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Azubi-Austausch zwischen Paris und Berlin klemmt

Akteure des deutschen und französischen Ausbildungssystems haben sich in Berlin getroffen, um darüber zu diskutieren, wie sich der Austausch von Azubis in Schwung bringen lässt.

Deutschland und Frankreich gelten in Europa als treibende politische Kraft. Doch ein bisschen mehr geht immer. Deshalb hat der Ministerrat beider Länder vorigen Sommer beschlossen, die Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Ein wichtiger Punkt im Bereich Bildung: Das Erasmus+-Programm soll vor allem für Auszubildende besser genutzt werden. Welche Hindernisse es gibt und wie sie sich beseitigen lassen, darüber haben die wichtigsten Akteure beider Ausbildungssysteme am 55. Jahrestag des Elysée-Vertrags in Berlin diskutiert.

Positiv ist festzuhalten: "Die Gesamtzahl der Förderungen im Programm Erasmus+ ist in den vergangenen Jahren insgesamt kontinuierlich gestiegen", stellt Klaus Fahle, Geschäftsführer der Nationalen Agentur für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA BIBB), fest. 2007 gingen rund 7.800 Auszubildende aus Deutschland ins europäische Ausland. Acht Jahre später sind es schon über 18.000. Der Austausch mit Frankreich entzieht sich diesem Aufwärtstrend jedoch. Dessen Anteil als Zielland ist zwischen 2011 und 2017 von 11,6 auf 6,8 Prozent gefallen.

Mangelnde Sprachkenntnisse als größtes Hindernis

Woran liegt’s? Kurz vor dem Jahreswechsel hat die NA BIBB bei Teilnehmern von Erasmus+ nachgehört. Als größtes Hindernis machen sie die Sprache aus. Französisch werde nur in geringem Umfang als Fremdsprache unterrichtet. Damit sei die Zahl der jungen Menschen, die über entsprechende Kenntnisse verfüge, eher gering. Auch Englisch als Brückensprache werde noch nicht ausreichend genutzt.

Im Laufe der Tagung in Berlin wurden weitere Hemmnisse aufgezählt. Marianne Thyssen, EU-Kommissarin für Arbeitskräftemobilität, bemängelte, dass die Lehrpläne häufig nicht kompatibel seien. Dies erschwere etwa längere Aufenthalte. Birgit Hufnagel, Schulleiterin am Robert-Wetzlar-Berufskolleg in Bonn, meint: Damit mehr Lehrer eine Schülergruppe bei ihrem Trip ins Ausland begleiten können, bräuchten die berufsbildenden Schulen einen entsprechenden Ausgleich. Große Probleme, Lehrer für das Fach Französisch zu gewinnen, beobachtet die sächsische Bildungsstaatssekretärin Gabi Ohler.

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Chefs und junge Azubis aus dem Handwerk tun sich schwer

Die Handwerkskammer Berlin beteiligt sich seit 2009 am Programm "Berufsbildung ohne Grenzen". Mobilitätsberaterin Susanne Boy weiß, woran es hapert, dass vergleichsweise wenige angehende Fachkräfte aus dem Handwerk ihre Ausbildung um einen Auslandsaufenthalt bereichern. "Oft liegt es an den jungen Leuten selbst. Die meisten sind 17, 18 Jahre alt und waren noch nie vorher im Ausland." Doch auch mancher Chef tut sich schwer. "Gerade in kleinen Betrieben ist es schwierig, Auszubildende selbst für eine Woche freizustellen, weil sie fester Bestandteil im Arbeitsprozess sind", hat Susanne Boy beobachtet.

"Berufsbildung ohne Grenzen" vernetzt die Mobilitätsberatung einiger Industrie- und Handels- sowie Handwerkskammern. Gefördert wird das Programm vom Bundeswirtschaftsministerium. Holger Schwannecke hofft, dass die Finanzierung auch künftig gesichert ist. "Wir brauchen Unterstützungsstrukturen wie die der Mobilitätsberater", sagt der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.

Drei wichtige Punkte, um die Mobilität zu erhöhen

Für das französische Arbeitsministerium hat Jean Arthuis einige Vorschläge erarbeitet. Der Sonderbeauftragte für die Entwicklung eines Programms ErasmusPro regt für Frankreich an, für die Dauer des Auslandsaufenthalts einige Bestimmungen im Ausbildungsvertrag auszusetzen, Einkommensbeihilfen für Auszubildende zu schaffen, ihre soziale Absicherung zu gewährleisten, die erbrachten Leistungen anrechnen lassen zu können sowie an den Berufsschulen einen Beauftragten für Mobilitätsprojekte einzusetzen und den Sprachunterricht dort auszubauen.

Um die Mobilität in der beruflichen Bildung zu erhöhen, sind nach Einschätzung von Markus Ingenlath, Generalsekretär beim Deutsch-Französischen Jugendwerk, drei Punkte wichtig: Der Austausch müsse Betrieben und Jugendlichen etwas bringen; es müsse genügend finanzielle Mittel geben, damit sich die Auszubildenden den Aufenthalt jenseits der Grenze leisten können, und ehemalige Entsendete müssten in ihrer Peer-Group dafür werben.

Blick über den Tellerrand gehört zur Ausbildung

Bundesarbeitsministerin Katarina Barley bedauert, dass sich viele junge Menschen nicht mehr mit den europäischen Werten identifizieren können. Deren Ablehnung sei inzwischen das verbindende Band. Umso wichtiger ist für sie, dass Europa wieder mehr gelebt wird – etwa durch Auslandsaufenthalte in der beruflichen Bildung, über die auch persönliche Kontakte und grenzüberschreitende Freundschaften entstehen. Ihr Appell an Jugendliche und Betriebe: "Zu einer guten Ausbildung gehört heutzutage auch der Blick über den Tellerrand."

Text: Bernd Lorenz
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Text: / handwerksblatt.de

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