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Jede Form der Altersvorsorge lohnt sich - der größte Fehler bei der Altersvorsorge sei es, nicht vorzusorgen. (Foto: © stylephotographs/123RF.com)

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Rente: Nix tun ist das Schlimmste!

Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sich mit der Rente beschäftigen, Nichtstun ist der schlimmste Fehler. Wir haben drei Experten gefragt: Was sind die besten Tipps, was sind die größten Fehler beim Thema Rente?

Eigentlich weiß es jeder: Die gesetzliche Rente wird im Alter nicht reichen, man sollte unbedingt vorsorgen. Doch bis zum Ruhestand ist es noch lange hin und das Geld wird meist für die laufenden Ausgaben gebraucht. Dazu kommt die Verwirrung angesichts der vielen verschiedenen – und oft schwer durchschaubaren – Altersvorsorgeprodukte und den zahlreichen kritischen Berichten über Riester, Rürup und Co. Die niedrigen Zinsen sorgen außerdem für frustrierende Renditen und schnell schieben Arbeitnehmer und Unternehmer das Thema Altersvorsorge auf die lange Bank.

Private Altersvorsorge ist unverzichtbar

Eine gefährliche Entscheidung! Denn wer im Alter einigermaßen sorgenfrei leben will, muss privat vorsorgen. Und alle Experten sind sich einig: Der größte Fehler beim Thema Altersvorsorge ist, nicht vorzusorgen. "Egal, ob Arbeitnehmer oder Selbstständiger: Für alle gilt, sich frühzeitig mit dem Thema zu beschäftigen", betont Jörg Hagedorn, Abteilungsleiter Soziale Sicherung im Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Hagedorn ist einer der drei Referenten bei einer Informationsveranstaltung der Handwerkskammer Düsseldorf für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Handwerk am 20. März. Sein Thema ist die Betriebliche Altersvorsorge, bei der es in den vergangenen Monaten neue Entwicklungen gab. Denn die Bundesregierung hat vor kurzem das Betriebsrentenstärkungsgesetz auf den Weg gebracht. Damit soll im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge ein neues steuerliches Fördermodell für Geringverdiener eingeführt werden, das Gesetz soll zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.

Zusätzliche Altersvorsorge lohnt sich in jedem Fall

Dazu gehört, dass die steuerfreien Zuzahlungen an Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen angehoben werden. Bei der Grundsicherung im Alter werden freiwillige Zusatzrenten wie Betriebs- und Riesterrenten bis zu 202 Euro anrechnungsfrei bleiben und die Grundzulage bei der Riester-Rente angehoben werden, erklärt der ZDH-Experte: "Damit wird ein wichtiges Signal gesetzt, dass sich zusätzliche Altersvorsorge in jedem Fall lohnt."

Das Deutsche Handwerksblatt hat zwei Referenten der Veranstaltung und die Leiterin der Betriebsberatung der Handwerkskammer Düsseldorf gefragt: Was sind Ihre Tipps zum Thema Altersvorsorge?
 

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Alle Informationen zur Veranstaltung "Meine Zukunft – Deine Zukunft. Die richtige Altersvorsorge für Menschen im Handwerk" in der Handwerkskammer Düsseldorf am 20. März finden Sie in diesem Beitrag.

Das rät die Verbraucherzentrale NRW

Was sind die drei größten Fehler bei der Altersvorsorge?

  1. Viele Menschen informieren sich nicht, wie viel Geld ihnen im Alter fehlt, also wie groß ihre Rentenlücke ist. Und sie fangen nicht früh genug mit privater Altersvorsorge an. Wer über 50 ist, hat es schwer, bis zur Rente größere Summen zu sparen.
  2. Frauen, die nicht oder Teilzeit arbeiten, lassen sich häufig keine eigene Altersvorsorge aus dem Verdienst des Ehemanns finanzieren. Vor allem im Scheidungsfall droht ihnen dann Altersarmut.
  3. Verbraucher sorgen oft mit den falschen Produkten vor. So raten wir ab von Kapitallebens- und Rentenversicherungen, weil Kunden hohe Abschlusskosten für Vermittler zahlen müssen. Zudem sind solche Policen wenig flexibel und mit einem Garantiezins von 0,9 Prozent nicht attraktiv. Generell sollte man Versicherungs- und Sparprodukte trennen. Wollen Sie Ihre Familie absichern und haben eine Immobilie abzuzahlen, fahren Sie besser mit einer günstigen Risiko-Lebensversicherung und einem separaten Sparprodukt statt mit einer Kapitallebensversicherung.

