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Nicht ohne meinen Anwalt

Wenn es im Geschäftsleben Ärger gibt, geht es oft vor Gericht. Verhandlungen sowie Anwälte sind teuer. Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten.

Im Geschäftsleben läuft nicht immer alles glatt. Selbst wer gewissenhaft arbeitet, kann von Kunden oder Lieferanten in eine rechtliche Auseinandersetzung hineingezogen werden. Anwälte und Gerichte sind teuer. Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten. Versicherungskritiker empfehlen für Selbstständige den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung. Denn wer Gefahr läuft, Ärger mit Mitarbeitern, Auftraggebern oder Lieferanten zu bekommen, sollte sich zur Wehr setzen können – unabhängig von der Dicke seines Bankkontos. Das ist der wahre Wert dieser Versicherung. Denn recht haben und Recht bekommen sind immer noch zwei Paar Schuhe.

Eine Rechtsschutzversicherung hilft, zu seinem Recht zu kommen, indem sie die anfallenden Kosten übernimmt. Das beginnt bereits mit einer anwaltlichen Erstberatung. Die wird gern zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten, also rein vorsorglich (ohne Eintritt eines Rechtsschutzfalls), angeboten. Viele Versicherer haben dazu praktische Hotlines für ihre Kunden eingerichtet. Der Kern der Leistung erstreckt sich jedoch auf die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens, und zwar über mehrere Instanzen. Versichert sind Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten einschließlich der Entschädigung für Zeugen und Gutachter, die vom Gericht herangezogen werden. Das bezieht sich auch auf die Kosten des Gegners, wenn der Versicherte sie zu tragen hat. Die Kostenübernahme kann nur von der vereinbarten Versicherungssumme begrenzt werden. Die sollte deshalb nicht kleinlich gewählt werden. Premiumangebote leisten häufig sogar unbegrenzt.

Rechtsschutz ist nicht gleich Rechtsschutz

Die Alternative zu einem Prozess ist ein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren. Die meisten Rechtsschutzversicherer tragen auch die Kosten für solch eine Mediation. Eine weitere Zusatzleistung ist unter dem Stichwort "Forderungsmanagement" oft automatisch in Rechtsschutzpolicen für Gewerbetreibende enthalten oder kann gegen einen Zusatzbeitrag einbezogen werden. Je nach Ausgestaltung erteilt der Versicherer eine bestimmte Anzahl an Bonitätsauskünften über die Geschäftspartner kostenfrei oder zu vergünstigten Konditionen. Dieser Service ist dann besonders wertvoll, wenn die Zahlungsmoral schlecht und das Insolvenzrisiko hoch ist.

Rechtsschutzversicherung ist aber nicht gleich Rechtsschutzversicherung. Im Gegenteil, die Policen sind eine äußerst individuelle Angelegenheit. Sie werden nach dem Baukastenprinzip angeboten. Die vielen einzelnen Bausteine decken dabei jeweils nur Teilbereiche ab. Ein Rundum-sorglos-Paket für alle denkbaren Fälle gibt es nicht. Mit Blick auf Prozesshansel ist dies sicher gut so. Davon ist jedenfalls der Bund der Versicherten (BdV) überzeugt. Die Policen sind ohnehin nicht preiswert, was an den teuren Anwalts- und Gerichtsgebühren liegt.

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Genaues Überlegen lohnt sich

Es lohnt sich also, genau zu überlegen, welche Bestandteile für den Betrieb wie wichtig sind und auf welche am ehesten verzichtet werden kann. Am besten priorisieren Sie die einzelnen Bausteine anhand unserer Liste "Wichtige Rechtsschutz-Bausteine" in aller Ruhe für sich. Grundsätzlich kann der gewählte Rechtsschutz rein auf den Betrieb und seine Mitarbeiter begrenzt sein oder die Familienmitglieder des Firmeninhabers mit absichern. Der hohe Grad an Individualität in der Rechtsschutzversicherung erschwert leider die Vergleichbarkeit der angebotenen Policen. Normalerweise geben Ratings eine gute Orientierungshilfe. Doch die führenden Analysehäuser bieten keine Marktbewertungen zu gewerblichen Rechtsschutzversicherungen an. Der Preis allein sagt wenig aus. Der BdV empfiehlt grundsätzlich mehrere Angebote einzuholen. Beitrag sparen kann man meistens mit einer Selbstbeteiligung. Die kann 150 oder 200 Euro oder mehr betragen und wird bei jedem Schadenfall fällig – es sei denn, der Gegner muss die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen.

