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Einer Umfrage zufolge würden 26 Prozent der Arbeitnehmer kündigen, wenn sie in ihrem neuen Job unzufrieden sind. Selbst dann, wenn sie keine neue Arbeitsstelle in Aussicht haben. (Foto: © auremar/123RF.com)

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Jeder Vierte würde ohne neuen Job kündigen

Betriebsführung

Einer Umfrage der Talent- und Organisationsberatung Korn Ferry zufolge würde ein Viertel der Mitarbeiter den Job kündigen – auch ohne einen neuen in Aussicht zu haben.

Nicht nur, dass per se schon ein Fachkräftemangel besteht – für Unternehmen ist es außerdem nicht einfach, neu eingestellte Mitarbeiter zu halten und zu integrieren. 93 Prozent der 361 durch die Talent- und Organisationsberatung Korn Ferry befragten Fach- und mittleren Führungskräften hält das für schwierig, 45 Prozent sogar für sehr schwierig. 29 Prozent der Befragten glauben, dass jeder fünfte Mitarbeiter das Unternehmen innerhalb des ersten halben Jahres wieder verlässt, 15 Prozent glauben sogar, dass fast jeder Dritte in diesem Zeitraum geht. Ein Viertel der Mitarbeiter würde den Job kündigen, auch ohne einen neuen in Aussicht zu haben – ausgeprägte Unzufriedenheit vorausgesetzt. 82 Prozent der Befragten könnte dann auch nicht eine entsprechend hohe Bezahlung im Job halten. Ein häufiger Grund für eine Kündigung, den 44 Prozent der Befragten angegeben hatten, sei eine hohe Abweichung der neuen Rolle im Beruf von den Erwartungen, die im Vorfeld aufgebaut worden seien. 17 Prozent der Befragten würden kündigen, wenn sie einen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Bild und der Realtität in Bezug auf den Arbeitgeber feststellen müssten, mangelnde Möglichkeiten zur Weiterentwicklung innerhalb der ersten sechs Monate seien für 14 Prozent ein Kündigungsgrund. "Es ist verständlich und legitim, dass Unternehmen mögliche Kandidatinnen und Kandidaten heute gekonnt umwerben", sagt Carsten Schaefer, Spezialist für die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften bei Korn Ferry. "Allerdings sollten sie aufpassen, das Bild nicht zu weit weg von der Wirklichkeit zu zeichnen. Rosiges Ausschmücken in Worten von vermeintlichen Zumutungen kann zwar zur Unterschrift führen. Verrückt aber den Erwartungshorizont und schlägt sich damit bei faktischer Wahrnehmung im Arbeitsalltag in besonderer Enttäuschung nieder. Wir raten Unternehmen sich so authentisch wie möglich zu präsentieren. Ähnlich wie ihre Bewerber gibt es das perfekte Unternehmen ohne Ecken und Kanten nicht. Das Entscheidende im Auswahlprozess ist es, die Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die zu diesen Ecken und Kanten passen."

Die Mehrheit der Befragten hätte gerne eine Arbeitsstelle, die sie zugleich fordert, aber auch persönlich erfüllt. Geld sei dabei allerdings doch mehr als nur ein "Hygienefaktor". "Unsere Ökonomen im Korn Ferry Institute haben in ihrer Studie 'The Talent Crunch' zuletzt eine Personallücke von knapp 85 Millionen Menschen bis zum Jahr 2030 weltweit errechnet", sagt Schaefer. "Schon heute ist bei nahezu Vollbeschäftigung der Arbeitsmarkt ein Arbeitnehmermarkt. Unternehmen tun sich schwer, geeignete Kandidaten zu gewinnen. Haben sie erst eine Unterschrift unter dem Vertrag, ist es von immenser Wichtigkeit, ihre neu eingestellten Talente auch zu halten. Jede Kündigung in der Probezeit ist ein unmittelbarer finanzieller Schaden für den Arbeitgeber."

Kündigung auch ohne neuen Job

Der Wille zur Veränderung wird von enttäuschten Mitarbeitern heutzutage schnell umgesetzt: Über ein Viertel der Befragten hat gesagt, dass sie, auch ohne einen neuen Arbeitsplatz zu haben, den alten kündigen würden, wenn sie nur unzufrieden genug wären. Geld ist hierbei indes eine Entscheidungshilfe: Wenn die Bezahlung gut wäre, würden nämlich nur drei Prozent so entscheiden. 82 Prozent würden so lange bleiben, bis ein neuer Vertrag unterschrieben wäre. Carsten Schaefer sagt: "Dass diese Mitarbeiter aber nicht voll bei der Sache sind, liegt auf der Hand. Die Bezahlung hält sie davon ab, sofort zu gehen. Zwar wickeln sie ihre Aufgaben im Tagesgeschäft ab. In Wirklichkeit sind sie aber vor allem damit beschäftigt, ihren Abgang fortwährend vorzubereiten. Sie werden ihr Potenzial nicht entfalten. Eine Strategie der überhöhten Bezahlung bei gleichzeitiger Frustration kann höchstens übergangsweise funktionieren, um zum Beispiel Spitzen abzubauen."

Da mutet es nur folgerichtig an, dass lediglich neun Prozent der Befragten angegeben haben, dass sie mir einer hohen Vergütung im Unternehmen gehalten werden könnten. Eine große Mehrheit von 70 Prozent wünscht sich hingegen eine Arbeitsstelle, die sie gleichzeitig fordert, bereichert und erfüllt. Entwicklungsmöglichkeiten im Beruf sind für 16 Prozent das wichtigste Kriterium zum Verbleib beim neuen Arbeitgeber. "Sinn und persönliches Wachsen stellen gerade in den westlichen Wohlstandsgesellschaften das reine Geldverdienen in den Schatten", sagt Carsten Schaefer. "Arbeit nimmt in der Gegenwart einen beträchtlichen Teil des Lebens ein. Sind die Menschen damals früh aufgestanden, weil dies gottgefällig war, tun sie es heute, um sich im Job zu verwirklichen. Ob man das nun gut findet oder nicht: Die Arbeit ist momentan die wohl wichtigste Identifikationsfigur zur Einordnung in der Gesellschaft. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Geld auch heute mehr ist als der vielfach zitierte Hygienefaktor. Wer gute Mitarbeiter sucht und halten möchte, muss diese auch gut bezahlen. Ansonsten suchen sie schnell den Weg zu einem anderen Arbeitgeber, in der Hoffnung beides zu finden: Sinn und Geld."

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Hintergrund: Korn Ferry ist ein globales Beratungsunternehmen für Organisation und Executive Search.

Text: / handwerksblatt.de

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