Abnahme

Ist der Kunde unzufrieden, muss er sich entscheiden, was er tun will (Foto: © catalin205/123RF.com)

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Keine Mängelrechte vor der Abnahme!

Dem Kunden stehen Gewährleistungsrechte erst nach der Abnahme des Werks zu. Das stellt ein langerwartetes Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs klar.

Lange war die Frage offen, nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) sein Grundsatzurteil vom 19. Januar 2017 veröffentlicht: Vor der Abnahme hat der private Auftraggeber keine Gewährleistungsrechte bei Mängeln. Das heißt, er kann beispielsweise Minderung oder Schadensersatz noch nicht geltend machen.

Hintergrund: Bis zur Abnahme kann der Handwerker grundsätzlich frei wählen, wie er den Anspruch des Bestellers erfüllt. Könnte der Kunde bereits während der Herstellungsphase Mängelrechte geltend machen, wäre das mit einem Eingriff in dieses Recht des Unternehmers verbunden. Von praktischer Bedeutung ist, dass der Besteller oft schon während der laufenden Arbeit wesentliche Mängel findet und die Abnahme verweigern will. Mängelrechte – zum Beispiel Ersatzvornahme, Minderung, Schadensersatz oder Vorschuss – stehen dem privaten Kunden (anders als im VOB-Vertrag!) aber erst nach der Abnahme zu. Trotz erkannter Mängel die Abnahme zu erklären, nur um an die Mängelansprüche heranzukommen, kann problematisch sein, denn mit der Abnahme sind einige Konsequenzen verbunden: Die Schlusszahlung wird fällig, die Gefahr und die Beweislast für Mängel geht auf den Auftraggeber über und die Gewährleistungsfrist beginnt.

Der Fall

Der Kunde beauftragte den Handwerker mit Fassadenarbeiten. Dieser führte die Arbeiten aus, eine Abnahme erfolgte aber nicht. Später zeigten sich Mängel. Der Kunde reklamierte und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung. Der Handwerker wies das zurück, weil er keine Mängel erkennen konnte. Daraufhin verklagte der Kunde auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Kosten für die Mangelbeseitigung.

Das Urteil

Der BGH stellt nun klar, dass der private Auftraggeber Mängelrechte grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks mit Erfolg geltend machen kann. Er lässt aber Ausnahmen zu:

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- Entscheidet sich der Auftraggeber für Schadensersatz, Minderung oder Ersatzvornahme, verwandelt er das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis und kann diese Mängelrechte auch ohne Abnahme geltend machen. Dass er die Abnahme verweigert, ist hier also kein Problem.

- Entscheidet sich der Auftraggeber hingegen für den Kostenvorschuss, also Zahlung der Kosten für die Nachbesserung, muss er hierfür grundsätzlich die Abnahme erklären. Es sei denn (Gegenausnahme!), er erklärt dem Auftragnehmer deutlich, dass er unter keinen Umständen mehr mit ihm zusammenarbeiten will: Dann kann er auch hier die Abnahme verweigern. Allein das Verlangen eines Vorschusses genügt dafür nicht, sagt der BGH.

Praxistipp

"Für die Praxis ist damit kaum noch ein Fall denkbar, in dem der Kunde bei Verweigerung der Abnahme nicht doch die Gewährleistung in Anspruch nehmen könnte – wenn er geschickt vorgeht", erläutert Jurist Michael Bier, Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf, das Urteil. "Handwerker sollten, falls der Kunde Mängel reklamiert und Kostenvorschuss für eine Selbstvornahme verlangt, zuerst auf einer Abnahme des Werks bestehen. Falls der Auftraggeber diese verweigert, sollten sie fragen, ob er eine weitere Zusammenarbeit wünscht. Lehnt er ab, ist das Verhältnis jedenfalls geklärt."

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Januar 2017, Az. VII ZR 301/13

Text: / handwerksblatt.de

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