Dem Verbraucher müssen alle Informationen schriftlich zur Verfügung gestellt werden. So will es das Gesetz.

Dem Verbraucher müssen alle Informationen schriftlich zur Verfügung gestellt werden. So will es das Gesetz. (Foto: © bacho12345/123RF.com)

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Verbraucherrecht: Verträge sicher gestalten

Das neue Verbraucherrecht greift stark in die Geschäftsabläufe ein. Betroffen sind fast alle Leistungen, die Handwerker gegenüber Verbrauchern erbringen. Interview mit den Rechtsberatern der HWK Münster.

Seit geraumer Zeit gilt in Deutschland ein neues Verbraucherrecht. Im Gespräch mit den Rechtsberatern der Handwerkskammer Münster, Dr. Karsten Felske und Julia Gerke, werfen wir einen Blick auf die wesentlichen Neuerungen für das Bau und Ausbauhandwerk.

DHB: Seit dem 13. Juni 2014 gilt das neue europäische Verbraucherrecht in Deutschland. Gemerkt haben wir davon noch nichts. Bleibt alles wie gehabt?
Dr. Felske: Leider nein. Das neue Verbraucherrecht greift stark in die gewohnten Geschäftsabläufe ein. Betroffen sind fast alle Leistungen, die Handwerker gegenüber Verbrauchern erbringen. Alle Vertragsmuster müssen geprüft und überarbeitet werden und liebgewonnene, funktionierende Praktiken müssen umgestellt werden.

Vor Ort muss man informieren

DHB: Geben Sie uns ein Beispiel. Was meinen Sie damit, Geschäftspraktiken umzustellen?
Dr. Felske: Es geht um die Wirksamkeit der Verträge, die Handwerker mit Verbrauchern abschließen. Klassisch werden viele Verträge vor Ort beim Verbraucher abgeschlossen oder es wird nachträglich nach mündlicher Beauftragung einfach eine Rechnung geschickt. Bislang war das auch problemlos möglich, weil auch Verträge mit Verbrauchern mündlich oder durch einen einfachen Vertragstext abgeschlossen werden konnten.

DHB: Jetzt greift aber das neue Verbraucherrecht?
Dr. Felske: Genau. In den beiden geschilderten Fällen bedeutet das: Der Handwerker muss bei diesen Vor-Ort-Geschäften den Verbraucher spätestens bei Vertragsabschluss über die wesentlichen Eigenschaften seiner Dienstleistung informieren. Dazu gehören zum Beispiel Informationen über den Preis oder die Grundlagen der Preisgestaltung. Ein Verweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen oder ähnliches genügt da nicht. Außerdem hat der Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein 14tägiges Widerrufsrecht. Auch hierüber muss der Handwerker den Verbraucher vor dessen Vertragserklärung informieren, im Fallbeispiel also spätestens beim Verbraucher vor Ort.

Im schlimmsten Fall umsonst gearbeitet!

DHB: Wie dürfen wir uns das praktisch vorstellen?
Gerke: Vereinfacht gesagt müssen dem Verbraucher alle Informationen schriftlich zur Verfügung gestellt werden. So will es das Gesetz. Geschieht das nicht, ist das eine vertragliche Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung kann, soweit dem Verbraucher daraus ein Nachteil erwächst, zum Schadensersatz berechtigen. Neben den Informationspflichten ist der Verbraucher auch über sein Widerrufsrecht zu belehren. Die Frist für das Widerrufsrecht verlängert sich bei unterlassener Information auf ein Jahr und 14 Tage ab Vertragsschluss. Das können zahlungsunwillige Kunden ausnutzen, um den Vertrag für bereits durchgeführte Arbeiten nachträglich auszuhebeln. Auch bereits gezahlte Vergütung kann so noch zurückgefordert werden. Der Vergütungsanspruch ist bei Widerruf dahin und bei unterbliebener ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht gibt es keinen Wertersatz für die erbrachte Leistung. Mit anderen Worten: Man hat umsonst gearbeitet.

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DHB: Das ist ja kaum zu glauben. Das ist wirklich so, da hilft nichts?
Felske: Das Gesetz ist knallhart. Der mündlich geschlossene Vertrag mit Verbrauchern ist passee, tot. Relevante Ausnahmen für Handwerker hält das Gesetz nicht parat, allenfalls für Bagatellaufträge mit sofortiger Zahlung oder Notfallreparaturen, aber eben nicht für das breite Tagesgeschäft. Man kann keinem Handwerker mehr dazu raten, seine Verträge noch per Handschlag zu besiegeln. Das ist die Konsequenz aus dem neuen Verbraucherrecht. Wir raten Handwerkern dazu, in den Fällen, in denen das möglich ist, mit allen Kunden schriftliche Dauerverträge zu schließen: mit ordentlicher Widerrufsbelehrung, mit den notwendigen Preisangaben und mit vernünftiger Lauffrist; also maximal zwei Jahre mit optionaler Verlängerung.
Gerke: Kompliziert heißt am Ende immer auch teuer. Kluge Laufzeiten und Kündigungsrechte helfen, Kosten für Rechtsberatung und Verwaltung einzusparen.

Nach 14 Tagen ist alles in trockenen Tüchern

DHB: Sie reden hier immer ganz selbstverständlich von Verbrauchern. Erklären Sie das bitte: Wer ist eigentlich "Verbraucher"?
Gerke: Man betrachtet immer das jeweilige Vertragsverhältnis. Verbraucher ist, wer das Rechtsgeschäft nicht zu gewerblichen Zwecken oder im Rahmen einer selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließt. Aber auch hier werden dem Handwerker durch den Gesetzgeber Prüfpflichten auferlegt, die er im täglichen Leben gar nicht bewältigen kann. So hat der Bundesgerichtshof jüngst entschieden, dass auch eine Wohnungseigentümergemeinschaft als "Verbraucher" anzusehen ist, wenn nur ein Mitglied der Gemeinschaft die diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt. Fragt sich nur, wie der Handwerker das vor Vertragsabschluss herausfinden soll.

DHB: Nach vierzehn Tagen ist dann der Vertrag in trockenen Tüchern?
Dr. Felske: Genau. Vierzehn Tage nach Zugang des unterschriebenen Vertrags beim Handwerker ist der Vertrag nicht mehr widerrufbar. Voraussetzung ist allerdings, dass man den Verbraucher ordentlich belehrt hat.

Text: / handwerksblatt.de

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