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Betriebsprüfung: Tricks und Methoden der Prüfer

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Deutsches Steuerrecht ist eine komplizierte Materie, in der sich selbst Profis häufig auf dünnem Eis bewegen. Und die Betriebsprüfer der Finanzämter sind findig, wenn es darum geht, Steuervergehen aufzudecken.

Ein erfahrener Betriebsprüfer startet seine Prüfung mit Smalltalk und gibt dem Unternehmer dabei das Gefühl, er sei die interessanteste und wichtigste Person auf der Welt. Geschmeichelt von so viel Aufmerksamkeit und Ansehen wird der Unternehmer mehr von seinen privaten Vorlieben preisgeben. Aber Vorsicht: Die Gespräche über Auto, Urlaub, Hobby und die teure Familie sind für den Prüfer bereits erste Amtshandlungen im Rahmen der Betriebsprüfung.

Er sucht in der Buchhaltung nach Betriebsausgaben, mit denen der Unternehmer seine privaten Vorlieben über sein Unternehmen finanziert hat. Eine Dienstreise mit anschließendem Familienurlaub? Ein schickes Cabriolet als Geschäftswagen? Darauf müssen Sie nicht verzichten, Sie sollten die Aufteilung von privaten und geschäftlichen Ausgaben allerdings stets dokumentieren und im Zweifelsfall schlüssig argumentieren können.

Geldverkehrsrechnung bei aufwändigem Lebensstil

Passt der Lebensstil nicht zu den erklärten Gewinnen eines Unternehmers, wird der Prüfer eine so genannte Geldverkehrsrechnung durchführen. Dabei stellt er alle betrieblichen und privaten Einnahmen und Ausgaben des Unternehmers gegenüber. Stellt sich dabei heraus, dass eigentlich kein Geld für teure Reisen oder die neue Küche vorhanden gewesen sein kann, ist der Unternehmer in der Beweislast.

Können keine plausiblen Nachweise erbracht werden (z.B. Geldgeschenke aus der Familie), drohen Schätzungen bei Gewinn und Umsatz. Klassiker: Anonyme Anzeigen "Enttäuschte Mitarbeiter, ehemalige Geschäftspartner und betrogene Ehefrauen sind unsere besten Mitarbeiter!" – In diesem Bonmot eines erfahrenen Betriebsprüfers steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit.

Denn häufig gelangen Betriebsprüfer genau auf diesem Weg zu Insider-Informationen über eine zu prüfende Firma. Stellt der Betriebsprüfer also gezielte Fragen zu Geschäftspraktiken, die eigentlich nur der Geschäftsinhaber und seine Vertrauten wissen können, ist zu vermuten, dass er im Besitz einer anonymen Anzeige ist und konkreten Anschuldigen nachgeht.

Selbstanzeige von mehreren Steuerhinterziehern

Geht es darum, seinen eigenen Kragen zu retten, denkt jeder zunächst an sich selbst. Das gilt auch für Steuersünder, die kalte Füße bekommen, und ihre Steuersünden beim Finanzamt freiwillig im Rahmen einer Selbstanzeige offenlegen. Das Ziel ist die Strafbefreiung. Dumm nur, wenn mehrere Personen die Steuersünden begangen haben, und nur einer davon reinen Tisch macht.

In dem Moment, in dem das Finanzamt über die steuerlichen Vergehen durch eine Selbstanzeige informiert wird, ist es für die Mittäter an der Steuerhinterziehung für eine strafbefreiende Selbstanzeige zu spät. Diese müssen in der Folge mit Fahndungs- oder Betriebsprüfungen und entsprechenden Strafen rechnen.

