Deutsche Produkte und Dienstleistungen haben im Königreich Schweden einen guten Ruf. Für deutsche Handwerker eine gute Chance auf dem ausländischen Markt fuß zu fassen.

Deutsche Produkte und Dienstleistungen haben im Königreich Schweden einen guten Ruf. Für deutsche Handwerker eine gute Chance auf dem ausländischen Markt fuß zu fassen. (Foto: © pockygallery/123RF.com)

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Schweden: ein Königreich für Handwerker

Schweden bietet gute Voraussetzungen für ein grenzüberschreitendes Engagement. Eigene Fachkräfte sind rar, die Bevölkerung verfügt über eine hohe Kaufkraft und deutsche Produkte und Dienstleistungen sind sehr beliebt.

Immergrüne Wälder, zahlreiche Seen, malerische Küste – nicht zuletzt wegen der unberührten Natur ist Schweden bei deutschen Urlaubern sehr beliebt. Für deutsche Unternehmer kann aber auch die Marktlandschaft reizvoll sein – besonders auch für Handwerker.

Deutsche Produkte und Dienstleistungen haben in dem Königreich einen guten Ruf und die Bevölkerung verfügt über eine hohe Kaufkraft. Zudem herrscht in vielen Handwerkssparten Fachkräftemangel. Die Voraussetzungen für ein grenzüberschreitendes Engagement sind also nicht die schlechtesten.

Schwedische Firmen brauchen länger

"Einen Fachkräftemangel gibt es dort definitiv", bestätigt Jens Pfalzgraf. Auftraggeber hätten es schwer, schnell einen Termin zu bekommen, so der Geschäftsführer der Haff Zimmerei in Eggesin. Kürzlich waren vier Handwerker der Zimmerei zum ersten Mal in Schweden tätig und haben dabei gute Erfahrungen gemacht.

Sie haben in Dalby die Holzkonstruktion für ein Fachwerkhaus gefertigt – eine Woche haben sie dafür gebraucht. "Der Bauherr sagte uns, dass das mit einer schwedischen Firma mindestens drei Wochen gedauert hätte." Auch deswegen seien deutsche Handwerker in Schweden gern gesehene Gäste.

Bei der Vorbereitung muss man drei Komplexe unterscheiden

Mit dem Auftrag in Schweden hat der Handwerksbetrieb aus Eggesin nicht seine ersten Erfahrungen auf fremdem Märkten gemacht. Zuvor war er über drei Jahre in Norwegen engagiert. "Das war relativ kompliziert", berichtet Pfalzgraf. Da Norwegen nicht Mitglied in der Europäischen Union (EU) ist, ist der Arbeitsaufwand höher, den Unternehmer für Anmeldungen, Genehmigungen oder Zulassungen betreiben müssen.

"In Schweden war das sehr unkompliziert." Trotzdem sollte ein deutsches Handwerksunternehmen sich über einige Dinge informieren, bevor es dort einen Arbeitseinsatz startet. "Bei der Vorbereitung muss man drei Komplexe unterscheiden", erklärt Achim Kampf von Germany Trade and Invest. "Erstens Zulassungs- und Genehmigungspflichten, zweitens arbeitsrechtliche Aspekte und schließlich steuerliche Fragen", so der Senior Manager im Bereich Recht weiter.

Genehmigungen und Zulassungspflichten

Eine Gewerbeanmeldung in Schweden ist nicht erforderlich. EU-Bürger brauchen keine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis, wenn sie sich weniger als durchgehend drei Monate im Königreich aufhalten. Diese Dreimonatsfrist beginnt bei jeder Einreise von neuem. Dauert ein Aufenthalt länger, muss eine Genehmigung bei der Migrationsbehörde (Migrationsverket) beantragt werden.

Solange die Entsendung nicht länger dauert als 24 Monate, bleibt der jeweilige Mitarbeiter in Deutschland sozialversichert. So im Grundsatz die Regelungen der EU-Verordnung 883/2004. Dies gilt allerdings nicht, wenn er einen anderen Mitarbeiter ablöst und die Entsendezeiten zusammengenommen über 24 Monate liegen. Als Nachweis dient der Vordruck A1. Er kann bei den jeweiligen Krankenkassen beantragt werden.

