Die Vorschläge der EU-Kommission zu einer elektronischen europäischen Dienstleistungskarte zielten in die falsche Richtung, so der ZDH (Foto: © MarinaStrizhak/123RF.com)

Vorlesen:

Wenig Chancen für die Dienstleistungskarte

Der Vorschlag der EU-Kommission für eine elektronische Dienstleistungskarte wurde in vier Ausschüssen im EU-Parlament abgelehnt. Das Handwerk wertet das als wichtiges Etappenziel.

Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Dienstleistungspaket schlägt im Handwerk schon seit über einem Jahr hohe Wellen. Zu dem Paket gehört auch ein Vorschlag für eine elektronische Dienstleistungskarte, die es Dienstleistern erleichtern soll, die notwendigen Verwaltungsformalitäten für eine Dienstleistungstätigkeit im Ausland zu erfüllen. Der Plan ist, Dienstleistungserbringern die Arbeit im Ausland mit einem einzigen Ansprechpartner in ihrem Heimatland und in ihrer eigenen Sprache zu erleichtern. Dieser soll die erforderlichen Informationen prüfen und sie an den Aufnahmemitgliedstaat weiterleiten. Der Aufnahmemitgliedstaat solle dabei für die Anwendung der nationalen Vorschriften und für die Entscheidung, ob der Antragsteller in seinem Hoheitsgebiet Dienstleistungen anbieten darf, zuständig bleiben.

Das Handwerk war ganz und gar nicht begeistert von diesem Vorschlag, denn er greife tief in die Souveränität der Mitgliedstaaten ein. Bestehende Schutz- und Kontrollrechte liefen Gefahr, ausgehebelt zu werden, sagte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Anfang 2017. "Wir brauchen hier keine zentrale Harmonisierung. Den Grundsätzen von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit muss endlich Rechnung getragen werden. Eine weitere Vertiefung des EU-Binnenmarktes ist nur durch die bessere Umsetzung bestehenden Rechts auf Ebene der Mitgliedstaaten zu verwirklichen." Die Vorschläge der EU-Kommission zu einer elektronischen europäischen Dienstleistungskarte zielten in die falsche Richtung und wirkten im Kampf gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung kontraproduktiv, kritisierte auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes. Sowohl das Bau- als auch das Gesamthandwerk befürchteten eine Einführung des Herkunftslandprinzips über die Hintertür.

Herkunftslandprinzip als Gipfel der Unzulänglichkeiten

Auch der Europaparlamentarier Thomas Mann (CDU/EVP) hält nichts von dem Vorschlag: "Er ist überflüssig und nicht praxistauglich." Nur die EU-Kommission wolle nicht wahr haben, dass derartige Regulierungsideen nicht in die Arbeitsrealität passen. "Unzulänglichkeiten des Vorschlags gipfeln in der Einführung des Herkunftslandprinzips bei der Dienstleistungskarte. Die nationale Aufsicht darf nicht durch die Karte ausgehebelt werden." Viele Abgeordnete in den Fraktionen im Europaparlament (EP) seien ähnlicher Meinung wie Mann. Der Berichterstatter über das Dienstleistungspaket im Parlament, Andreas Schwab (CDU/EVP) rechnet nicht damit, dass der Vorschlag zur Dienstleistungskarte umgesetzt wird. "Ich kenn eigentlichen niemanden mehr, der ernsthaft glaubt, dass der Vorschlag was bringt", sagte er Ende 2017.

Derzeit sieht es auch nicht so aus, als hätte der Vorschlag eine Chance auf Umsetzung. Vor der Abstimmung des federführenden Binnenmarktausschusses im EP Ende März haben nun schon vier beratende Ausschüsse (für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, für Recht, für Wirtschaft und Währung sowie für Industrie, Forschung und Energie) gegen den Vorschlag gestimmt. Es sei ein richtiges Signal und weise für den weiteren Abstimmungsprozess in die richtige Richtung, dass die beratenden Ausschüsse die Einführung einer elektronischen Dienstleistungskarte abgelehnt haben, so Schwannecke. "Das Handwerk sieht mit diesem Abstimmungsergebnis in den Fachausschüssen ein wichtiges Etappenziel erreicht, und wertet es als ein Bekenntnis zum Ziellandprinzip."

Das könnte Sie auch interessieren:

Qualifikationsnachweis Meisterbrief würde untergraben

Die Pläne der EU-Kommission, eine elektronische Dienstleistungskarte einzuführen, seien falsch, denn sie höhlen das Ziellandprinzip aus. Sie seien wenig praxistauglich und schüfen überflüssige Doppelstrukturen. "Die Qualifikation nur noch im Herkunftsland online nachweisen zu müssen, wie es die Kommissionspläne vorsehen, untergräbt den Qualifikationsnachweis Meisterbrief." Das Handwerk werde sich dafür einsetzen, dass der Vorschlag auch im federführenden Binnenmarktausschuss keine Mehrheit findet. Für Thomas Mann gibt es nur ein logisches Ergebnis: "Wenn die Sozialpartner einem Vorschlag gegenüber kritisch sind, sollte dies Grund genug sein, Entwürfe in allen Facetten auf Praxistauglichkeit zu prüfen. Das Ergebnis im Ausschuss kann deshalb zurzeit nur Ablehnung heißen. Die Folge muss ein intensiver Dialog mit der EU-Kommission darüber sein, wie man das besser machen kann."

Foto: © Marina Strizhak/123RF.com

Text: / handwerksblatt.de