Ein Handwerker hatte seine Dienste an der Haustür angeboten.

Ein Handwerker hatte seine Dienste an der Haustür angeboten. Der Kunde nutzte sein Widerrufsrecht. (Foto: © Perig Morisse/123RF.com)

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Kunde widerruft Haustürgeschäft, Handwerker guckt in die Röhre

Werkvertrag oder Verbraucherbauvertrag? Bei Haustürverträgen ist die Unterscheidung wichtig. Denn nur bei Letzterem bekommt der Handwerker sein Geld, wenn der Kunde widerruft und nicht belehrt wurde.

Bei Geschäften mit Verbrauchern gelten besondere Regeln. Eine der wichtigsten: Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, haben Verbraucher ein Widerrufsrecht. Das hat schon so manchen Handwerker seinen Werklohn gekostet: Wer nicht oder falsch über das Widerrufsrecht belehrt, bringt sich unter Umständen selbst um sein Geld. Auch in dem vom Oberlandesgericht (OLG) Celle entschiedenen Fall ging der Handwerker leer aus, weil er das nicht beachtet hatte.

Der Fall

Ein Handwerker bot an Haustüren seine Leistungen an. Mit einem der Hauseigentümer vereinbarte er, zum Preis von 21.000 Euro Dachpfannen zu reinigen und zu versiegeln sowie eine Holzfassade zu sanieren. Der Kunde zahlte 12.500 Euro an. Doch als der Handwerker die Arbeiten teilweise schon ausgeführt hatte, widerrief der Kunde den Auftrag und forderte die Anzahlung zurück.

Der Handwerker verlangte im Gegenzug einen Wertersatz für seine bisher geleistete Arbeit: 8.050 Euro. Nur den Differenzbetrag zur Anzahlung könne der Kunde zurückverlangen, meinte er.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle stellt sich auf die Seite des Kunden, der Handwerker ging leer aus. Hätte ein VerbraucherBAUvertrag vorgelegen, dann wäre die Rechtslage so, wie vom Handwerker angenommen, erklärte das OLG. Wann ein solcher VerbraucherBAUvertrag vorliegt, steht in § 650 i BGB, der im Jahr 2018 mit der Baurechtsreform eingeführt wurde. Bei diesem Vertragstyp seien die Leistungen beider Vertragspartner im Falle eines Widerrufs zurückzugewähren. Kunden müssten den Wert geleisteter Arbeiten ersetzen.

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Kein Verbraucherbauvertrag

Um einen VerbraucherBAUvertrag handele es hier aber nicht. Ein solcher Vertrag liege laut § 650 i BGB nur vor, wenn ein Verbraucher mit einem Unternehmer einen Neubau oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem Gebäude vereinbare, so das Urteil.

Hier handle es sich aber um einen üblichen Werkvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Handwerker, der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sei. Den könne der Kunde innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen.

Kein Geld, weil keine korrekte Belehrung über das Widerrufsrecht

Diese Frist für den Widerruf beginnt allerdings nur zu laufen, wenn der Unternehmer den Kunden über sein Widerrufsrecht informiert hat. Das habe der Handwerker im konkreten Fall jedoch versäumt. Der an der Haustür handschriftlich geschlossene Vertrag enthalte keine korrekte Belehrung zum Widerrufsrecht des Verbrauchers, betonte das OLG. Deshalb könne sich der Kunde bis ein Jahr und 14 Tage später vom Vertrag lösen und die Anzahlung zurückverlangen.