Was sind die drei besten Tipps für die Altersvorsorge?

  1. Erst existenzielle Risiken absichern mit Privathaftpflicht- und Berufsunfähigkeitsversicherung. Dann Kredite zurückzahlen: Deren Zinsen sind meist höher als die für aktuelle Anlagen. Und zwei bis drei Nettogehälter als Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto bunkern.
  2. Angesichts der Niedrigzinsen kommen Sie nicht um Aktien herum, wenn Sie langfristig fürs Alter sparen und vernünftige Renditen erzielen wollen. Um breit zu streuen und das Risiko gering zu halten, eignen sich günstige Sparpläne mit Aktien-Indexfonds (ETF). Schichten Sie einige Jahre vor Rentenbeginn Teile des Ersparten in sicherere Anlagen um.
  3. Wollen Sie null Risiko eingehen, eignen sich Banksparpläne. Das Geld ist sicher, es gibt keine Abschlusskosten. Aber der Zins ist sehr niedrig. Sinnvoll ist auch eine selbst genutzte Immobilie, wenn sie bis Rentenstart abbezahlt ist. Ob sich betriebliche Altersvorsorge oder Förderprodukte wie Riester rechnen, dazu sollten Sie sich unabhängig beraten lassen, zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen.

Und wenn das Geld nicht reicht?

Das Problem zurzeit: Einnahmen aus privater Altersvorsorge wie einer Riester-Rente werden voll auf die Grundsicherung im Alter angerechnet. Damit stockt der Staat niedrige Renten auf, wenn jemand sonst unter Sozialhilfe-Niveau läge. Bei der Anrechnung plant der Gesetzgeber aber wohl bald höhere Freibeträge, damit sich Altersvorsorge auch für Geringverdiener lohnt. Generell gilt: Auch Menschen mit wenig Einkommen sollten Geld fürs Alter beiseitelegen, wann immer es möglich ist. Das kann auf einem Tagesgeldkonto sein. Bei langen Spar-Zeiträumen können aber auch Geringverdiener ein risikoreicheres Produkt wählen, um mehr Rendite zu erzielen. So gibt es Sparpläne auf Aktien-ETF schon ab 25 Euro im Monat oder 50 Euro im Quartal. Und man kann die Zahlungen jederzeit unterbrechen, wenn das Geld knapp ist.

Stephanie Heise ist Bereichsleiterin Verbraucherfinanzen und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Verbraucherzentrale NRW

Das rät die Handwerkskammer Düsseldorf

Was sind die drei größten Fehler bei der Altersvorsorge?

  1. Wir beobachten im Moment, dass vor allem die jüngeren Menschen – Arbeitnehmer wie Selbstständige – das Thema sehr gerne aufschieben. Man will über das Einkommen jetzt verfügen, jetzt davon leben und sich Wünsche erfüllen. Das Alter ist noch so weit weg. Und wer kann schon versprechen, dass das heute gesparte Geld in der fernen Zukunft noch etwas wert ist?
  2. Auch wegen der aktuell so niedrigen Zinsen wird derzeit schnell der Rat zur frühzeitigen Altersvorsorge verworfen. Dabei werden dann sämtliche Vorteile langer Laufzeiten verschenkt.
  3. Jungunternehmer wollen in den ersten Jahren der Selbstständigkeit jeden Euro Liquidität für den Aufbau der betrieblichen Existenz verwenden. Das ist verständlich und für die Anfangszeit sicherlich auch in Ordnung so. Umso wichtiger ist dann aber, dass Selbstständige die Kosten ihrer persönlichen Absicherung trotzdem von Anfang an in ihrer Preiskalkulation berücksichtigen. Leider verzichten vor allem viele Soloselbstständige auf diesen Gewinnbestandteil, um sich mit möglichst niedrigen Stundenverrechnungssätzen einen Platz am Markt zu sichern. Damit schaden sie sich dann doppelt.

