Produkte und Dienstleistungen von deutschen Handwerkern haben international einen guten Ruf. Auch kleinere Betriebe können das nutzen, um sich im Ausland zu engagieren.

Produkte und Dienstleistungen von deutschen Handwerkern haben international einen guten Ruf. Auch kleinere Betriebe können das nutzen, um sich im Ausland zu engagieren. (Foto: © Felix Pergande/123RF.com)

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Handwerk kennt keine Grenzen

Produkte und Dienstleistungen von deutschen Handwerkern haben international einen guten Ruf. Auch kleinere Betriebe können das nutzen, um sich auf Auslandsmärkten zu engagieren.

Das deutsche Handwerk ist nicht nur im eigenen Land beliebt. Auch international hat es für die Qualität seiner Dienstleistungen und Produkte einen guten Ruf – der Slogan "Made in Germany" hat im Ausland immer noch Gewicht. Auch kleine und mittlere Handwerksunternehmen können das für sich nutzen und auf internationalen Märkten nach Kunden suchen, sei es für den Dienstleistungs- oder den Warenexport. Betriebe, die sich mit einem Engagement auf fremden Märkten langfristig ein zweites Standbein aufbauen wollen, sollten ihren Einsatz aber nicht überstürzen, sondern intensiv vorbereiten, um nachhaltigen Erfolg zu erzielen.

Zunächst einmal heißt es Informationen sammeln: Welche Dienstleistung oder welches Produkt hat auf internationalen Märkten Chancen? Welche Märkte kommen in Frage? Gibt es Zugangsvoraussetzungen? Woher bekomme ich Marktinformationen? Wo kann ich Unterstützung für meinen Auslandseinsatz bekommen? Die Außenwirtschaftsberater der Handwerkskammern stellen für viele Länder kostenlose Merkblätter und weitergehende Informationen zur Markterschließung, Dienstleistungserbringung und zum Warenexport bereit, geben individuelle Hinweise und Tipps bei der Auftragsabwicklung, auf Wunsch auch vor Ort im Betrieb. Zusätzlich gibt es im Internet einige zum Teil kostenpflichtige Informationsangebote (gtai.de, ixpos.de, auswaertiges-amt.de, ahk.de, een-deutschland.de).

Verschiedene Modelle für den Markteintritt

Neben der Marktfindung und -analyse gehört zur strategischen Planung eines außenwirtschaftlichen Engagements auch die Selbstanalyse. Dazu gehört nicht nur die Frage nach einem möglichen Produkt für den Auslandsmarkt, sondern auch die Prüfung eigener Ressourcen (wie Finanzen oder Mitarbeiter) und Kompetenzen. Die Ergebnisse der Selbstanalyse helfen dabei, passende Märkte und Kundenkreise bei der Soll-Analyse zu identifizieren. Hier geht es um die Zielmärkte und die zugehörigen Marktchancen, Branchentrends und interkulturelle und sprachliche Bedingungen.

Checkliste Selbstanalyse

Dienstleistungen, Produkte
- Welche Dienstleistungen oder Produkte kommen für das Auslandsgeschäft in Frage?
- Welche Wettbewerbsvorteile gegenüber einheimischen Betrieben gibt es (Produkteigenschaften, Kosten, Qualität, Innovationen)?
- Verfügen Sie über internationale Patente, Gebrauchs- oder Geschmacksmuster?
- Werden auf dem ausländischen Markt ­übliche Normen eingehalten?
- Verfügen Sie über die notwendigen ­Zertifizierungen, die von Kunden vor Ort verlangt werden?

Personal
- Haben Sie die nötigen Personalressourcen, um ein Auslandsgeschäft zu beginnen?
- Wie erfahren sind Ihre Mitarbeiter mit der Abwicklung von Exporten?
- Haben Ihre Mitarbeiter Kenntnisse in ­Fremdsprachen?
- Haben Ihre Mitarbeiter bereits Erfahrungen im Ausland und mit interkulturellen ­Unterschieden?

Vertrieb
- Welche Vertriebswege versprechen für Ihr Unternehmen den größten Erfolg?
- Wie können Kunden angesprochen und ­betreut werden?
- Wie sieht die Kundenstruktur aus?
- Welche Leistungen erwarten die Kunden?
- Welche Referenzen können Sie vorweisen?
- Sind öffentliche Aufträge ein mögliches ­Tätigkeitsfeld?

