Anwältin auf der Baustelle

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Selbst ist der Bauherr – aber wer zahlt?

Betriebsführung

Auftragnehmer müssen nicht immer die Kosten tragen, wenn der Kunde einen Mangel selbst beseitigt.


Hat der Handwerker fehlerhaft gearbeitet, gibt das Gesetz dem Kunden verschiedene Gewährleistungsrechte: Nacherfüllung, Selbstvornahme, Minderung oder Rücktritt sowie Schadenersatz. Was viele Auftraggeber jedoch gerne übersehen ist, dass sie grundsätzlich nicht die freie Wahl haben – schon gar nicht bei der Reihenfolge.


Wo gearbeitet wird, passieren auch Fehler. Und weil dem so ist, bestehen aus rechtlicher Sicht verschiedene Möglichkeiten, wie diese Fehler behoben werden können. Bei Werkleistungen nennt das Gesetz zuerst das Recht der Nacherfüllung. Und das nicht ohne Grund. Denn Auftragnehmer haben im Fall von Mängeln nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht zur Nacherfüllung. Hierbei können und sollten Auftragnehmer zunächst prüfen, ob überhaupt ein Mangel an ihrem Werk oder ihrer Leistung vorliegt. Lautet ihre Antwort "ja", können sie entscheiden, wie sie den Mangel beheben, also reparieren oder das Werk neu herstellen.

Frist nicht verstreichen lassen!

Anders als im Kaufrecht hat der Auftragnehmer beim Werkvertrag grundsätzlich die Wahl, welche Art der Nacherfüllung er wählt. Auch dann, wenn der Auftraggeber eine bestimmte Art – meist Neuherstellung – verlangt.


Um sein Recht ausüben zu können, muss der Kunde dem Unternehmer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Was genau unter "angemessen" zu verstehen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Das kann von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen reichen. Achtung: Eine zu kurze Frist ist nicht unwirksam, sondern setzt vielmehr eine angemessene Frist in Gang. Auftragnehmer sollten eine zu kurze Frist also nicht ignorieren! Denn ist die Frist erfolglos verstrichen, das heißt, der Unternehmer hat weder den Mangel untersucht noch nacherfüllt, kann der Auftraggeber weitere Rechte geltend machen.

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Selbstvornahme nicht immer erlaubt

Dazu gehört auch das Recht zur Selbstvornahme. In einigen Ausnahmefällen kann die Fristsetzung auch entbehrlich sein. Das sind etwa Fälle, in denen der Auftragnehmer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert, die Nacherfüllung dem Auftraggeber nicht zumutbar ist oder die Umstände des Einzelfalls die Ausnahme einer Fristsetzung rechtfertigen. Der Grundsatz ist aber, dass zunächst eine Frist zu setzen ist.


Und genau diesen Punkt übersehen oder ignorieren Kunden häufig. Schnell kaufen sie Material und verarbeiten es selbst oder beauftragen gleich ein Drittunternehmen. Hiervon erfährt der ursprüngliche Auftragnehmer meist erst dann, wenn ihm die Rechnung für die Selbstvornahme vorgelegt wird, mit der Bitte um Zahlung. Meist zu Unrecht. Grundsätzlich gilt: Eine Selbstvornahme ist nicht erlaubt, wenn der Auftragnehmer die Nacherfüllung berechtigt verweigern durfte, etwa weil gar kein Mangel an seiner Leistung vorlag oder aber die Nacherfüllung unmöglich ist. Liegt ein Mangel vor und hat der Auftraggeber auch eine Frist gesetzt, kann er nach erfolglosem Ablauf den Mangel selbst beseitigen oder durch ein Drittunternehmen beseitigen lassen. Die nötigen Kosten muss der Auftragnehmer nicht nur ersetzen, sondern sogar vorschießen.

Voller Werklohn bei unberechtigter Selbstvornahme

Hält der Auftraggeber dagegen die Reihenfolge nicht ein und beauftragt sofort ein Drittunternehmen ohne eine Frist zu setzen, kann er diese Kosten im Anschluss nicht vom Auftragnehmer ersetzt verlangen. Genauso wenig erhält er einen Kostenvorschuss.


Übrigens: Der Unternehmer bekommt bei einer unberechtigten Selbstvornahme grundsätzlich den vollen Werklohn, wenn er dem Auftraggeber seine Bedenken mitteilt und dieser nicht reagiert und ihm auch keine Möglichkeit zur Nacherfüllung gibt (Oberlandesgericht Jena, Az. 1 U 34/05).

Auftraggeber müssen sich an Vorgaben halten

Fazit: Auch wenn Auftraggeber bei Mängeln gerne "Nägel mit Köpfen" machen: Rechtlich müssen sie sich an die gesetzlichen Vorgaben und die Reihenfolge halten, wenn sie ihre Kosten zurückbekommen wollen. Wird der Auftragnehmer unberechtigt übergangen, muss er auch nicht zahlen. Unternehmer wiederum sollten Mängelrügen nicht ignorieren und untätig bleiben – auch dann nicht, wenn die Fristsetzung zu kurz war. Die Nacherfüllung wird nicht umsonst als "Recht der zweiten Andienung" bezeichnet.


Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.


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Text: / handwerksblatt.de

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