Urteil zur Meisterpräsenz in gesundheitshandwerklichen Betrieben. Bei nicht allen Tätigkeiten muss der Meister auch tatsächlich vor Ort sein.

Urteil zur Meisterpräsenz in gesundheitshandwerklichen Betrieben. Bei nicht allen Tätigkeiten muss der Meister auch tatsächlich vor Ort sein.

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Der Meister darf zwischen zwei Filialen pendeln

Führt ein Hörgeräteakustik-Meister zwei Fachgeschäfte in benachbarten Städten und ist in beiden regelmäßig anwesend, verstößt er nicht gegen den Grundsatz der Meisterpräsenz nach der Handwerksordnung.

Auch das Wettbewerbsrecht ist nicht verletzt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Ein Verstoß gegen die Handwerksordnung liege nicht vor: Zwar sei bei Gesundheitshandwerken, von engen Ausnahmefällen abgesehen, für eine Betriebsstätte ständige Meisterpräsenz zu verlangen, so die Richter. Daraus folge aber nicht, dass der Betreiber eines Hörgeräteakustik-Unternehmens sein Ladenlokal nicht offenhalten darf, wenn der Meister im Geschäftslokal nicht anwesend ist.

Je zur Hälfte in beiden Betrieben präsent

In dieser Zeit können Leistungen erbracht werden, die keine Anwesenheit eines Meisters erfordern – etwa Termine mit Kunden vereinbart, Ersatz- und Verschleißteile abgegeben werden.

Unzulässig wäre es, wenn ein Meister nur ganz gelegentlich in dem Betrieb zur Verfügung stünde, etwa weil er mehrere oder weit voneinander entfernte Betriebe zu betreuen hätte.

So war es im Fall des Hörgeräteakustik-Meisters aber nicht. Er war jeden Tag die Hälfte seiner Zeit in beiden Betrieben anwesend und dort ohne weiteres erreichbar.

Meisterleistung mit Terminabsprache

Eine Irreführung nach Wettbewerbsrecht scheidet nach Ansicht des BGH auch aus: Zwar vermittele ein Betrieb, der eine Dienstleistung anbietet, dem Verbraucher grundsätzlich den Eindruck, dass diese Leistungen während der Geschäftszeiten unmittelbar erbracht werden können. Die Kunden erwarteten aber auch das im Geschäftsverkehr übliche Vorgehen: In vielen Branchen sei es üblich, dass ein Termin vereinbart werde – so auch hier. Die Kunden würden daher nicht irregeführt, wenn die durch einen Meister vorzunehmenden Untersuchungen nur nach Terminabsprache angeboten würden.

Die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (biha) weist darauf hin: Der Bundesgerichtshof habe sich als höchstes deutsches Zivilgericht eindeutig und uneingeschränkt zur ständigen Meisterpräsenz bei den Gesundheitshandwerken bekannt.

Das bedeute: Wenn ein Betrieb vollhandwerkliche Tätigkeiten ausüben will, muss der Meister im Betrieb sein. Der Bundesgerichtshof habe nur insofern eine Lockerung vorgenommen, dass Betriebe nun auch geöffnet haben können ohne Meister, wenn sie nicht handwerkliche Tätigkeiten anbieten wie z.B. Batterieverkauf oder Terminvergabe.

"Die Entscheidung stellt zwar kein Wunschergebnis dar, doch bestätigt sie die wesentlichen Vorgaben des Handwerksrechts", kommentiert Jakob Stephan Baschab Hauptgeschäftsführer der biha, "wonach die ständige Meisterpräsenz Pflicht ist. Neu ist allein, dass auf den Meister verzichtet werden darf, wenn Batterien verkauft werden oder Termine vergeben werden, also nicht-handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden."

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Diskussionen beendet

Baschab warnt vor Missbrauch: "Die Pressemitteilung des BGH sagt ja sehr klar, dass das Gericht bereits Beratungen und Untersuchungen als Handwerksarbeiten versteht, bei denen der Meister anwesend sein muss. Diese Diskussionen sind damit auch gestoppt. Wer handwerklich ohne Meister tätig ist, muss sich vorsehen: Das kann bis zu strafrechtlichen Sanktionen führen, wenn eine Krankenkasse einen Betrieb wegen Abrechnungsbetrug anzeigt."

Baschab wies auch darauf hin, dass natürlich die Entscheidungsbegründung für eine vollständige Analyse abgewartet werden muss. Auch zeigte er auf, dass es sich um eine wettbewerbsrechtliche Entscheidung handelt, die die Handwerkskammern nicht bindet. "Es gilt das Eckpunktepapier des Zentralverbands des Deutschen Handwerks. Die Handwerkskammern täten gut daran, sich bei ihren Entscheidungen daran zu orientieren. Und davon gehen wir auch aus."

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Juli 2013, Az.: I ZR 222/11

Text: / handwerksblatt.de