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Arbeitsschutzbestimmungen sind zwingend zu beachten

Nicht alle Handwerker dürfen ohne Weiteres jede Arbeit ausführen. Gerüstbau- oder etwa Elektroinstallationsarbeiten zum Beispiel sind vorab zulassungspflichtig (siehe "Pflichten bei der Zulassung"). "Außerdem verlangen viele Auftraggeber branchenspezifische Zertifikate, die nicht immer auch rechtlich vorgeschrieben sind", so Kampf. Beispielsweise für Sanitärarbeiten kann eine freiwillige schwedische Branchenlegitimation hilfreich sein.

Pflichten bei der Zulassung:

Elektriker brauchen eine Zulassung von der zuständigen Behörde (Elsäkerhetsverket). Es gibt drei verschiedene Kategorien: AB für Installationsarbeiten im Hochspannungsbereich/Starkstrom (ab 1.000 Volt); ABL für Arbeiten im Niederspannungsbereich (bis 1.000 Volt); BB für eine begrenzte Zulassung. Neben dem Antrag sind außerdem beizufügen: Beglaubigte Kopie des Gesellen- und Meisterprüfungszeugnisses, Nachweise der Berufspraxis, EU-Bescheinigung der deutschen Handwerkskammer. Die Bearbeitung dauert in der Regel vier bis sechs Wochen.
elsakerhetsverket.se

Gerüstbauer brauchen für ihre Tätigkeit in Schweden eine Bescheinigung mit Ausbildungsnachweis. Eine Ausbildung, die den schwedischen Forderungen entspricht, wird anerkannt. Bevor ein Gerüst gebaut, abgebaut, geändert oder genutzt wird, muss ein schriftlicher Arbeitsplan vorliegen. Sowohl die Person, die den Plan erstellt, als auch der Arbeitsleiter und die Gerüstbauer vor Ort müssen ausreichende Kenntnisse nachweisen. Wird ein Gerüst auch von weiteren Unternehmen genutzt, muss es von einer bevollmächtigten Einrichtung kontrolliert und genehmigt werden.
av.se

swedac.se/en
In Schweden gibt es keinen gesetzlichen Mindestlohn. Allerdings liegt die Tarifbindung bei über 90 Prozent. Insbesondere Bauunternehmen werden von Gewerkschaften zum Abschluss von Haustarifverträgen angehalten (siehe Kasten "Tarifbindung"). Zwingend zu beachten seien die Arbeitsschutzbestimmungen, die in Schweden gelten, betont Kampf. Dafür zuständig ist das schwedische Zentralamt für das Arbeitsumfeld (Arbetsmiljöverket). Es hält auf seiner Website eine Broschüre zum Download in deutscher Sprache bereit.

Achtung bei Betriebsstätten

Ein Unternehmen errichtet automatisch und rückwirkend eine Betriebsstätte, wenn eine Baustelle länger als zwölf Monate besteht. Wichtig: Arbeitsverzögerungen oder -unterbrechungen bewirken keine Fristunterbrechung. Besteht eine Betriebsstätte, muss das deutsche Unternehmen eine Filiale gründen und diese im schwedischen Handelsregister registrieren lassen. Die Filiale wird buchführungs- und beschränkt steuerpflichtig. Mitarbeiter, die für eine solche Betriebsstätte tätig sind, unterliegen der schwedischen Einkommensteuer.

Nach Schweden entsandte Mitarbeiter unterliegen weiterhin der deutschen Einkommensteuer, solange sie sich nicht mehr als 183 Tage im Kalenderjahr dort aufhalten. Wichtig: Bei der Aufenthaltsdauer geht es um die Anwesenheit, nicht um die Arbeitszeit. Hält sich ein Handwerker länger in Schweden auf, muss die Einkommenssteuer für das gesamte Jahr an das schwedische Finanzamt (Skatteverket) gezahlt werden.

Reverse-Charge-Verfahren bei gewerblichen Kunden

Die Umsatzsteuer beträgt in Schweden 25 Prozent. Bei Dienstleistungen für Privatkunden muss sie in Rechnung gestellt werden. Für gewerbliche Kunden gilt oftmals das Reverse-Charge-Verfahren – hier geht die Steuerschuld auf den gewerblichen Dienstleistungsempfänger über.

"Innerhalb der Baubranche kann man generell davon ausgehen, dass diese Regel greift", erklärt Kampf. Aber Achtung: Errichtet ein Handwerksbetrieb eine Betriebsstätte in Schweden, gelten besondere Regeln, sowohl für die Einkommen- als auch für die Umsatzsteuer.

