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Paragraf 13b UStG verunsichert die Baubranche

In den Buchhaltungen von Bauunternehmen herrscht einigermaßen große Verwirrung. Bei den Beratern der Handwerkskammern stehen die Telefone nicht still. Es geht um die Anwendung des Paragrafen 13 b zur Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen. Betroffen sind Bauhandwerker, Bauträger und Generalunternehmer.



 "Die neuen Bestimmungen weichen teilweise erheblich von den bisherigen Regelungen ab", sagt Christiane Zügner, Betriebsberaterin der Handwerkskammer Koblenz.

Seit Jahren gilt im Baugewerbe die Regelung, dass bei bestimmten Bauleistungen nicht der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer ans Finanzamt abführt, sondern der Auftraggeber. Die gesetzliche Grundlage für diese Umkehr der Steuerschuld ist mit dem Paragraf 13b Absatz 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geschaffen worden. Der Bauunternehmer überweist zum Beispiel die Umsatzsteuer für Leistungen, die seine Subunternehmer erbracht haben. Es geht um Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

Vergangenes Jahr hat der Bundesfinanzhof ein richtungsweisendes Urteil gefällt, das besagt, dass Bauträger keine Steuerschuldner nach Paragraf 13b UStG mehr sind (V R 37/10). Da Bauträger bebaute Grundstücke liefern würden sie keine Bauleistungen erbringen und seien nicht Steuerschuldner nach Paragraf 13 b. Das Bundesfinanzministerium hat mit zwei Schreiben vom 5. Februar 2014 und 8. Mai 2014 reagiert.

Rechnungen an Bauträger jetzt brutto ausstellen

"Bisher hat der Handwerker, der an einen Bauträger geliefert hat, seine Rechnung netto gestellt – mit Verweis auf die Anwendung des Paragraf 13b UStG. Jetzt muss er selbst die 19 Prozent Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen", erklärt Christiane Zügner. Für Bauleistungen, die bis zum 14. Februar 2014 ausgeführt wurden, können die Beteiligten an der bisherigen Anwendung des Paragrafen 13b UStG einvernehmlich festhalten. "Beruft sich der Bauträger jedoch im Nachhinein auf das BFH-Urteil vom 22. August 2013, dann genießt der leistende Unternehmer aktuell keinen Vertrauensschutz."Die HwK Koblenz hat zum Thema ein Merkblatt im Internet veröffentlicht, das kontinuierlich aktualisiert wird:hwk-koblenz.de/formulare
Zum Teil nutzen Bauträger die Situation finanziell aus und fordern gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück. "Das Finanzamt wendet sich dann an den Handwerker und fordert das Geld von ihm", erklärt Zügner. "Zivilrechtlich hat der leistende Unternehmer zwar einen Anspruch auf Nachzahlung der Umsatzsteuer, jedoch sind Liquiditätsengpässe zu befürchten", so die Beraterin.

"Im luftleeren Raum"

Zur Frage des Vertrauensschutzes für den leistenden Unternehmer werde erst in Kürze ein weiteres Schreiben des Bundesfinanzministeriums erwartet."Bis dahin befinden sich die Unternehmen in einem luftleeren Raum."

Generalunternehmer wiederum, die an ihre Kunden Bauleistungen erbringen und Leistungen von Subunternehmern einkaufen, können weiterhin Gebrauch von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft machen. Ist der Unternehmer sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer tätig, kommt es auf die Verwendung der von ihm bezogenen Bauleistung an. Dann muss die Buchhaltung oder der Steuerberater auseinanderrechnen, um welche Leistungen es sich handelt. "Die Steuerschuld geht nur für die Leistungen an den Unternehmer über, die er als Generalunternehmer bezogen hat", erklärt Betriebsberater Richard Thielen von der HwK Düsseldorf.

Zehn-Prozent-Regelung wurde abgeschafftBeispiel: Das Bauunternehmen Becker beauftragt Malerbetrieb Maier mit Malerarbeiten in seinem Bürogebäude. Für diesen Auftrag ist kein Übergang der Steuerschuld mehr möglich, da das Bauunternehmen die Leistung des Malerbetriebs nicht mehr unmittelbar zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. Steuerschuldner ist deshalb der Malerbetrieb Maier.  Quelle: HWK Koblenz

Noch eine grundlegende Neuregelung gibt es: Die bisher übliche Zehn-Prozent-Regelung wurde abgeschafft. Werden Bauleistungen von einem in Deutschland ansässigen Unternehmer im Inland erbracht, ist der Auftraggeber nur dann Steuerschuldner, wenn er selbst Unternehmer ist und auch selbst Bauleistungen erbringt. Zudem muss der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwenden. "Bisher galt, dass ein Unternehmer nachhaltig Bauleistungen erbrachte, wenn diese im Vorjahr mehr als zehn Prozent seines Gesamtumsatzes ausmachten", erklärt Richard Thielen, Betriebsberater der Handwerkskammer Düsseldorf.

Freistellungsbescheinigung nach Paragraf 48b EStG reicht nicht

Diese Regelung wurde jetzt verworfen, weil sie als nicht rechtssicher galt. Die Freistellungsbescheinigung nach Paragraf 48b Einkommensteuergesetz (EStG) als alleiniger Nachweis galt als nicht aussagekräftig genug. "Betroffen sind nun also auch Unternehmer, bei denen Bauleistungen weniger als zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen", erklärt Thielen.Handwerker, die eine Bauleistung für ihren privaten Bereich empfangen, können sich wiederum nicht mehr auf Paragraf13b UStG berufen. Der leistende Handwerker muss jetzt nachweisen, dass sein Auftraggeber ein Unternehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleistung seinerseits zur Erbringung einer Bauleistung verwendet. 

Wichtig: Schriftlichen Passus in den Vertrag aufnehmen

Bei neuen Bauvorhaben empfehlen die Betriebsberater unbedingt eine schriftliche Versicherung des Auftraggebers in den Werkvertrag aufzunehmen, wonach er die empfangene Bauleistung zur Erbringung einer Bauleistung verwenden wird. "Mündliche Aussagen reichen nicht", warnt Christiane Zügner von der HwK Koblenz. "Nur mit einem entsprechenden Passus im Vertrag ist der leistende Handwerker auf der sicheren Seite."

Die schriftliche Bestätigung des Leistungsempfängers kann auch später gegeben werden. Dann muss das konkrete Bauvorhaben aber genau benannt werden. In der Vergangenheit wurde es nicht beanstandet, wenn sich beide Unternehmer über die Anwendung des Paragrafen 13b einig waren, auch wenn sich im Nachhinein herausstellte, dass die Voraussetzungen gar nicht gegeben waren. Diese Vereinfachungsregelung ist ebenfalls nicht mehr gültig.

Kirsten Freund
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Text: / handwerksblatt.de