Was sind die drei besten Tipps für die Altersvorsorge?

  1. Das Thema Altersvorsorge ist mit sehr viel Unsicherheit behaftet. Wie macht man es richtig? Was bringt am meisten? Was ist am sichersten? Da hilft nur eines: Information und Beratung von Fachleuten. Dabei ist es wichtig, nicht nur eine Meinung zu hören, aber möglichst auch neutrale Ansprechpartner zu fragen.
  2. Außerdem sollte man sich nicht nur auf ein Produkt verlassen. Wenn man die Möglichkeit hat, auf verschiedene Arten zu sparen, sollte man das tun.
  3. Dranbleiben ist ebenso wichtig. Die Bedingungen, unter denen ich Altersvorsorgemaßnahmen treffe, orientieren sich an der jeweiligen Zeit, an den gerade geltenden eigenen Lebensumständen und an den Annahmen, die wir heute für die Zukunft treffen. Aber das ändert sich über die Jahre und Jahrzehnte bis zu unserem Rentenalter. So müssen wir sicherlich auch von Zeit zu Zeit unsere Altersvorsorge anpassen.

Und wenn das Geld nicht reicht?

Ich hoffe, dass es jedem Erwerbstätigen möglich ist und wird, mindestens einen kleinen Beitrag regelmäßig und konsequent zu sparen.

Claudia Schulte ist Leiterin Unternehmensberatung Betriebswirtschaft bei der Handwerkskammer Düsseldorf

Das rät der Zentralverband des Deutschen Handwerks

Was raten Sie Handwerkern beim Thema Altersvorsorge?

Die zusätzliche Altersvorsorge – ergänzend zur gesetzlichen Rentenversicherung – wird für Beschäftigte immer wichtiger. Und sie wird vom Staat gefördert: Zum Beispiel mit der Riester-Rente und der betrieblichen Altersvorsorge (hier insbesondere die Entgeltumwandlung). Daneben gibt es noch weitere Sparformen für das Alter, das kann zum Beispiel eine Lebensversicherung oder Wohneigentum sein. Letzteres wird als "Wohn-Riester" auch im Rahmen der Riester-Rente gefördert.

Welchen Weg ein Beschäftigter wählt, muss er selbst entscheiden. Er sollte sich daher umfassend beraten lassen – etwa von den Versorgungswerken des Handwerks – und seine Präferenzen genau prüfen, zum Beispiel, wie viel Risiko er mit seiner Vorsorge eingehen will und ob er noch zusätzliche Absicherungen benötigt, etwa einen Hinterbliebenen- oder Berufsunfähigkeitsschutz. Auch sollte sich jeder möglichst früh in seinem Erwerbsleben für eine ergänzende Vorsorge entscheiden, denn je länger Beiträge entrichtet werden, umso mehr zahlt es sich in der Regel am Ende aus. Für viele Selbstständige im Handwerk gilt eine Besonderheit: Sie sind unter bestimmten Voraussetzungen per Gesetz versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung (Handwerkerrentenversicherung). Sie können sich aber auf Antrag von der Versicherungspflicht befreien lassen, wenn sie mindestens 18 Jahre (216 Kalendermonate) Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht sollte aber gut überlegt sein, da damit Ansprüche auf die Riester-Förderung, auf die Rente wegen Erwerbsminderung oder Reha-Leistungen verloren gehen können. Auch hier ist eine Beratung zu empfehlen.

Jörg Hagedorn ist Abteilungsleiter Soziale Sicherung beim ZDH

Text: / handwerksblatt.de