Helfer und Betroffener: Kreishandwerksmeister Frank Wershofen berichtet von der Zerstörung seines Betriebs und von seinem Engagement für den Wiederaufbau des Ahrtals

Helfer und Betroffener: Kreishandwerksmeister Frank Wershofen berichtet von der Zerstörung seines Betriebs und von seinem Engagement für den Wiederaufbau des Ahrtals (Foto: © Andreas Schröder)

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LHK gibt Startschuss für den Wiederaufbau im Ahrtal

Hochwasser: Katastrophe betrifft auch die Auszubildenden der Handwerksfirmen im Ahrtal – Erneuter Appell an Betriebe, die Welle der Hilfsbereitschaft nicht versickern zu lassen.

"Wir hören leider immer weniger vom Ahrtal", mahnte Frank Wershofen, Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister und Kreishandwerksmeister in Ahrweiler, bei einer kurzfristig anberaumten Landeshandwerkskonferenz (LHK) Anfang September in Koblenz. Mit einem eingehenden Appell richtete er sich an die Medien: "Wir dürfen nicht in Vergessenheit geraten, denn wir sind noch ganz am Anfang."

Ahrtal: Welle der Hilfsbereitschaft könnte zu früh versickern

Viele Bewohner des Ahrtals und die dort ansässigen Handwerksbetriebe fürchteten, dass die Welle der Hilfsbereitschaft zu früh versickern könnte. Die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern Rheinland-Pfalz, die Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften in Rheinland-Pfalz und der Unternehmerverband Handwerk Rheinland-Pfalz e.V. hatten deshalb ins Zentrum für Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer Koblenz geladen, um mit den Vertretern der Landesregierung, des Krisenstabs, des Verbindungsbüros kommunaler Wiederaufbau und mit Vertretern der Energieversorger über die Koordination der Maßnahmen, die nächsten Schritte beim Wiederaufbau von Betrieben, Infrastruktur und Eigenheimen und über die finanzielle Entschädigung von Menschen und Unternehmen im Ahrtal zu sprechen.

Aber auch auf die Situation der Auszubildenden in den betroffenen Betrieben wurde beleuchtet. "Die erste Zeit der Nothilfe scheint vorbei zu sein", sagte Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer Koblenz und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern, in seinem Grußwort. "Wir wollen heute den Startschuss geben für das Thema Wiederaufbau."

Helfer und Betroffener zugleich

Frank Wershofen ist Helfer und Betroffener zugleich. In einem ergreifenden Bericht fasste er für die Teilnehmer der Konferenz, darunter Nicole Steingaß, Staatssekreträrin im Innenministerium und Leiterin der Wiederaufbauorganisation Rheinland-Pfalz, Petra Dick-Walther, Staatssekretärin im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, und Thomas Linnertz, ADD-Präsident und Leiter des Krisenstabs, seine Erinnerung an die Nacht der Katastrophe zusammen – die Nacht, in der auch sein Betrieb fast vollständig zerstört wurde.

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Nach einem Hochwasser im Jahr 2016 – damals sei das Wasser zehn Zentimeter hoch gestanden – habe er seine Zisterne leerpumpen lassen. "Dann haben wir etwas Puffer", habe er sich gedacht. "Das hat auch für zirka zwei Sekunden geholfen", berichtet er bitter. Wershofen zeigt Bilder von seinem mit Schlamm gefüllten Ausstellungsraum, von einem Container, der zwar in sein Schaufenster eingeschlagen, aber hängen geblieben war. Wershofen spricht vom Glück im Unglück. Hätte das Hochwasser den Container oder eines der zahlreichen Autos durch den Betrieb getrieben, wäre das Gebäude wohl abbruchreif gewesen. "Der Gestank war unerträglich."

An vorderster Front für den Wiederaufbau

Zahlreiche Entscheider waren zur Landeshandwerkskonferenz nach Koblenz gekommen Foto: © Andreas SchröderZahlreiche Entscheider waren zur Landeshandwerkskonferenz nach Koblenz gekommen Foto: © Andreas Schröder

Trotz des eigenen Verlustes engagiert sich Wershofen an vorderster Front für den Wiederaufbau im Tal, unterstützt Innungsbetriebe und koordiniert einzelne Helfer und Betreibe, die mit anpacken möchten.

