Mit dem 3D-Scanner, auch Zollstock 4.0 genannt, vermisst Erasmus Drücker die analoge Welt. Birgit Kostner, Leiterin des Bereichs Digitalaufmaß, macht aus den Maßen ein digitales Modell. (Foto: © Oliver Krato)

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BIM: Ausgezeichnete Digitalisierungsstrategie

Betriebsführung

Erasmus Drücker startete vor vier Jahren seine Digitalstrategie im Bereich 3D-Aufmaß. Jetzt erntet er die Früchte.

Digitalisierung ist auch im Handwerk schon länger ein wichtiges Schlagwort. Dabei hört man oft, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen in Nordrhein-Westfalen bei der digitalen Transformation ihres Geschäfts noch Luft nach oben haben. Und noch öfter ist von großen Herausforderungen und ebenso großen Chancen die Rede. Erasmus Drücker hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Chancen beim Schopf zu packen und die Herausforderungen, die das mit sich bringt, anzunehmen. Er führt seit 25 Jahren einen mittlerweile gewerkübergreifenden Spezialbetrieb für Fachwerkrestaurierung und Baudenkmalpflege mit 47 Mitarbeitern in Rietberg.

Gestartet hatte Drücker sein Unternehmen als reinen Zimmererbetrieb. Im Laufe der Zeit nahm er zusätzliche Dienstleistungen aus dem Tischler-, Maurer-, Fensterbau- und Dachdeckerbereich in sein Angebot auf und betreibt sogar ein eigenes Sägewerk. Seit vier Jahren hat er eine besondere Leidenschaft – hier wird es digital – für 3D-Aufmaße mit zugehöriger Visualisierung. Der Fachausdruck für solche Arbeiten im Baubereich lautet Building Information Modeling (BIM) und bezeichnet eine Methode zur Optimierung von Planung, Bau und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mit Hilfe digitaler Technik.

BIM spart Ressourcen

Aber was macht Drücker genau in diesem Bereich? Mit Hilfe eines 3D-Laserscanners kann er einzelne Räume von Gebäuden vermessen. Der Scanner misst selbstständig innerhalb weniger Minuten mehrere Millionen Punkte an und schafft so eine Punktwolke mit exakten Maßen. Zusätzlich fotografiert er den kompletten Raum. Mit diesen Daten lässt sich der Innenraum visualisieren (für die Außenvisualisierung eines Gebäudes kommt außerdem eine Drohne zum Einsatz). "Diese Messmethode bietet einige Vorteile", sagt Drücker. "BIM spart Ressourcen. Es ist nicht mehr nötig, dass die Handwerker aus verschiedenen Gewerken einzeln für sich den Raum ausmessen, teure Gerüstzeiten fallen aus und der Workflow auf der Baustelle kann so optimiert werden."

Aus den vielen Einzelpunktwolken eines Gebäudes kann Drücker nun eine Gesamtpunktwolke mit allen Maßen herstellen und am Computer simulieren, wie das Gebäude nach der Sanierung aussehen könnte. "Es gibt historische Gebäude, die abgerissen werden sollen, weil sich der Besitzer nicht vorstellen kann, wie ein altes Bauwerk mit modernem Wohnen verbunden werden kann. Deswegen investieren sie nicht in den Wiederaufbau", so der gelernte Tischlermeister. "Hier kann ich jetzt Abhilfe schaffen und historische Gebäude so erhalten." Genau dieser Wunsch war es, der den Innovationsprozess vor vier Jahren in Gang setzte.

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Die Optimierung geht weiter

"Wir sind jetzt dabei, die Früchte unserer Arbeit zu ernten. Aber es war ein langer und oft schwieriger Weg dorthin", erklärt Drücker. Insgesamt rund 500.000 Euro hat er investiert, um im Bereich BIM dahin zu kommen, wo er jetzt steht. Über die vier Jahre hat er verschiedene Scanner und viele Softwareprogramme ausprobiert und sich viel Know-how aneignen müssen, um am Ende den Plan eines Gebäudes mit all seinen Räumen digital erfassen zu können. "Und mit der Entwicklung stehen wir nicht am Ende. Die Optimierung des Workflows geht auch jetzt noch weiter." Was nicht heißen soll, dass die Technik noch unausgegoren ist. Ganz im Gegenteil: Schon zwei Wettbewerbe konnte der 55-Jährige mit seiner Digitalisierungsstrategie in diesem Jahr gewinnen, den "Zukunftspreis Handwerk" der Stiftung Zukunftspreis Handwerk Ostwestfalen-Lippe und den Wettbewerb "NRWirtschaft im Wandel", der von Deutschland – Land der Ideen ausgeschrieben wird.

Derzeit erwirtschaftet Drücker mit dem 3D-Aufmaß zehn Prozent seines Umsatzes und beschäftigt zehn Mitarbeiter in dem Geschäftsbereich. Aber er kann sich noch viel mehr vorstellen: "Irgendwann will ich auch in diesem Bereich mit 30 Mitarbeitern unterwegs sein." Vor kurzer Zeit hat er ein neues Büro in der historischen Altstadt Rietbergs eröffnet. "Das Büro soll eine Art Campus des Digitalen werden. Hier will ich zeigen, dass Handwerk und Digitales nichts Gegensätzliches sind." Geplant sind Seminare und Treffen zum Netzwerken – so will er auch andere Handwerker für die neue Technik begeistern. "BIM ist ein Riesenthema. Und es sollen ja alle mitmachen."

Text: / handwerksblatt.de

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