Quelle: LGH

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Ein Engagement im Ausland muss nicht immer gleich aussehen. Es gibt verschiedene Modelle für den Markteintritt, mit denen man erfolgreich sein kann. Dazu gehört der Export von Dienstleistungen oder Waren, hier kümmert sich der deutsche Unternehmer um alle Aspekte der Geschäftsabwicklung selbst. Anders ist das bei sogenannten Huckepackexporten. Dabei übernimmt ein Handwerksbetrieb den Auftrag eines anderen, meist größeren, deutschen Unternehmens und gelangt als Subunternehmer huckepack ins Ausland – in diesem Fall oft ohne längere strategische Planungen im Voraus.

Zeitaufwand und Risiken aufteilen

Verschiedene Betriebe (nur deutsche oder deutsche und ausländische) können sich aber auch gleichberechtigt zusammentun und eine gewerkespezifische oder -übergreifende Kooperation eingehen oder ein Joint Venture, also ein gemeinsames Unternehmen (meist mit einem ausländischen Partner vor Ort) gründen. Der Vorteil: Kosten für Organisation und Koordination, Zeitaufwand und Risiken können aufgeteilt werden.
Auch ein Vertriebspartner im Ausland kann dem deutschen Betrieb helfen. Er kennt den Markt und die potenziellen Kunden gut, allerdings steht und fällt alles mit seinem Einsatz und Erfolg (am besten Rechte und Pflichten genau vertraglich festschreiben). Erreicht das Auslandsengagement einen größeren Umfang, kann eine Niederlassung vor Ort sinnvoll sein. Eine solche ständige Präsenz am Markt ist allerdings mit hohen Kosten verbunden und rechnet sich nur bei einem langfristigen Engagement. So bleiben aber Verkaufskonzept, Kundenwerbung und -betreuung in eigener Hand.

Checkliste Marktanalyse

Auslandsmarkt
- Wie sehen die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Zielland aus?
- Wie sind die konjunkturellen Perspektiven im Zielland?- Wie sind die aktuelle Marktstruktur und die Zukunftsaussichten in der Branche?
- Wie ist das Preisniveau für vergleichbare Dienstleistungen/Produkte?
- Welche Preise können für die eigenen ­Angebote erzielt werden?

Zielgruppe
- Wer gehört zur Zielgruppe?
- In welcher Zusammensetzung ist diese ­Zielgruppe im Zielland zu finden?
- Welche Anforderungen hat die Zielgruppe an vergleichbare Dienstleistungen/Produkte?
- Wie kann man die Zielgruppe am besten ansprechen?

Wettbewerber
- Wer sind direkte/indirekte Mitbewerber?
- Wie viele Mitbewerber gibt es?
- Welche Unternehmensstrukturen ­(Mitarbeiter, Umsatz, Marktanteil) haben die Mitbewerber?
- Welche Preisstrategien nutzen die ­Mitbewerber?
- Welche Absatzkanäle benutzen die ­Mitbewerber?
- Welchen Service bieten die Mitbewerber ihren Kunden?

Quelle: LGH

Die Ergebnisse der Analysen können in ein (möglichst mehrsprachiges) Firmenprofil münden. Zusätzlich mit ebenfalls mehrsprachigen Visitenkarten, Unternehmensbroschüren und Websites erleichtert dies mitunter die Kontaktanbahnung – einerseits zu möglichen Kunden, aber auch zu Betrieben vor Ort, mit denen sich eine Zusammenarbeit anbietet. Zu diesem Zweck bieten sich Unternehmerreisen, Kooperationsbörsen, Messebesuche oder Firmengemeinschaftsstände auf Auslandsmessen an. Oft sind solche Maßnahmen gefördert, so dass der finanzielle Aufwand dafür im Rahmen bleibt.


Bevor das Auslandsengagement beginnt, sollten sich die Unternehmer über möglicherweise notwendige Anmelde- und Genehmigungspflichten informieren. Trotz der in der Europäischen Union geltenden Dienst- und Niederlassungsfreiheit gibt es auch hier in einigen Ländern solche Pflichten. Besonders in gefahrengeneigten Berufen werden oft weitere Qualifikationen (manchmal sogar in der Landessprache) gefordert. Entsendet der Betrieb Arbeitnehmer, gilt es, die speziellen Notwendigkeiten hinsichtlich der Sozialversicherung, der Lohnsteuer und der vor Ort geltenden Tarifverträge mit den entsprechenden Mindestlöhnen zu beachten.

