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Diesel: Händler muss auch Kreditkosten erstatten

Ein neues Urteil zu Schummel-Dieseln: Der Verkäufer muss auch Finanzierungskosten und vorgerichtliche Anwaltskosten des Käufers erstatten, sagt das Landgericht Koblenz.

Der Käufer eines VW mit illegaler Abschalteinrichtung hatte das Fahrzeug mittels eines Darlehens finanziert. Das Landgericht (LG) Koblenz sprach ihm Schadensersatz wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung zu. Dieses Urteil ist das erste bekanntgewordene, das den Händler neben der Erstattung des Kaufpreises (abzüglich Nutzungsentschädigung) auch zur Zahlung der Finanzierungskosten sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Käufers verdonnert.

Der Fall:

Der Käufer erwarb im November 2013 bei einem Autohaus einen VW Tiguan Sport & Style BM Tech. 2,0 l TDI für einen Kaufpreis von 32.027,30 Euro. Das Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor des Typs EA 189, der mit einer soganannten Schummel-Software ausgestattet ist. 

Der Käufer verlangt Schadenersatz in Höhe des vollen Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeuges sowie Erstattung der Kosten, die er für die Finanzierung des Fahrzeuges aufgewandt hat. Außerdem verlangt er Ersatz der Kosten für die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwaltes.

Der Käufer erklärte, er hätte das Fahrzeug bei Kenntnis der Sachlage nicht gekauft. Das Fahrzeug leide unter einem erheblichen Wertverlust. Zudem sei zu erwarten, dass es durch das Aufspielen des Software-Updates zu einem höheren Verbrauch und einem Leistungsverlust komme. Auch sei mit einer geringeren Lebensdauer des Rußpartikelfilters sowie des Motors selbst zu rechnen.

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Das Urteil:

Das Landgericht Koblenz stellte sich auf die Seite des AutokäufersRückenwind für die geschädigten VW-Kunden kommt auch vom Bundesgerichtshof ➔ hier die Meldung lesen!
Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist ebenfalls auf ihrer Seite: Es teilte in einem Hinweisbeschluss vom 5. März 2019 (zu Az. 13 U 142/18) mit, dass es einer Schadensersatzklage gegen VW voraussichtlich stattgeben wird, da die Richter davon ausgehen, dass VW die Kunden durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat. Auch das OLG Köln hat einem VW-Kunden im Januar Schadensersatz zugesprochen ➔ hier die Meldung lesen!
. Wie schon zahlreiche andere Gerichte ist es der Auffassung, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei. Bereits hierdurch sei der Kläger geschädigt, da der erworbene PKW von den Erwartungen des Klägers als Erwerber abweiche. Auch habe der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass er das Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er von dieser Software Kenntnis gehabt hätte.

Die VW-AG hafte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Die "besondere Verwerflichkeit des Verhaltens" begründe sich aus dem Umstand, dass "der größter Fahrzeughersteller und -Exporteur Deutschlands diese für Käufer höchst relevanten rechtswidrigen Motormanipulationen in einer Vielzahl von Fällen vorgenommen und verschwiegen habe".

Bewusste Täuschung aus übersteigertem Gewinnstreben

Hierin zeige sich ein "übersteigertes Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden". Denn Ziel der Manipulation könne es nur gewesen sein, Wettbewerbsvorteile in Gestalt weiterer Abschlüsse von Kaufverträgen zu generieren, welche bei Offenlegung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht abgeschlossen worden wären.

Der Händler muss gegen Rückgabe des Fahrzeuges den gezahlten Kaufpreis plus Zinsen erstatten. Hiervon sei eine Entschädigung für die Nutzung des VW abzuziehen.

Der Händler muss außerdem die Kreditkosten des Kunden von 2.654,50 Euro ersetzen,denn diese stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages. Erstattungsfähig als weiterer Teil des Schadensersatzes seien auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Käufers, so das Gericht.

Landgericht Koblenz, Urteil vom 27.02.2019, Az. 15 O 331/17 (nicht rechtskräftig)

Seit Jahren beschäftigt der Dieselskandal nicht nur die Autobauer und deren Kunden, sondern massiv auch die Gerichte. Im Jahr 2018 sind bei dem LG Koblenz 945 Verfahren neu eingegangen, die sich allein gegen VW richten. Bei einem Geschäftsanfall 2018 in Zivilsachen bei dem LG Koblenz von insgesamt 4.505 Verfahren entfallen damit rund 21 Prozent auf den Dieselskandal. Zu prüfen ist dabei jeder Einzelfall gesondert mit erheblichem Personal- und Zeitaufwand.
Das Thema wird die Gerichte auch weiter beschäftigen. Allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2019 sind bei dem LG Koblenz weitere 173 Verfahren gegen diesen Autohersteller neu eingegangen. Sollten die Eingänge in dieser Höhe weiter anhalten, bedeutete dies für 2019 wiederum mehr als 1.000 neue Verfahren. Damit sind alleine für diese Verfahren knapp sechs Richter mit ihrer vollen Arbeitskraft erforderlich, das sind bei dem LG Koblenz zwei Zivilkammern.

 

Text: / handwerksblatt.de

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