Beim Handwerkerportal MyHammer verantwortet Manuela Braun nicht nur alle Themen rund um Social Media strategisch und konzeptionell, sondern auch das Influencer Marketing.

Beim Handwerkerportal MyHammer verantwortet Manuela Braun nicht nur alle Themen rund um Social Media strategisch und konzeptionell, sondern auch das Influencer Marketing. (Foto: © MyHammer)

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"Jeder Handwerker hat Content für Social Media"

Es gibt keine Ausreden mehr, einen Bogen um Instagram, YouTube & Co. zu machen. Manuela Braun von MyHammer kennt viele gute Geschichten aus dem Handwerk. Mit dem "Azubi Award" schreibt die Auftragsplattform eine davon sogar selbst.

Seit fast 17 Jahren bewegt sich Manuela Braun beruflich in der digitalen Welt. Bei MyHammer verantwortet sie nicht nur strategisch und konzeptionell alle Themen rund um Social Media, sondern auch das Influencer Marketing des Handwerkerportals. 

DHB: Wegen seiner Rückwärts-Auktionen hatte MyHammer anfangs keinen guten Ruf.  Haben die Betriebe und die Organisationen inzwischen ihren Frieden gemacht?
Braun: Zugegeben, unser Start war ein bisschen holprig. Allerdings liegen die Rückwärts-Auktionen inzwischen auch schon rund 15 Jahre zurück. Seitdem haben wir unglaublich viel geändert. Um die Qualität der Leistungen sicherzustellen, prüfen wir etwa seit 2009 die Qualifikation unserer Handwerker. Ansonsten tauschen wir uns rege mit den Kammern und anderen Organisationen aus. Mit einigen verstehen wir uns gut. Andere müssen wir noch überzeugen. In jedem Fall hat der Aufbau unserer Social-Media-Aktivitäten uns dabei geholfen, mit dem Handwerk ins Gespräch zu kommen.

DHB: Zum Dialog mit dem Handwerk dürften auch die Wettbewerbe "Handwerker des Jahres" und "Handwerkerseite des Jahres" zählen. Warum ist es MyHammer so wichtig, die Leistungen des Handwerks hervorzuheben?
Braun: Eine Plattform wie MyHammer ist darauf angewiesen, dass es auch in Zukunft qualifizierte Handwerker gibt. Deshalb wollen wir das Handwerk stärken. In den 2010er-Jahren war die Digitalisierung das bewegendste Thema. Also haben wir zwischen 2011 und 2018 die besten Internetauftritte von Handwerkern prämiert, um hier die Motivation im Handwerk zu erhöhen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nun fokussieren wir uns auf ein noch drängenderes Problem: den Azubi-Mangel. Vor drei Jahren haben wir damit begonnen, den "Handwerker Azubi des Jahres" auszuzeichnen. Die neue Bewerbungsphase für das Jahr 2021 startet übrigens am 1. Februar.

Azubi Award 2021Um den "Azubi Award 2021" können sich Auszubildende ab 16 Jahren aus Deutschland und Österreich aus den Bereichen Bau, Garten oder Kfz bewerben. Voraussetzung ist die Liebe zum Handwerk und dass man als Vorbild andere junge Menschen für seinen Beruf begeistern möchte. Die Bewerbungsfrist endet am 28. Februar 2021. Zu gewinnen gibt es tolle Preise wie etwa CAT Phones.

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DHB: Wie sieht die Strategie von MyHammer in puncto Nachwuchswerbung aus?
Braun: Den Azubi-Award haben wir 2018 erst einmal nur auf unserem Instagram-Kanal beworben und dadurch Kontakte zu den Influencern im Handwerk aufgebaut. Im März 2019 ist der YouTube-Kanal dazugekommen. Über diese drei Säulen sprechen wir die Zielgruppe an: Instagram, YouTube und die Kommunikation mit Hilfe von Influencern. Unsere Botschaft unter dem Hashtag #handwerkistgeil richtet sich an alle Jugendlichen, die in der beruflichen Findungsphase sind, aber auch an diejenigen, die bereits im Handwerk arbeiten und ihren Job als genauso wichtig erachten, wie wir.