Innerhalb der EU bleiben entsandte Mitarbeiter in Deutschland sozialversicherungspflichtig, wenn die Entsendung nicht länger als zwei Jahre dauert. Ansonsten sind die Arbeitnehmer grundsätzlich im Zielland versicherungspflichtig. Die Lohnsteuer gilt eine kürzere Frist. Sie kann weiter im Inland abgeführt werden, wenn sich der Mitarbeiter nicht länger als 183 Tage im Kalenderjahr im Zielland aufhält (Achtung: hier gilt die Anwesenheit, nicht die Dauer der Tätigkeit).

Achtung bei der Umsatzsteuer

Bei der Umsatzsteuer kommt es darauf an, welche Leistung die Handwerker erbringen und wer sie in Anspruch nimmt. Für Warenlieferungen gelten andere Regeln als für Dienstleistungen, für Privatkunden andere als für gewerbliche Kunden. Erste Voraussetzung bei grenzüberschreitenden Umsätzen: Unternehmen müssen über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügen. Sie wird kostenlos beim Bundeszentralamt für Steuern beantragt. Warenlieferungen, die aus Deutschland an einen steuerpflichtigen Unternehmer im EU-Ausland gehen (innergemeinschaftliche Lieferungen), sind von der Umsatzsteuer befreit. Das heißt, der Empfänger hat die Steuer zu zahlen – und zwar nach dem Satz des Bestimmungslandes. Der deutsche Handwerker kann seinem Kunden in diesen Fällen eine Nettorechnung ausstellen (mit beiden Umsatzsteuer-Identifikationsnummern und dem Hinweis auf die Steuerfreiheit der Lieferung).

Bei Warenlieferung an Privatpersonen gilt prinzipiell das Umsatzsteuerrecht des Landes, in dem die Beförderung der Ware beginnt. Aber: Überschreitet der Gesamtbetrag der jährlichen Lieferungen in das jeweilige Zielland eine bestimmte Schwelle (die Höhe der Lieferschwelle ist von Land zu Land unterschiedlich), muss sich der deutsche Lieferant zur Umsatzsteuer des Ziellandes regis-trieren und diese auch berechnen. Achtung: Überschreitet der Gesamtbetrag der jährlichen Käufe durch den ausländischen Privatkunden eine bestimmte Erwerbsschwelle, so muss sich der Kunde im Heimatland zur Umsatzsteuer registrieren lassen. Der deutsche Lieferant stellt in diesem Fall keine Umsatzsteuer in Rechnung.

Zollformalitäten beachten

Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen kann der Handwerksunternehmer in einigen Bereichen die Steuerschuld umkehren, wenn er Aufträge für gewerbliche Kunden erledigt. Dann greift das Reverse-Charge-Verfahren. Damit liegt die Steuerschuld nicht mehr beim Leistungserbringer, sondern beim -nehmer. Der Kunde bekommt also eine Netto-Rechnung mit dem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld nach dem Reverse-Charge-Verfahren. Arbeitet der Handwerker für Privatkunden, bleibt er steuerpflichtig. Er muss dann aber den Steuersatz des Bestimmungslandes abführen. Er muss sich dort registrieren und das Geld an das Finanzamt des jeweiligen Mitgliedstaates überweisen.

Zu erledigende Zollformalitäten gibt es innerhalb der europäischen Gemeinschaft nur in Ausnahmefällen. Beim Export von Waren in Drittländer gibt es aber Regeln zu beachten: Ab einem Warenwert von 1.000 Euro muss dem Spediteur eine Ausfuhrerklärung mitgegeben werden. Mit der Internet-Ausfuhr-Anmeldung (IAA-Plus) geht das mittlerweile online. Dort werden Dinge abgefragt wie die zuständige Zollstelle, Angaben über die Packstücke, Warenbezeichnung, Lieferbedingungen und Warentarifnummer. Die Erklärung ist mindestens 24 Stunden vor der Abholung der Ware abzugeben. Die Ausstellung eines Ursprungszeugnisses ist erforderlich, wenn der ausländische Kunde dies wünscht oder die Einfuhrbestimmungen des Landes es fordern. Beantragen kann man es bei Handwerks- und Handelskammern.