Zeitgemäßes Fahrtenbuch

Meldet sich der Prüfer des Finanzamts an, ist das Nachschreiben von Fahrtenbüchern keine Seltenheit. Dumm nur, wenn man dabei ein Fahrtenbuch verwendet, das im betreffenden Jahr noch gar nicht auf dem Markt war. Die Hersteller von Papier-Fahrtenbüchern verwenden jedes Jahr neue Deckblätter. Die Prüfer sind darüber im Bilde und erkennen, wenn Sie hinters Licht geführt werden und stufen das Fahrtenbuch als unwirksam ein, weil es nicht zeitnah geführt wurde.

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Auskunftsersuchen schafft Klarheit

Bietet ein Händler seine Ware über Online-Portale und Internet-Auktionshäuser an, wird das Finanzamt bei Unstimmigkeiten Auskunftsersuchen an die Betreiber dieser Portale stellen. Auf diese Weise erhält der Betriebsprüfer alle notwendigen Informationen zu den Erlösen des Händlers. Doch nicht nur Händler sind hier im Visier des Finanzamts. Auch Handwerker, die ihre Leistungen beispielsweise über Online-Portale anbieten oder versteigern, müssen damit rechnen, dass das Finanzamt die aufgezeichneten Betriebseinnahmen mit den Daten aus Auskunftsersuchen abgleicht.

Internet-Shop: Auch Betriebsprüfer kennen archive.org

Wenn ein Betriebsprüfer den Verdacht hat, dass ein Online-Händler in den vergangenen Jahren bestimmte Waren über seinen Online-Shop angeboten hat, die korrespondierenden Einnahmen aber nicht aufgezeichnet wurden, ist leugnen meist zwecklos. Denn das Finanzamt kann prüfen, wie der Online-Shop vor einigen Jahren ausgesehen hat.

Möglich macht das – die NSA lässt grüßen – das Online-Portal archive.org. Dort werden Online-Portale aus aller Welt zu bestimmten Terminen ungefragt gescannt – und jeder kann mit Angabe der Domain nachsehen, wie eine Website zu einem früheren Zeitpunkt ausgesehen, oder welche Produkte ein Online-Shop angeboten hat.

Kontrollmaterial

Tauchen in der Buchhaltung eines geprüften Unternehmens Rechnungen von anderen Unternehmen auf, werden dazu stichprobenartig Kontrollmitteilungen verschickt. Damit kann bei den anderen Unternehmen die korrekte Aufzeichnung der Betriebseinnahmen überprüft werden. Im Visier der Betriebsprüfer sind dabei vor allem hohe Rechnungsbeträge, die bar bezahlt wurden.

Die Steueranrechnung für Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a EStG für Arbeiten im Privathaushalt bringt den Finanzämtern unzählige Kontrollmöglichkeiten. Mit den Rechnungen, die von den Privatleuten mit ihrer Steuererklärung eingereicht werden, können die Betriebseinnahmen der Rechnungsaussteller gezielt verprobt werden.

Mitarbeitende Angehörige im Visier

Vor allem bei kleinen Handwerks- und Handelsunternehmen arbeiten häufig Ehepartner, Kinder oder auch Eltern mit – im besten Sinne eines funktionierenden Familienunternehmens. Allerdings suchen einige Betriebsprüfer des Finanzamts gezielt das Gespräch mit – beispielsweise in der Buchhaltung angestellten – Verwandten und fragen gezielt nach bestimmten Unterlagen.

Kennt sich der oder die Angesprochene in der Firma jedoch nicht aus, und hat keine Ahnung, wo die Unterlagen zu finden sind, dann ist offensichtlich, dass das Arbeitsverhältnis lediglich auf dem Papier besteht, um Steuern zu sparen.

Kassenmanipulation durch Zapper

In bargeldintensiven Branchen mit elektronischen Registrierkassen werden Manipulationen der Betriebseinnahmen von Haus aus unterstellt. Deshalb widmen sich manche Betriebsprüfer hier ausschließlich den Betriebseinnahmen.