Die Policen sind nicht für Streithansel entworfen worden. Deshalb Vorsicht: Im Schadenfall darf jede Partei, also auch der Versicherer, den Vertrag ordnungsgemäß kündigen. Mitunter gilt dieses Kündigungsrecht für ihn aber erst nach zwei Schäden pro Jahr. Doch die Gefahr besteht, dass es dann auch bei anderen Gesellschaften mit einer Police schwierig wird.


 

Wichtige Rechtsschutz-Bausteine

  • Arbeits-Rechtsschutz springt für die ­Kosten von beruflich bedingten Auseinander­setzungen ein. Das kann sich auf den ­Handwerksmeister als Arbeitgeber beziehen, etwa wenn ein abgemahnter Mitarbeiter vor Gericht zieht oder eine betriebs­bedingte Kündigung angefochten wird. Streit ums Weihnachtsgeld wäre auch gedeckt. Für Angestellte gibt dieser ­Baustein quasi spiegelbildlich Sinn, etwa wenn der ­Betrieb ihm noch Geld schuldet oder er ­gegen eine ­Kündigung klagt.
  • Beratungs-Rechtsschutz im Familien- und Erbrecht kann, muss aber nicht mit­ver­sichert werden. Wenn der Betrieb vor einer ­Scheidung gerettet werden soll, kann es sinnvoll sein, die anwalt­lichen Beratungs­kosten ab­gesichert zu wissen. Das Gleich gilt für die Beratung im Erbfall.
  • Daten-Rechtsschutz steht ­Ihnen zum Beispiel bei der ­gerichtlichen Abwehr von ver­muteten Verstößen gegen das Bundes­datenschutz­gesetz zur Verfügung. Der An­wen­dungsbereich ist streng begrenzt.
  • (Gewerbe-)Immobilien-Rechtsschutz wirkt in beide Richtungen: wenn Sie als Mieter Ärger haben (zum Beispiel wegen einer fehlerhaften Neben­kostenabrechnung, einer Räumungs­klage oder Mieterhöhung) oder als Eigentümer ­einer selbst genutzten Gewerbe­immobilie. Eigentümer ­können damit gegen steuer- oder abgabenrechtlichen Ärger zu Felde ziehen.
  • Schadenersatz-Rechtsschutz Wer anderen einen Schaden zufügt, muss haften. Das ist nicht immer von der Haftpflichtversicherung gedeckt und nicht jeder hat eine. Wenn der Betrieb also selbst einen Schaden erleidet, dann hilft dieser Baustein, den Anspruch auf Schadenersatz durchzusetzen. Beispiel: Ein teures Arbeitsgerät ist beschädigt worden, muss aufwendig repariert werden und in dieser Zeit liegt der Betrieb still.
  • Sozialgerichts-Rechtsschutz trägt die ­Kosten einer Auseinandersetzung vor den Sozialgerichten, etwa weil die ordnungsgemäße Abführung von Krankenkassen-, Arbeitslosen- oder Rentenversicherungs­beiträgen ­moniert wird.
  • Steuer-Rechtsschutz hilft etwa, wenn das Finanzamt Betriebskosten nicht anerkennt oder eine Steuervorauszahlung fest­gesetzt wird, die ­völlig überzogen ist. Auch bei ­Ärger mit dem Zoll übernimmt dieser Versicherungs-­Baustein die Kosten.
  • Straf- und Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz Solche Dinge sind schneller passiert als ­einem lieb ist. Betriebe können etwa mit den Unfallverhütungsvorschriften in Konflikt geraten. Wenn die Gesundheit oder gar Menschenleben im Spiel sind, verstehen die Behörden keinen Spaß. Professionelle rechtliche Unterstützung ist notwendig, aber eben nicht preiswert. Ein anderes Beispiel: Ein Lehrling verursacht beim Kunden einen Brand. Der Hausherr erleidet eine Rauch­vergiftung und strengt ein Straf­verfahren gegen den Betriebsinhaber und den ­verantwortlichen Mitarbeiter an.
  • Vertrags- und Sachenrechts-Schutz lässt Handwerker ruhiger schlafen, wenn Vertragsabsprachen plötzlich nicht eingehalten werden. Das Spektrum ist weit und umfasst Kauf-, Werk- und Lieferverträge, Wartungsregelungen, Finanzierungs­verträge und mehr. Kürzt der Kunde die ­Rechnung oder zahlt nicht, ­übernimmt der Rechtsschutz­versicherer die ­rechtlichen Kosten.
  • Verkehrs-Verwaltungs-Rechtsschutz übernimmt beispielsweise die Kosten, wenn man sich gegen den Entzug des Führerscheins zur Wehr setzen muss oder die Autowerkstatt schlecht gearbeitet hat und man das Geld zurück will. In nicht-verkehrsrechtlichen Fällen kann es einem Betrieb etwa darum gehen, die entzogene Gewerbeerlaubnis vor einem ­Verwaltungsgericht anzufechten.