DHB: Für die Webvideo-Strategie auf YouTube hat MyHammer vergangenes Jahr den PR Report Award erhalten. Was war das Ziel dieser Strategie?
Braun: Wir wollten auf einen Kanal gehen, der bei den Jugendlichen beliebt ist und ihnen dort in ihrer Sprache zeigen, was das Handwerk zu bieten hat. YouTube eignet sich dafür perfekt. Wir nutzen dort ganz unterschiedliche Formate – mal witzig, mal informativ. Im besten Falle beides wie die Do-it-yourself-Videos von Nerdy Timber, der darin ja auch viel über die Ausbildung erzählt. Der Höhepunkt war natürlich die Zusammenarbeit mit dem YouTube-Star Julien Bam.

DHB: Wie ist es dazu gekommen?
Braun: Das war ein absoluter Glücksfall und überhaupt nicht geplant. Julien Bam hat versucht, sich seinen eigenen Pool samt Terrasse zu bauen. Das sah in seinen Videos ein bisschen dilettantisch aus, aber es hat ihn auch sehr liebenswert gemacht. Wir haben dann den professionellen Poolbauer Leif Rhinow gebeten, in einem React-Video den Poolbau und die teilweise missglückten Versuche von Bam zu kommentieren.

Heraus kam ein sehr lustiges Video, das vor allem von dem trockenen Humor von Rhinow lebt. Julien Bam wurde auf das Video aufmerksam und hat dann mit einem eigenen React-Video reagiert. Darauf folgte wieder ein Video unseres Poolbauers und es entstand ein lustiges Hin und Her zwischen React-Videos von Bam, Leif Rhinow und sogar eines weiteren reichweitenstarken YouTubers. Viele von Bams Fans haben uns dann aufgefordert, ihm zu helfen.

Nachdem sich das Management von Julien Bam gemeldet hatte, sind wir zusammen mit Leif Rhinow zur Baustelle gefahren. Da hat es richtig schlimm ausgesehen. Also wurde der Pool unter der Leitung unseres Poolbauers nochmal neu aufgesetzt – natürlich alles dokumentiert in unterhaltsamen YouTube-Videos. Und so startete die Zusammenarbeit mit Julien. 

DHB: Mit welchem Erfolg?
Braun: Von der Zusammenarbeit haben beide Seiten profitiert. Wir haben das mal ausgewertet: Auf dem Kanal von Julien Bam erreichen die Poolbau-Videos mit die höchsten Reichweiten. Seine Follower – die sogenannte Bam-Army – fanden die Aktion grandios. Da gab es durchweg positive Kommentare. Im Rahmen dieser Aktion haben wir einen Großteil unserer 40.000 Abonnenten für unseren YouTube-Kanal gewonnen und es entstanden bisher durch die Kooperation fast 60 Millionen Views.

DHB: Lässt sich nachvollziehen, wer das genau ist?
Braun: Wie bei allen anderen Social-Media-Kanälen liefern die Insights nur einen groben Überblick. Wir wissen, dass 97 Prozent unserer Abonnenten männlich und 60 Prozent zwischen 18 und 34 Jahren alt. Anhand der Kommentare konnten wir gut nachvollziehen, dass das Interesse an einer Ausbildung im Handwerk in dieser Zielgruppe zugenommen hat. Also haben Julien Bam und MyHammer bestimmt dazu beigetragen, dass es den einen oder anderen Bewerber geben wird. Es gab aber auch Kommentare vieler Handwerker, die unseren Kanal abonniert haben, und sich teilweise bei uns für die Videos bedankt haben. Wir freuen uns über dieses Feedback auf jeden Fall sehr.

 

Foto: © Screenshot/MyHammerFoto: © Screenshot/MyHammer

Die Nachwuchswerbung von MyHammer kommt bei den Followern an. Foto: © Screenshot/MyHammerDie Nachwuchswerbung von MyHammer kommt bei den Followern an. Foto: © Screenshot/MyHammer

 

DHB: Inzwischen ist TikTok bei den Jugendlichen sehr beliebt. Wann macht MyHammer dort seinen Kanal auf?
Braun: TikTok würde unglaublich gut zum Azubi Award passen, da sich dort sehr viele junge Menschen aufhalten. Technisch betrachtet bietet es derzeit eine große Chance, weil es noch keinen Algorithmus gibt, der die Inhalte für die Nutzer vorselektiert und so die Reichweite einschränkt. Damit kann man dort auch als Anfänger sehr viel Reichweite erzielen. Für langfristigen Erfolg verlangt Tik Tok allerdings bestimmte Sprache bei den Inhalten, die auch ein bestimmtes Format haben müssen. Die Videos sind sehr kurz. Man sollte möglichst jeden Tag eines auf die Plattform hochladen und sie müssen hochkant aufgenommen werden. Um eine umfassende Strategie für diesen Kanal aufzustellen, fehlen uns derzeit die Ressourcen.

