du Clos Lucé, in dem Leonardo da Vinci die letzten drei Jahre seines Lebens verbrachte. Hier kann der Besucher die Ateliers des Ausnahmekünstlers und -erfinders inspizieren. Fast könnte man meinen, der Künstler habe eben die Werkstätten verlassen. Ein Raum zeigt die Erfindungen, ein anderer die Staffelei, ein weiterer die Bibliothek und das Kabinett der Kuriositäten.

Leonardo weilte auf Einladung Franz I. in Amboise, etwa 400 Meter vom Königsschloss entfernt. Im Herbst 1516 hatte er den beschwerlichen Weg über die Alpen auf sich genommen, begleitet von einigen Schülern und seinem treuen Diener, und war auf einem Maultier Richtung Amboise geritten. Bei den prunkvollen Hoffesten führte er Regie. Hier in Amboise entwickelte er die raffinierte Doppelwendeltreppe von Chambord. Wer einen Überblick über die Erfindungen von Leonardo da Vinci bekommen möchte, sollte den Schlosspark von Clos Lucé durchlaufen, hier finden die Parkbesucher die zweistöckige Brücke, die von Handwerksgesellen der berühmten "Compagnons du Devoir", eine Art Handwerkerhof, entwickelt wurde.
chateaudurivau.com
vinci-closluce.com


Augen- und Gaumenschmaus

Foto: © PBousseaud_CRTCentreValdeLoireSchloss ChambordWer immer noch nicht genug hat von den Schlössern des Loiretals, muss unbedingt zum Schloss Chambord reisen. Es ist das größte und im­posanteste Schloss, in dem Ludwig XIV., der Sonnen­könig, residierte. Oder zum königlichen Schloss von Blois, nach Amboise oder zum Schloss Villandry mit seinen beeindruckenden Gemüse­gärten. Besichtigung der romantischen Perle des Loiretals: Ein kleines  und feines Schloss ­finden die Loirefans in Azay-le-Rideau, wo das gleichnamige Schloss drei Jahre lang bis Juli 2017 restauriert wurde.
chambord.org
chateaudeblois.fr
chateau-amboise.com
chateauvillandry.fr

L’Hôte Antique
5 Rue du Pont du Gast
41000 Blois
+33 2 54 02 54 54 70 00 46
lhoteantique.com

L’Auberge du Prieuré
Ein Renaissance-Restaurant
im Garten des Schlosses Clos Lucé
Château du Clos Lucé
2 Rue du Clos Lucé
37400 Amboise
vinci-closluce.com

L’Atelier Gourmand
37 Rue Etienne Marcel
37000 Tours
+33 2 47 38 59 87
lateliergourmand.fr

La Table des Fées du Rivau
Château du Rivau
Rue du Château
37120 Lémeré
chateaudurivau.com
Caroline Laigneau

Château d’Azay-le-Rideau
Rue de Pineau
37190 Azay-le-Rideau
azay-le-rideau.fr

L’Orangerie
37150 Chenonceau
restaurants@chenonceau.com

Text: / handwerksblatt.de

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