Der Chef darf bei privaten Mails nicht mitlesen.

Der Chef darf bei privaten Mails nicht mitlesen. (Foto: © Gunnar Pippel/123RF.com)

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Chef darf Privatmails nicht lesen

Betriebsführung

Arbeitnehmer können auch am Arbeitsplatz grundsätzlich ein Recht auf Schutz ihrer privaten Korrespondenz geltend machen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden.

Eine unangekündigte und unbegrenzte Kontrolle privater Emails im Job stellt einen Verstoß gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention – dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz – dar, entschied die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) am 5. September 2017.

Der Fall

Ein Rumäne war von seinem Arbeitgeber entlassen worden, weil er während der Arbeitszeit per Messenger mit seiner Verlobten und seinem Bruder private Emails ausgetauscht hatte. Für Kundenkontakte hatte die Firma zwar selber geraten, den Messenger-Dienst zu abonnieren, aber jede Benutzung zu privaten Zwecken streng verboten. Als der Chef von der privaten Nutzung erfuhr, feuerte er den Mitarbeiter und legte als Beweis eine 45-seitige Abschrift der Emails vor, die die Firma gespeichert hatte.

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Das Urteil

Die rumänischen Gerichte hatten die Kündigung noch bestätigt, der EGMR gab hingegen dem Arbeitnehmer Recht. Dem Betroffenen sei vorher nicht hinreichend klar gewesen, in welchem Ausmaß seine Internetnutzung kontrolliert wurde. Die rumänischen Gerichte hätten fehlerhaft versäumt, Maßstäbe festzulegen, wann eine solche Überwachung gerechtfertigt sein könnte oder ob nicht mildere Mittel genügt hätten. Die Privatsphäre nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention dürfe nur so weit eingeschränkt werden, wie es bei Abwägung der Interessen nötig sei, hieß es. Der EGMR verlangt: Unternehmen sollen vorab über Form und Ausmaß der Kontrolle informieren. Ohne handfesten Grund gibt es künftig keine Überwachung eines Mitarbeiters mehr. 

Obwohl das Urteil unmittelbar nur für Rumänien gilt, muss sich auch Deutschland daran halten. Hier gilt bislang: Hat der Arbeitgeber die private Nutzung ausdrücklich verboten, rechtfertigt ein Verstoß dagegen meist eine Kündigung ohne eine vorherige Abmahnung. Bei Überwachung ist man kritischer: Das Bundesarbeitsgericht sagt, dass so genannten Keylogger, die Tastatureingaben aufzeichnen, ohne begründeten Verdacht unzulässig sind und vom Arbeitgeber im Kündigungsprozess nicht verwertet werden dürfen (Az.: 2 AZR 681/16).

Text: / handwerksblatt.de

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