Tarifbindung:

Solange ein Unternehmen in Schweden nicht tarifvertraglich gebunden ist, muss es keine schwedischen Mindestlöhne zahlen. "Erst durch Mitgliedschaft in einem schwedischen Arbeitgeberverband oder nach dem Abschluss eines Haustarifvertrags ("hängavtal") mit der entsprechenden Gewerkschaft entsteht die Verpflichtung zur Zahlung schwedischen tariflichen Mindestlohns", erklärt Denise Schumann. Sie ist die stellvertretende Abteilungsleiterin im Bereich Recht und Steuern bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer. Laut Schumann dürfen schwedische Gewerkschaften seit Inkrafttreten des Gesetzes "Lex Laval" im April 2010 und der damit verbundenen Änderung des Entsendegesetzes nur noch dann den Abschluss eines Haustarifvertrages von einem ausländischen Unternehmen erzwingen, wenn es nicht beweisen kann, dass seine Mitarbeiter im Heimatland unter ebenso guten Bedingungen arbeiten, wie sie im schwedischen zentralen Tarifvertrag festgeschrieben sind. Dies betreffe die Bedingungen des sogenannten harten Kerns, wie zum Beispiel Urlaub, Arbeitszeit oder Lohn. Auch Auftraggeber können auf die Herbeiführung von Tarifbindung bestehen.

Links:

Beantragung einer Aufenhthaltsgenehmigung:
migrationsverket.se
Steueranmeldung für ausländische Unternehmer:
skatteverket.se
Arbeitssicherheit:
av.se
Vordruck A1:
dvka.de 

Mehr interkulturelle Unterschiede, als man denkt

Schweden ist nicht gleich China. Trotzdem gibt es dort Gebräuche und Gepflogenheiten, die in Deutschland nicht unbedingt üblich sind. Wer in kein Fettnäpfchen treten will, sollte sich vorab informieren.

Wer Geschäfte auf fremden Märkten machen möchte, muss einiges beachten. Dabei gibt es rechtliche Dinge zu berücksichtigen, steuerliche Fragen zu klären und es geht um Genehmigungen und Zulassungspflichten. Das erfordert mal mehr, mal weniger Aufwand. Viele vergessen darüber aber die interkulturellen Unterschiede, die es in den verschiedenen Ländern gibt.

Trotz weltumspannender Kommunikation und Globalisierung – vielleicht aber auch gerade deswegen – gibt es in den verschiedenen Kulturkreisen abweichende Bräuche und Gepflogenheiten – auch innerhalb Europas.

Man sollte zumindest Englisch sprechen

Klar, Schweden ist nicht gleich China. "Dennoch gibt es mehr Unterschiede, als man denkt", sagt Anne Geitmann von der Deutsch-Schwedischen Handelskammer. Ziemlich naheliegend sind noch die unterschiedlichen Sprachen. "Wer in Schweden tätig werden will, sollte zumindest Englisch sprechen."

Viele, vor allem ältere Schweden verstehen zwar Deutsch, doch erstens geht der Trend zum Englischen und zweitens gehen die deutschen Sprachkenntnisse der Schweden oft nicht über ein sogenanntes "Urlaubsdeutsch" hinaus. "Besonders auf Baustellen geht es eigentlich nicht ohne die Landessprache", betont Geitmann. Öffentliche Ausschreibungen gebe es auch nur auf Schwedisch, wenn es sich nicht um europaweite Vergaben handelt.

Gesiezt wird nur der König

Viel weniger offensichtlich ist jedoch, wie die Schweden so ticken. "Sie zeigen ihre Emotionen viel gedämpfter – wer zu emotional wird, verliert sein Gesicht." Gesprächskontroversen sollte man tunlichst vermeiden, Politik bei einem Smalltalk möglichst nicht anschneiden – das Wetter, Familie oder Sport sind als Thema eher geeignet.

Wird eine Unterhaltung doch mal auf Deutsch geführt, sprechen Schweden ihr Gegenüber meistens sofort mit "Du" an. In der schwedischen Sprache ist das höfliche "Sie" nicht üblich. "Gesiezt wird nur der König", so Geitmann. Aber Vorsicht: Die vermeintlich freundschaftliche Ansprache ist in Schweden – anders als hierzulande – kein Zeichen von Vertrautheit. Auch wenn bei einem Geschäftsessen der ein oder andere Tropfen Alkohol fließt und dabei die Stimmung etwas lockerer wird, ist das am nächsten Tag vergessen und es ist wieder höfliche Distanz angesagt.