Wershofen erinnerte daran, dass die Flutkatastrophe die Zukunft der Handwerksbetriebe im Ahrtal noch auf eine ganz andere Weise gefährde. Die Nachwuchssituation ist im ländlichen Raum in ganz Rheinland-Pfalz seit Jahren angespannt. Die Flutkatastrophe habe nun die Ausbildungssituation weiter verschärft. Wershofen selbst bilde zwei junge Menschen aus, die er auch halten möchte. Das sei unter den aktuellen Umständen im zerstörten Betrieb grundsätzlich eine Herausforderung.

Einsatz von Shuttlebussen für die Berufsschüler?

Da auch die lokale Berufsschule im Hochwasser "abgesoffen ist", so Wershofen, müssen seine Azubis für den Unterricht nach Andernach fahren. Es sei ein Glück, dass sie über einen Führerschein und ein Auto verfügten. Aber viele Lehrlinge in Ahrtal seien lediglich 16 Jahre alt und auf den ÖPNV angewiesen. Ein Blick auf die Fahrpläne, die Wershofen sich extra ausgedruckt hatte, mache das Problem deutlich: Die Verbindung nehme – je nach Strecke – über zwei Stunden in Anspruch.

Wer um 7.30 Uhr in der Berufsschule sein will, müsse um 5.28 Uhr in den Bus einsteigen. Reicht das nicht, müssten die jungen Menschen noch frühere Verbindungen wählen. "Und davor muss man ja auch noch aufstehen und mal im Bad vorbeischauen", erinnerte Wershofen. "Das ist eine Katastrophe, denn das Ganze muss ich ja auch wieder zurück." Eine Lösung, so Wershofen, könnte der Einsatz von Shuttlebussen für die Berufsschüler aus dem Ahrtal sein. In jedem Fall, so der Kreishandwerksmeister, müsse auch dieses Problem dingend angegangen werden, bevor die jungen Menschen sich sagten, dass sie "so einen Quatsch" nicht länger mitmachen wollen und die Betriebe auch noch ihre Nachwuchskräfte verlören.

Viel Lob für das Handwerk und dessen Engagement

Günter Kern, Leiter des Verbindungsbüros kommunaler Wiederaufbau, lobte wie viele Vorredner das Handwerk für dessen Engagement. Man habe das Ahrtal nicht alleine gelassen. Kern appellierte, dass diese Einsatzbereitschaft nicht nachlassen dürfe. Bald kämen die Hilfsgelder bei den Menschen und Unternehmen im Ahrtal an. "Dann wird der Run (auf Handwerkerleistungen; Anm. d. Red.) beginnen. Deswegen brauchen wir das Handwerk aus ganz Deutschland", so Kern.

Der Sommer geht zu Ende, Herbst und Winter stehen vor der Tür – und damit die Heizperiode. Das Stromnetz werde nicht ausreichen, um die Häuser im Ahrtal zu beheizen. Deshalb habe die Wiederherstellung des Gasnetzes eine hohe Priorität. Dabei werde es Provisorien geben müssen, sagte Josef Rönz, Vorstandsvorsitzender der Energieversorgung Mittelrhein. Ein Baustein sei die Zusammenarbeit mit einem Flüssiggas-Unternehmen. Ob das ausreiche, um alle Gebäude mit Wärme versorgen zu können, sei aber noch unklar.

Online Plattform Über handwerk-baut-auf.de, eine neue Internetseite der Handwerkskammer Koblenz, können Handwerksbetriebe aus ganz Deutschland ihre Leistungen für das Ahrtal anbieten. Betroffene der Hochwasserkatastrophe können hier den passenden Handwerksbetrieb finden. Das bisherige Tool (baut-mit-auf.de) wird von der Kammer nicht mehr unterstützt.

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Text: / handwerksblatt.de

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