Vertragsrecht
Vertragspartner aus anderen Ländern un­terliegen nicht selten einer anderen ­Rechtsordnung. Um keine ­Überraschungen zu erleben, sollten sich Unternehmer ­besonders auch in diesem Bereich gut informieren, bevor sie auf fremden Märkten aktiv ­werden – Rechtsanwälte mit entsprechendem ­Länderschwerpunkt können hier eine große Hilfe sein. Hierbei geht es um Fragen bezüglich der allgemeinen Geschäftsbedingungen, Rechtswahl, Gerichtsstand, Gewährleistungs­pflicht und Produkthaftung. Über die ­Anwaltsauskunft des Deutschen Anwaltsvereins können Sie im Internet nach einem ­Anwalt mit dem ­passenden Länderschwerpunkt ­suchen.
anwaltsauskunft.de


Dass deutsche Handwerksbetriebe sich mit einem Engagement auf fremden Märkten ein zweites, mitunter sehr lukratives Standbein schaffen können, ist nichts Neues. Dass viele Unternehmen in diesem Bereich ein beachtliches Know-how aufgebaut haben und auch entsprechend erfolgreich im Ausland arbeiten, dürfte auch niemanden überraschen. Dass Betriebe schon mit dem Gedanken starten, den größten Teil des Umsatzes nicht in Deutschland, sondern in anderen Ländern zu erwirtschaften, ist vielleicht nicht neu, aber es ist ungewöhnlich. Torsten Garlipp ist ein solcher Querdenker. Er ist Geschäftsführer der Vysion-Aset GmbH, die EMSR-Anlagen und Automatisierungsprojekte plant, errichtet und wartet.

"Ich habe über 20 Jahre bei einem großen Anlagenerrichter gearbeitet und mich vor knapp zwei Jahren selbstständig gemacht", berichtet Garlipp. "Schon in der Gründungsphase habe ich wegen des großen Verdrängungswettbewerbs nicht mit vielen Aufträgen aus der Region gerechnet. Ich sah damals schon das größte Potenzial im Auslandsgeschäft." Er war bereits in den Niederlanden tätig und ist aktuell in Polen und Luxemburg aktiv. Dort erwirtschaftet er mit etwa 70 Prozent den Löwenanteil seines Umsatzes. Eine Voraussetzung für den Erfolg ist die Belegschaft. Keiner der 18 Mitarbeiter hat ein Problem damit, auf Montagereise zu gehen, obwohl die auch schon mal mehrere Monate (mit zwischenzeitlichen Heimreisen) dauern können. "Diese Reisetätigkeit schreckt viele ab, deswegen ist es nicht einfach, qualifizierte Mitarbeiter zu finden." Erst mit dieser Bereitschaft konnte Garlipp seine außen­wirtschaftlichen Pläne umsetzen.

Vorbereitung für ein Auslandsengagement ist ein Muss

Aber auch wenn außenwirtschaftliche Tätigkeiten von Beginn an Teil des Geschäftsmodells sind, bedarf es natürlich einiger Vorbereitung für ein Auslandsengagement. "Egal in welches Land wir gehen, wir erkundigen uns vorher, welche Besonderheiten gelten. EU ist nicht gleich EU. Es ist leider erschreckend, wie unterschiedlich die Bedingungen sind, um Auslandsaufträge zu realisieren. Bevor ein Mitarbeiter ins Ausland reist, werden alle Randbedingungen und Anforderungen geklärt", sagt Garlipp. Bei den Vorbereitungen sei die Beratung der Handwerkskammer eine starke Unterstützung – egal um welches Land es geht. Wie viele Mitarbeiter auf einer Baustelle im Ausland tätig sind, hängt von der Größe des Auftrags ab. Hinzu kommt Personal von Netzwerkpartnern und Sub­unternehmern, die alle auch in Deutschland ansässig sind.

Qualität, Flexibilität, hervorragende Fachkompetenz und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sind aus Sicht Garlipps die Asse im Ärmel der deutschen Handwerker im Vergleich mit den Kollegen vor Ort. Hier spüre man besonders die Vorteile des dualen Ausbildungssystems in Deutschland. "Meine Mitarbeiter haben sich über die Jahre wirklich breit qualifiziert. So brauchen wir nicht für jede kleine Arbeit einen neuen Spezialisten." In Sachen Sprache seien die Barrieren auch nicht hoch: Teilweise komme man in den Niederlanden und Luxemburg mit Deutsch schon sehr weit. "Meine Mitarbeiter sind aber auch fit im Englischen, deswegen können wir uns in den Ländern, in denen wir tätig sind, problemlos verständigen." Mit den richtigen Mitarbeiten lässt sich auch ein ungewöhnliches Geschäftsmodell erfolgreich umsetzen.

Text: / handwerksblatt.de