Schweden entscheiden im Team

Entscheidungen werden in Schweden oft gemeinschaftlich gefällt – auch der Chef versichert sich gerne bei seinem Team. Das hat den Nachteil, dass es auch mal länger dauern kann, bis eine Entscheidung gefällt ist. Länger dauern kann es auf der Baustelle auch, wenn es auf die Urlaubszeit im Sommer zugeht. In Schweden ist es erlaubt, den kompletten Jahresurlaub (bis zu fünf Wochen) am Stück zu nehmen.

"Das wird gerade im Baubereich oft genutzt", erklärt Geitmann. Und das gilt auch für ganze Betriebe. Es kann also sein, dass eine Baustelle im Sommer wochenlang stillsteht, weil Mitarbeiter oder Zulieferer in den Ferien sind. Wer also keine Überraschungen erleben und in kein Fettnäpfchen treten will, sollte sich auch über die interkulturellen Unterschiede informieren.

Auch wenn es in Schweden auf den ersten Blick so scheinen mag: Die eigenen Gepflogenheiten sind dort nicht unbedingt gebräuchlich und angemessen. Und wer will schon seine mühsam aufgebauten Geschäftsbeziehungen mit einem Fauxpas jäh beenden.

Gute Chancen im hohen Norden

DHB: Frau Alder, warum ist der schwedische Markt attraktiv für deutsche Handwerker?
Alder: Das Königreich verzeichnete in den vergangenen Jahren steigende Bauinvestitionen. Erhebliche investive Mittel sind unter anderem in den Neubau von Tourismuseinrichtungen sowie den Neubau und die Renovierung kommunaler Gebäude und Schulen geflossen. Gleichzeitig sind die Kapazitäten schwedischer Bauunternehmen teilweise ausgelastet. Dies erhöht die Auftragschancen deutscher Handwerker. Gute Marktchancen gibt es zudem in den Bereichen Umwelttechnik, erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

DHB: Gibt es Gewerke, die in Schweden besonders gefragt sind und sich dort engagieren?
Alder: In den vergangenen Jahren haben vor allem die Unternehmen aus den Bereichen Bau-, Ausbau, Tischler, Elektro und Metallbau in den skandinavischen Ländern nach neuen Geschäftsmöglichkeiten gesucht. Rund 300 Unternehmen aus unserem Kammerbezirk waren beziehungsweise sind in Skandinavien wirtschaftlich aktiv oder planen dies. Die meisten regionalen Firmen sind nach den bisherigen Erfahrungen als Subunternehmen in diesen Ländern tätig und somit nicht ortsgebunden.

DHB: Was schätzen die Schweden an deutschen Handwerkern?
Alder: Die schwedischen Auftraggeber schätzen vor allem die Zuverlässigkeit und hohe handwerkliche Qualität der Produkte und Leistungen der deutschen Firmen sowie das Anbieten komplexer Leistungen aus einer Hand.

DHB: An wen können sich deutsche Handwerker wenden, wenn sie Fragen zu einem Engagement auf ausländischen Märkten haben?
Alder: Die Außenwirtschaftsberatung der Handwerkskammer steht den Handwerksunternehmen beratend zur Seite. Neben Informationen über ausländische Märkte und Rechtsfragen stehen grenzüberschreitende Kooperationen und grenzüberschreitende Dienstleistungserbringungen im Vordergrund der Beratungsgespräche.


DHB: Gibt es eine Plattform, wie zum Beispiel eine Messe, auf der deutsche Handwerker besonders gut Kontakte knüpfen können?
Alder:Die Nordbygg in Stockholm ist die größte internationale Baufachmesse Nordeuropas, die alle zwei Jahre stattfindet. Erwartet werden 2012 rund 60.000 Fachbesucher aus den nordischen Ländern. Handwerksunternehmen rund um die Baubranche aus Mecklenburg-Vorpommern nutzen seit mehreren Jahren diese Messe, um ihr Leistungsangebot zu präsentieren und wirtschaftliche Kontakte über die Ländergrenzen hinaus zu aufzubauen.

Die Fragen stellte Lars Otten

Text: / handwerksblatt.de

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