Einen eigenen Handwerksbetrieb zu gründen, ist für viele Jungmeister das größte Ziel. Warum also nicht einen gut eingeführten Betrieb übernehmen?

Einen eigenen Handwerksbetrieb zu gründen, ist für viele Jungmeister das größte Ziel. Warum also nicht einen gut eingeführten Betrieb übernehmen? (Foto: © auremar/123RF.com)

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Handwerk sucht Nachfolgerinnen und Nachfolger

Immer mehr übergabebereite Handwerksbetriebe stehen immer weniger Nachfolgerinnen und Nachfolgern gegenüber. Handwerkskammern entwickeln Modellprojekte, um Altinhaber und gründungswillige Handwerker zusammenzubringen.

Der Generationswechsel im Handwerk wird eines der zentralen Themen der kommenden Jahre. Für die betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer genauso wie für Handwerkskammern und Fachverbände, die diesen im Übergabeprozess zur Seite stehen und die gleichzeitig Gesellinnen und Gesellen, Meisterinnen und Meister für die Möglichkeit, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen, verstärkt begeistern müssen.

Die Nachfolgefrage hat das Handwerk schon immer beschäftigt. Etwa jede zehnte Gründung hier ist eine Übergabegründung. Für die Altinhaber verschärft sich gerade allerdings die Situation, denn sie werden immer mehr. Die Babyboomer gehen mit großen Schritten auf die Rente zu und 30 Jahre nach der Wiedervereinigung stehen zahlreiche Betriebe in Ostdeutschland vor der Übergabe. Gleichzeitig gibt es immer weniger Interessenten für eine Nachfolger.

Bei 125.000 Handwerksbetrieben und 78.000 Unternehmen steht die Übergabe an

Das ist das zentrale Ergebnis einer gerade veröffentlichten Studie des Instituts für Handwerkswesen (ifh) an der Universität Göttingen. Allein in den kommenden fünf Jahren stehen im Handwerk demnach etwa 125.000 Betriebe und rund 78.000 Unternehmen zur Übergabe an. Bis 2030 werde die Zahl schrittweise weiter ansteigen.

Für 2022 erwartet das Institut rund 29.000 Übergaben von Handwerksbetrieben und Unternehmen. Im Jahr 2027 geht man davon aus, dass sich diese Zahl auf 44.000 erhöht. Betriebsinhaber werden angesichts dieser Zahlen zunehmend skeptisch, ob sie überhaupt eine passende Nachfolgerin oder einen Nachfolger finden werden, etwa weil die Suche nach einem Kandidaten nur zäh vonstatten geht, weil die Kaufpreisvorstellungen weit auseinander liegen oder weil steuerliche Aspekte als hemmend empfunden werden. Vor allem kleinste und kleine Betriebe sind häufig nur schwer zu vermitteln, sagen die Autoren der ifh-Studie Petrik Runst und Jörg Thomä.

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Aktionstag "Nachfolge ist weiblich" am 21. Juni  Rund um den 21. Juni 2021 finden bundesweit zahlreiche Veranstaltungen zum Thema "Unternehmensnachfolge durch Frauen – Nachfolge ist weiblich" statt. Viele Veranstaltungen der Handwerkskammern in Zusammenarbeit mit der bundesweiten Gründerinnenagentur (bga) werden in diesem Jahr als Online-Workshop angeboten. Aber auch Sprechtage vor Ort sind geplant. Ein Beratungstag für Frauen im Handwerk ist zum Beispiel bei der Handwerkskammer Koblenz. Weitere Termine und Anmeldemöglichkeiten für den Aktionstag finden Sie auf den Internetseiten Ihrer Handwerkskammer und unter: gruenderinnenportal.de

Initiative "Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis"

Hier will die Politik gegensteuern. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert aktuell mit der Initiative "Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis" 18 Modellprojekte der Handwerksorganisationen, die neue Wege der Ansprache und Unterstützung der potenziellen Nachfolger erproben. Hier geht es zur Liste der Modellprojekte

Zu den Aktivitäten zählen zum Beispiel Nachfolgelotsen, wie es sie bei der Handwerkskammer (HWK) Dortmund gibt, gezielte Nachfolgecoachings oder Projekte wie der "Karrierescout Handwerk" bei der HWK Düsseldorf. Zu den geförderten Initiativen gehören Meisterclubs und Übernehmer-Akademien.

Bei der HWK Münster, wo in den nächsten Jahren bei jedem vierten Betrieb die Übergabe ansteht, will das Projekt "Unternehmensnachfolge im Handwerk Schritt für Schritt" dabei helfen, Übernehmer allmählich an die Nachfolge heranzuführen.

Bei der HWK zu Köln wiederum heißt es "Nachfolger gesucht". Hier will man gezielt junge Menschen mit verschiedensten Aktionen für die Nachfolge im Handwerk begeistern.

Und bei der HWK Koblenz gibt es eine "Nachfolgewerkstatt"

Natürlich beraten auch alle anderen Handwerkskammern in Deutschland unabhängig von dem Modellprojekt zum Thema Nachfolge und Übernahme.

Damit es in Zukunft nicht zu einer wachsenden Nachfragelücke im handwerklichen Übernahmegeschehen kommt, empfehlen die ifh-Experten der Politik, noch gezielter als bisher auf eine Förderung von Übernahmegründungen hinzuwirken. Nicht nur mit solchen Projekten, sondern auch durch niedrigere bürokratische Hürden beim Schritt in die Selbstständigkeit. 

KfW-Award für Gründer und Nachfolger  Noch bis zum 1. Juli können sich Gründer und Nachfolger aus allen Branchen um den renommierten KfW Award Gründen bewerben. Die Gründung oder Unternehmensnachfolge muss ab 2016 erfolgt sein. Aus jedem Bundesland wird ein Unternehmen prämiert. Das Preisgeld beträgt jeweils 1.000 Euro. Die Preisträger konkurrieren um den Bundessieg, der mit weiteren 9.000 Euro Preisgeld dotiert ist. Auch verschiedene Sonderpreise sind ausgeschrieben. kfw-awards.de

Beratung

Wann ist der richtige Zeitpunkt, sich auf die Übergabe vorzubereiten? Wo finde ich eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger, wenn die Kinder kein Interesse haben? Wie finde und fördere ich einen engagierten und interessierten Mitarbeiter oder suche einen Kandidaten von Außen? Welche Formen der Übergabe gibt es und was ist mein Betrieb überhaupt wert?
 
Einen Betrieb zu übergeben und zu übernehmen ist ein komplexer Vorgang, der viele Fragen aufwirft. Immer an der Seite der Unternehmer stehen die Betriebs- und Unternehmensberater der Handwerkskammern und auch der Fachverbände im Handwerk, für die das Thema Nachfolge einer der Schwerpunkte ihrer Tätigkeit ist.

Gemeinsam mit dem Inhaber, der Inhaberin und deren Steuerberater sowie Rechtsberater und gegebenenfalls der Hausbank suchen die Experten der Kammern die optimale Lösung.

Ein Nachfolgeprozess kann einige Jahre dauern, deshalb empfehlen die Berater sich so früh wie möglich mit dem Thema zu beschäftigen. Und natürlich können sich auch die Nachfolger mit ihren Fragen an die (Existenzgründungs-)Berater der Kammern wenden.  

Die Beratung ist kostenfrei. Genau wie ein Inserat als Angebot oder Gesuch auf den Betriebsbörsen der Handwerkskammern. Diese findet man auf den Seiten der Kammern und auf der bundesweiten Nachfolgebörse nexxt-change. nexxt-change.org

Text: / handwerksblatt.de

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