Employer Branding

Glasermeister hat mit seinem Video einen Volltreffer gelandet. "So etwas ist nicht wiederholbar, aber man kann daraus viel lernen", sagt Personalmarketingexperte Hubert Hundt. (Foto: © Bartolomiej Pietrzyk/123RF.com)

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Ist mein Betrieb für Bewerber attraktiv?

Der Kampf um die guten Leute ist in vollem Gange. Noch nie wollten so viele Betriebe Personal einstellen. Aber wie und wo finden?

Glasermeister Sven Sterz muss sich über Bewerber für seine zwei Ausbildungsplätze keine Sorgen mehr machen. Die hat er jetzt reichlich. Quasi über Nacht wurde der 48-Jährige ein YouTube-Star: mit seinem selbstgedrehten Video, in dem er eine große Glasscheibe fallen lässt, die Zuschauer mit einem herzlichen "Moin" begrüßt und dann erzählt, was er jungen Leuten alles an finanziellen und sonstigen Anreizen bietet, wenn sie bei ihm in die Lehre gehen und gute Prüfungsnoten erzielen. Wer es noch nicht gesehen hat, findet das Video unter dem Stichwort "Glaserei Sterz". "Ob intuitiv oder geplant – Sven Sterz hat alles richtig gemacht", sagt Personalmarketingprofi Hubert Hundt,  Geschäftsführer der Agentur Castenow in Düsseldorf.

Zahl der offenen Stellen auf Rekordhoch

Ein Thema, das dem Handwerk derzeit wie kaum ein anderes unter den Nägeln brennt. Die Zahl der offenen Stellen ist in Deutschland mit 1,2 Millionen auf neuem Rekordhoch, so die aktuellen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Betroffen ist vor allem das Handwerk. "Noch nie wollten so viele Handwerksbetriebe zusätzliches Personal einstellen, wie in diesem Frühjahr", berichtet Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer der Creditreform. Die Wirtschaftsauskunftei veröffentlicht die aktuelle Handwerkskonjunktur alljährlich auf der Internationalen Handwerksmesse in München.

Bei den Babyboomern steht der Renteneintritt an 

Der Boom bei der Arbeitskräftenachfrage liege nicht nur an der außerordentlich guten Auftragslage, sondern auch daran, dass für die geburtenstarken Mitarbeiter-Jahrgänge der Renteneintritt ansteht. Das Verarbeitende Gewerbe und der Bausektor suchen händeringend nach Fachkräften und Auszubildenden. Aber auch Friseure oder Bäcker können schon fast von Glück sprechen, wenn sie für das neue Ausbildungsjahr engagierte Azubis in Aussicht haben.

Wie ein Sechser im Lotto

Die vielen offenen Stellen mögen für Bewerber gut sein, für Firmen, die auch aufgrund der aktuellen Auftragslage dringend gutes Personal rekrutieren und halten müssen, sind sie eine echte Herausforderung. "Das Video von Glasermeister Sterz war wie ein Sechser im Lotto", lacht Personalmarketingexperte Hubert Hundt. "So etwas ist nicht wiederholbar, aber man kann daraus viel lernen", betont der Experte für Employer Branding.

Der Unternehmer habe genau die Themen angesprochen, die junge Leute heute bewegen: Was kann ich erreichen, und welche finanziellen Anreize bietet der Arbeitgeber. "Die Jugendlichen wollen einen klaren und sicheren Weg zum Erfolg sehen." Wer ihnen also eine klare Orientierung und finanzielle Anreize bietet, kann als Arbeitgeber punkten. Außerdem wollen sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Auch das hat Sven Sterz genau richtig gemacht, indem er sein Gesicht in die Kamera gehalten hat. "Authentizität ist ein Königswort im Employer Branding", betont Hundt, denn "Menschen ziehen Menschen an".

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Mit Überraschungsmomenten neben Katzenvideos bestehen

Und nicht zuletzt hatte der Glaser so viel Erfolg mit seinem Video im Netz, weil er vollkommen cool eine riesengroße Glasscheibe auf den Boden geworfen hat. "Mit solchen Überraschungsmomenten kann man zu den Schülern durchdringen und neben Katzenvideos bestehen", sagt der Experte, zu dessen Kunden die Bundeswehr, McDonalds oder Rewe zählen. Doch bevor ein Handwerksbetrieb über Maßnahmen wie Facebook, YouTube oder GoogleAdwords nachdenkt, sollte er klar definieren, was er überhaupt sagen möchte. "Welche Argumente habe ich für Bewerber? Was sind die Stärken und was die Schwächen des Unternehmens und der Branche?"

"Wir sind innovativ!" - Ja klar, aber das behauptet doch jeder von sich

Kampagne nutzen: Handwerksbetriebe können sich mit Hilfe von speziellen Werbemitteln in die aktuelle Imagekampagne einklinken. Alle Betriebe können die Werbemittel – etwa Plakate und Anzeigenmotive – nutzen und individualisieren.  werbemittel.handwerk.deGerne liest man auf den Internetseiten der Unternehmen Stichworte wie "Wir sind innovativ, haben Tradition und stellen den Kunden in den Mittelpunkt." Das sei belanglos und selbstverständlich, findet Hundt.

Besser wäre es, eine Besonderheit herauszustellen, die den Betrieb unverwechselbar und attraktiv für Kunden genau wie Bewerber macht. "Das kann auch mal mutig und ungewöhnlich sein. So wie der Glaser, der sein eigenes Produkt auf den Boden wirft und zerstört."

 

Text: / handwerksblatt.de

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