Es gibt nämlich eine Software, auch unter dem Namen "Zapper" bekannt, mit der die Kassenaufzeichnungen nachträglich über einen USB-Stick manipuliert werden können. Die Finanzämter prüfen mit Vorliebe die Hersteller und Händler solcher Zapper. Damit fallen ihnen nämlich alle Käuferdaten in die Hände. Und die Käufer dieser Manipulations-Software sind die nächsten auf der Prüfungsliste.

Und nochmal die Kasse: Neue Prüfungstechniken

Fast jedes Finanzamt hat inzwischen speziell ausgebildete Kassenprüfer, die elektronische Registrierkassen auslesen und somit fast jeder Manipulation auf die Spur kommen. Bei diesem als "neue Prüfungstechniken" bezeichneten Daten-Check wird mit zahlreichen scheinbar steuerlich nicht relevanten Firmendaten jongliert.

Doch das hat Methode: Denn ist beispielsweise in einem Restaurant an einem bestimmten Abend nur erfahrenes Personal im Einsatz, so ist nicht plausibel, warum über mehrere Stunden nur der Trainingsspeicher der Kasse benutzt wurde (Hintergrund: Bei Benutzung des Trainingsspeichers werden die eingegebenen Daten nicht als Kasseneinnahmen erfasst).

Lieblingszahlen überführen Steuersünder

Wussten Sie, dass jeder Mensch unbewusst Lieblingszahlen hat, die er überdurchschnittlich häufig (z.B. in Passwörtern, beliebigen Zahlenkolonnen usw.) verwendet? Dieses Wissen macht sich auch das Finanzamt zunutze und prüft Fahrtenbuch- oder Kassenaufzeichnungen mit dem so genannten Chi-Quadrattest.

Das funktioniert so: Der Betriebsprüfer speist die steuerlichen Datenkolonnen in die Prüfersoftware IDEA ein, und erhält auf Knopfdruck in wenigen Minuten eine Rückmeldung, wenn bestimmte Zahlen auffällig häufig verwendet wurden - möglicherweise eben die unbewussten Lieblingszahlen des Unternehmers.

Elektronische Plausibilitätskontrollen

Das Formular EÜR und die Bilanzdaten von Unternehmern sollen nicht nur elektronisch ans Finanzamt übermittelt werden, um dem Unternehmer die Arbeit zu erleichtern. Der wichtigste Nutzen für das Finanzamt ist, dass sich hiermit Plausibilitätskontrollen durchführen lassen, die Auffälligkeiten zeigen. Dadurch landen scheinbar harmlose Steuerfälle, deren Daten aber von der Norm abweichen oder deren Eintragungen Fehler vermuten lassen, auf dem Tisch des Betriebsprüfers.

Und zum Schluss

Seit 30.6.2013 ist es Lohnsteuerprüfern des Finanzamts erlaubt, unangekündigt im Rahmen einer Lohnsteuer-Nachschau (gemäß § 42g EStG) vor der Tür zu stehen, und lohnsteuerlich relevante Daten anzufordern. Dieser Überraschungsbesuch soll bewirken, dass ein Unternehmer keine Zeit hat, sich auf den Besuch des Prüfers vorzubereiten und seine Aufzeichnungen zu "aufzubereiten".

Dadurch erhält der Prüfer natürlich einen schnellen Überblick, ob – und falls ja, wo – etwas nicht korrekt angegeben wurde. Steht ein Lohnsteuerprüfer überraschend vor der Tür, sollten Sie ihm nur im Beisein des Steuerberaters Unterlagen aushändigen. Fordert der Lohnsteuerprüfer während einer Lohnsteuer-Nachschau Bargeld von Ihnen, rufen Sie die Polizei.

Der Grund: Bereits bei der Einführung der Umsatzsteuer-Nachschau haben Betrüger sich als Prüfer des Finanzamts ausgegeben, und die Stresssituation von Unternehmern ausgenutzt, indem sie anboten, die vermeintliche Prüfung gegen Geldzahlungen zu stoppen.

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Text: / handwerksblatt.de

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