Viele Betriebsrentner fallen deshalb aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass neuerdings auf ihr angespartes Kapital bei der Auszahlung noch einmal Krankenkassenbeiträge fällig werden.

Viele Betriebsrentner fallen deshalb aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass neuerdings auf ihr angespartes Kapital bei der Auszahlung noch einmal Krankenkassenbeiträge fällig werden. (Foto: © Ralf Kleemann/123RF.com)

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Direktversicherung: Die Krankenkasse kassiert jetzt doppelt

Direktversicherungen waren einmal nicht nur steuerlich ein attraktives Instrument, um zusätzlich fürs Alter vorzusorgen. Neuerdings werden bei Auszahlung noch einmal Krankenkassenbeiträge fällig.

Eine Direktversicherung zur Altersvorsorge war (und ist) beliebt – vor allem bei GmbH-Geschäftsführern. Früher war das auch ein besonders günstiges Vorsorgemodell, da die Beiträge zu der Direktversicherung lediglich mit einem Pauschalsatz für Kranken- und Rentenversicherung sowie für Lohnsteuer zusätzlich belastet wurden, der insgesamt niedriger war als die Regelsätze. Für diesen Teil des Einkommensentgeltes mussten also weniger Lohnzusatzkosten bezahlt werden, ein Vorteil sowohl für den Angestellten als auch für den Handwerksbetrieb.

Erst mahnt der Staat die private Vorsorge an, dann kassiert er

"Fast alle GmbH-Geschäftsführer haben eine Direktversicherung, also eine zusätzliche private Altersversorgung, die der Betrieb für den Angestellten abschließt. Auch steuerlich gab es dafür gute Argumente", berichtet Albert Eberhardt, Bereichsleiter der Unternehmensberatung der Handwerkskammer des Saarlandes. Die Direktversicherung gibt es in drei Varianten: die Lebensversicherung, die Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht und die Fondsgebundene Lebensversicherung.

Erhebliche Versorgungslücken

Nun steht bei vielen Direktversicherten die Betriebsübergabe und damit auch die Kapitalauszahlung  der Direktversicherung an, und Eberhardt muss den Betroffenen erhebliche Versorgungslücken vorrechnen. Hintergrund: Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen zum 1. Januar 2004 ist die Krankenkassenpflicht aus einer betrieblichen Altersvorsorge neu geregelt worden.

Seitdem sind Kapitalauszahlungen aus einer betrieblichen Lebensversicherung als Versorgungsbezug voll beitragspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung. Bei einer Kapitalabfindung von 60.000 Euro fallen jetzt je nach Beitragssatz der Gesetzlichen Krankenversicherung über 9.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge an (siehe Beispielrechnung unten).

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Fast unbemerkt kam der Zusatz im Sozialgesetzbuch vor vier Jahren

"Vielen Unternehmern ist das bis heute nicht bewusst", berichtet Albert Eberhardt. Kein Wunder: Diese Krankenkassenpflicht kam fast unbemerkt von der Öffentlichkeit vor vier Jahren mit dem "Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen". Eberhardt: "Durch einen Zusatz im Sozialgesetzbuch ist die Krankenkassenpflicht von laufenden Renten auch auf Einmalzahlungen erweitert worden." Mit der Folge, dass auch hier Beiträge fällig werden, obwohl schon während der Einzahlung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung entrichtet werden müssen (der Versicherte bzw. der Betrieb also doppelt zahlt). Ausnahme von dieser Regelung: privat krankenversicherte Unternehmer und Mitarbeiter. Mehrere Betriebsrentner haben Klage eingereicht, aber die Prozesse können sich noch Jahre hinziehen.

Eine Beispielrechnung

Bei einer Kapitalabfindung von 60.000 Euro wird für zehn Jahre ein fiktives monatliches Einkommen von 500 Euro der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1/120 der Auszahlung). Bei einem Beitragssatz von 12,3 Prozent (IKK) sind dann zehn Jahre lang monatlich 61,50 Euro für die Krankenversicherung fällig, sofern die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten ist.

Dazu kommen noch 9,75 Euro Pflegeversicherungsbeitrag (1,95 Prozent Beitragssatz von monatlich 500 Euro) und 4,50 Euro Zusatzbeitrag (0,9 Prozent zusätzlicher Beitrag für Zahnersatz und Krankengeld); macht also insgesamt 75,75 Euro pro Monat. Bei zehn Jahren Laufzeit sind das 9.090 Euro an Beitragszahlungen. Keine Beiträge fallen an, wenn der umgelegte Anteil 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV nicht übersteigt.

1. Privat weitergeführte Versicherung

Zumindest für alle, die aus der betrieblichen Altersvorsorge ausgeschieden sind und den Direktversicherungsvertrag selber weiterführen, gibt es Entwarnung: Die Heranziehung zur Kranken- und Pflegeversicherung ist dann rechtswidrig, wenn der Vertrag vom Versicherten übernommen wurde und er die Beiträge selbst gezahlt hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 28. September 2010 (Az.: 1 BvR 1660/08) klargestellt, dass private Anteile an der Auszahlung einer Direktversicherung bei Pflichtversicherten nicht mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen belastet werden dürfen. Sie müssen allerdings selbst als Versicherungsnehmer im Vertrag eingetragen sein.

Für Betriebsrenten aus Pensionskassen oder Pensionsfonds gibt es bisher keine gerichtliche Entscheidung.

2. Arbeitnehmerbeiträge sind steuer- und sozialabgabenfrei

Eigenbeiträge zur betrieblichen Altersversorgung sind bei der Einzahlung von der Steuer befreit und als Folge jetzt auch beitragsfrei in der Sozialversicherung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass auch der vom Arbeitnehmer finanzierte Anteil am Gesamtbeitrag steuerfrei ist.

Dazu gehören auch die Eigenleistungen eines Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber an die VersorgunDas Thema bleibt weiterhin in der Diskussion. Mehr über neue Entwicklungen, eine aktuelle Beispielrechnung und weitere Informationen finden Sie hier.gseinrichtung (Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung) durch eine Entgeltumwandlung abgeführt werden.

Entscheidend ist, dass die Pflichten aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich der Arbeitgeber erfüllt. Die Zahlungen an den Versicherer müssen daher als Versicherungsbeiträge des Arbeitgebers ausgewiesen sein. (BFH, Urteil vom 9. Dezember 2010, Az.: VI R 57/08).

Die Sozialversicherung richtet sich bei der Beitragspflicht nach der der steuerlichen Bewertung. Als Konsequenz des BFH-Urteils sind die steuerfreien Arbeitnehmeranteile für die betriebliche Altersvorsorge auch beitragsfrei in der Sozialversicherung.

Der GKV-Spitzenverband teilte dies in einem vertraulichen Schreiben vom 8. August 2011 an die gesetzlichen Krankenkassen mit. Die Anteile werden nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zugerechnet und können daher bereits seit 1. Januar 2011 beitragsfrei belassen werden.

Text: / handwerksblatt.de

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