Quelle: GDV; Unternehmensinformationen


Wartezeit

Kein Versicherer kann ­brennende ­Häuser versichern. Deshalb ­schützen sich die ­Gesellschaften mit Karenz­zeiten vor missbräuchlicher Inan­spruch­nahme. Üblicherweise wird der nachfolgende Versicherungsschutz erst drei Monate nach Vertrags­abschluss scharf­geschaltet:

  • Arbeits-Rechtsschutz
  • Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz
  • Rechtsschutz im Vertrags- und ­Sachenrecht
  • Steuer-Rechtsschutz vor Gerichten
  • Sozialgerichts-Rechtsschutz
  • Verkehrs-Verwaltungs-Rechtsschutz
  • Sofortschutz

Die folgenden Bausteine ­verzichten auf Wartezeiten:

  • Schadenersatz-Rechtsschutz
  • Straf- und Ordnungswidrigkeiten-­Rechtsschutz
  • Interessenwahrnehmung bei Kauf- und ­Leasingverträgen über ­fabrikneue Fahrzeuge
  • Beratungs-Rechtsschutz im ­Familien- und Erbrecht

Quelle: GDV

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Interessenkollision

Früher hat der Gesetzgeber in Deutschland sehr stark dafür gesorgt, dass es bei Aus­einandersetzungen im Versicherungsbereich nicht zu einer Interessenkollision kommen konnte. Wer bei einer Versicherung Kunde war, konnte dort nicht gleichzeitig seine Rechtsschutzversicherung abschließen. Dieses so­genannte Spartentrennungsgebot sollte sicherstellen, dass eine Versicherung ihre Ansprüche nicht gegen sich selbst durchsetzen musste. Die Sparten­trennung hat Spezial­versicherer wie die Düsseldorfer Arag, die Münchener D.A.S. (heute im Ergo-Konzern) oder die ­Kölner Roland Rechtsschutzver­sicherung groß gemacht. Die anderen Gesell­schaften haben ihnen das ­Geschäft zugetragen.

1990 hat die EU die strenge deutsche Norm gekippt. Seitdem dürfen alle Versicherungsunternehmen (aus­genommen Lebens- und Kranken­versicherer) das Rechtsschutzgeschäft betreiben. Einzige Bedingung: Die Schadenregulierung muss auf ein rechtlich selbstständiges Unternehmen ausgegliedert werden. Heute dürfen Vollsortimenter ungehindert Rechtsschutzversicherungen an­bieten. Wer Interessenkonflikte ausschließen will, sollte darauf achten, dass sein Rechtsschutz nicht aus dem gleichen Hause kommt wie die Betriebsversicherungen. Übrigens: Streitigkeiten gegen den eigenen Rechtsschutzversicherer sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Text: Rita Lansch; Foto: © rclassenlayouts/123rf.com

Text: / handwerksblatt.de