DHB: Eine Internetseite ist für Handwerksbetriebe inzwischen fast unverzichtbar. Muss man sich dann auch noch auf Instagram, Facebook oder YouTube tummeln?
Braun: Wenn ein Handwerker bis ins Jahr 2035 ausgebucht ist, braucht er wahrscheinlich nicht mal eine eigene Webseite. Jeder andere Betrieb, der dieses Luxusproblem nicht hat und langfristig denkt, sollte sich mit Social Media beschäftigen. Sie stärken damit ihre Online-Reputation und sie machen sich sichtbarer. Dies gilt vor allem für Existenzgründer, weil sie damit Reichweite aufbauen können. Doch Vorsicht: Es reicht nicht aus, sich auf einem Kanal anzumelden und einmal im Monat ein Bildchen zu posten. Man muss sich mit dem Thema Social Media schon auseinandersetzen und ein bisschen Zeit investieren.

DHB: Einige werden einwenden, dass sie kaum etwas Berichtenswertes haben …
Braun: Jeder Handwerker hat Content, er liegt quasi auf der Straße. Er muss ihn nur aufspüren und aufbereiten. Wenn ein spannendes Projekt ansteht, schießt man ein paar Fotos oder dreht ein kurzes Video. Gerade von Baustellen lassen sich bestimmt sehr lustige TikToks machen.

DHB: Dann kommt als nächster Einwand, dass man davon keine Ahnung hat.
Braun: Bilder oder Videos müssen nicht perfekt aufgenommen sein. Viel wichtiger ist, dass sich die Menschen so darstellen, wie sie sind. Authentizität ist das Nonplusultra bei Social Media. Wenn der Content den Zuschauern einen Mehrwert bietet, ist die Qualität eher zweitrangig. Denken Sie nur an den Glasermeister, der über ein Video auf Facebook um neue Auszubildende geworben und danach wahnsinnig viele Bewerbungen bekommen hat.

DHB: Also kommt man bei der Lehrstellenakquise nicht an den sozialen Medien vorbei?
Braun: Wer in den sozialen Netzwerken auffällt, hat wesentlich bessere Chancen, an qualifizierte Bewerber zu kommen. Nehmen wir mal unsere erste Gewinnerin des Azubi Awards als Beispiel. Seitdem Madita Brauer auf Instagram als @frauimhandwerk so erfolgreich ist, erhält der SHK-Betrieb ihres Vaters unglaublich viele Bewerbungen.

DHB: Fallen Ihnen auf Instagram noch weitere herausragende Handwerkerinnen und Handwerker ein?
Braun: In der Handwerksszene ist @gipserfelix sehr bekannt. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass man das Handwerk auf die unterschiedlichsten Weisen darstellen kann, aber dafür kein absolut perfektes Foto oder Video braucht. Er hat die richtigen Ideen, setzt sie um und ist dabei er selbst.

Dann fällt mir noch Magdalena, das @electriciangirl_, ein. Sie macht Schluss mit den Vorurteilen, dass eine Ausbildung zum Elektroniker nichts für junge Frauen ist. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiges Thema. Der Azubi-Mangel lässt sich nur beseitigen, wenn wir das Handwerk interessanter für Frauen machen.

Mit sehr viel Leidenschaft und Kreativität zeigt sich der @creativluca auf Instagram. Er macht eine Ausbildung zum Maler und Lackierer im Betrieb seines Vaters und war letztes Jahr unter den Top Ten beim Azubi Award. Luca zeigt, wie cool Farbe sein kann.

DHB: Wen gibt es Erwähnenswertes bei YouTube?
Braun: Zum einen Kawentsmann. Mit ihm haben wir auch schon zusammengearbeitet. Dann natürlich die Jungs von Holzkunst Scholz, die in ihren Videos sehr interessante Sachen mit Kettensägen veranstalten. Und nicht zu vergessen unser aller geliebter Nerdy Timber.

DHB: Die Tipps für YouTube sind aber sehr holzlastig …
Braun: Das stimmt, aber Arbeiten mit Holz verkauft sich auf YouTube ein bisschen besser als die Reparatur einer Toilette. Doch wer weiß: Mit der richtigen Idee könnten auch andere Gewerke dort erfolgreich einen eigenen Kanal aufbauen.

Text: / handwerksblatt.de

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