Der Kunde muss dem Handwerker auch nicht den Wert für seine erbrachten Leistungen ersetzen. Das sei ausgeschlossen, weil der Handwerker seine Leistungen ausgeführt habe, ohne den Hausbesitzer korrekt über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Rechtliche Einordnung ist entscheidend

"Maßgeblich für diese Entscheidung war die genaue rechtliche Einordnung des Vertrages: Bei einem Verbraucherbauvertrag sind die gegenseitigen Leistungen im Falle eines Widerrufs zurückzugewähren, für erbrachte Arbeiten ist deren Wert zu ersetzen. Bei einem "schlichten" Verbrauchervertrag schuldet der Kunde demgegenüber nur dann Wertersatz, wenn er ausreichend über sein Widerrufsrecht belehrt worden war, woran es hier fehlte. Ein Verbraucherbauvertrag liegt bei Arbeiten an einem bestehenden Gebäude nur dann vor, wenn diese Arbeiten "erheblich" sind. Nach Auffassung u.a. des Senats müssen sie in ihrem Umfang einem Neubau gleichkommen und mehrere Gewerke umfassen. Einen solchen Umfang hatten die im vorliegenden Fall vereinbarten Arbeiten nicht", schreibt das OLG Celle wörtlich.

Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 26. April 2022, Az. 6 U 6/22 

Widerrufsrecht

Seit 2014 haben Privatkunden ein 14-tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen wurden (AGV).
Beispiel für einen AGV: Der Handwerker nimmt Aufmaß vor Ort und schließt anschließend beim Kunden direkt einen mündlichen ­Vertrag. In solchen Situationen müssen Betriebe ­Verbraucher rechtzeitig und umfassend über ihr Widerrufsrecht belehren. Ab diesem Zeitpunkt kann der Kunde 14 Tage lang den Vertrag widerrufen, ohne Angaben von Gründen.

Achtung: Falls die Belehrung über das Widerrufsrecht fehlt, falsch oder unvollständig ist, verlängert sich das Recht auf 12  Monate und 14 Tage! Beginnt der Handwerker mit seiner Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden vor Ablauf der 14-tägigen Frist, sollte er auf keinen Fall die Belehrung vergessen! Denn nur dann muss der Kunde bei einem Widerruf die bereits erbrachten Leistungen bezahlen. Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung geht der Handwerker in solchen Fällen leer aus! 

Neue Reglen für die Widerrufsbelehrung seit dem 28. Mai 2022:
- Seit dem 28. Mai 2002 muss keine Faxnummer mehr genannt werden – weder in der Widerrufsbelehrung noch im -formular! Eine freiwillige Angabe ist weiterhin möglich.
- Die Telefonnummer muss ab dem 28. Mai 2022 in der Widerrufsbelehrung stehen (Achtung: nicht im Widerrufsformular!).
- Die E-Mail-Adresse muss in beiden angegeben sein, also auch im Widerrufsformular.
- Die Widerrufsbelehrung muss die Verbraucher auch über die Umstände, unter denen sie ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verlieren, informieren.
- Neu ist auch, dass dem Verbraucher eine Bestätigung zur Verfügung gestellt werden muss. Dazu muss der Unternehmer dem Verbraucher ein Dokument (als Papier, Mail, SMS etc.) zukommen lassen, in dem bestätigt wird, dass der Kunde ausdrücklich der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zugestimmt und seine Kenntnis vom damit einhergehenden Verlust des Widerrufsrechts mit Vertragsausführung bestätigt hat. Auch über diesen Umstand ist der Kunde zu informieren.

Kein Widerrufsrecht bei Notfalleinsätzen

In Einzelfällen hat der Kunde kein Wider­rufsrecht, selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde. Solche Ausnahmen sind zum Beispiel "Notfalleinsätze" wie dringende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, zu denen der Verbraucher den Handwerker ausdrücklich angefordert hat. Das kann etwa ein Rohrbruch sein oder die Beseitigung von Sturm- oder Hagelschäden. Achtung: Die Ausnahmen gelten nicht automatisch. Vielmehr muss der Handwerker den Verbraucher darüber belehren, dass ihm hier kein Widerrufsrecht zusteht.

PRAXISTIPP
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat aktuelle Musterformulare für Handwerker erstellt, unter anderem eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher. Alle Muster, Informationen sowie einen Ratgeber zum Thema Verbraucher-Widerrufsrecht finden Sie ­kostenlos zum Herunterladen > hier auf zdh.de
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Text: / handwerksblatt.de

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