Digitalstratege, Schnellredner und Servicerebell: Christoph Krause ist auf vielen Kanälen unterwegs. Seine Mission: Die Digitalisierung im Handwerk vorantreiben.

Digitalstratege, Schnellredner und Servicerebell: Christoph Krause ist auf vielen Kanälen unterwegs. Seine Mission: Die Digitalisierung im Handwerk vorantreiben. (Foto: © Stefan Veres)

Vorlesen:

Influencer im Handwerk #001 Christoph Krause

Wer etwas über Digitalisierung im Handwerk wissen oder los werden möchte, kommt an Christoph Krause nicht vorbei. Im Interview verrät er, warum Influencer für das Handwerk wichtig sind und wie man zur eigenen Marke wird.

Er nennt sich Digitalstratege, Schnellredner und Servicerebell. Er organisiert Barcamps und Hackathons. Er produziert Podcasts. Christoph Krause vom Kompetenzzentrum Digitales Handwerk der HWK Koblenz dürfte zu den am besten vernetzten Influencern im Handwerk gehören. 

DHB: Herr Krause, im Podcast "WirliebenHandwerk.digital" sagten Sie, dass es rund 100 Influencer im Handwerk gibt. Wer ist das denn so?
Krause: In vielen der über 130 Gewerke des Handwerks sind bereits spannende Influencer gestartet. In den vergangenen Jahren haben einige Leute erkannt, dass auch im Handwerk richtig gute Geschichten stecken. Die ersten, die eine unglaubliche Reichweite hatten, waren die Friseurmeisterinnen Ramona Mayr und Julia Schindelmann, auch bekannt als die "Langhaarmädchen". Die haben inzwischen sogar eine eigene Produktlinie bei "dm" laufen.

Der zweite, echte handwerkliche Influencer ist für mich Kristijan Cacic. Er ist auf Instagram als der insta_llateur unterwegs. Er zeigt den Leuten, wie die Realität auf der Baustelle aussieht. Außerdem engagiert er sich sehr stark in der SHK-Innung und verzaubert deren Mitglieder, weil er über Social Media eine ganz andere Zielgruppe erreicht.

Und natürlich der Stuckateur Felix Schröder, der unter dem Namen "Gipser Felix" auf Instagram und YouTube präsent ist. Er zeigt das Handwerk mehr von der humoristischen Seite.

Das könnte Sie auch interessieren:

DHB: Warum sind solche Influencer wichtig für das Handwerk?
Krause: Das Handwerk wird draußen immer noch als verstaubt wahrgenommen. Diese Leute präsentieren es anders – flippig, modern, innovativ, attraktiv. Das strahlt wiederum positiv auf das Handwerk zurück.

DHB: Deren Reichweite ist aber vergleichsweise überschaubar.
Krause: Das ist kein Nachteil. Kanäle wie Instagram oder TikTok sind klar skaliert. Um eine Botschaft zu transportieren, braucht man nicht zwangsweise nur die Mega-Influencer. Sie mögen zwar eine Million Follower haben, aber ihre Zielgruppe ist mitunter zu heterogen. Stattdessen werden heute vermehrt Mikro-Influencer gesucht. Ihnen folgen vielleicht nicht mehr als 2.000 Leute, aber ihre Zielgruppe ist sehr fokussiert und hoch authentisch.

DHB: Das geht so weit, dass Handwerker zur unverwechselbaren Marke werden.
Krause: Genau. Influencer sind ein Transportmittel, das in zwei Richtungen funktioniert. Sie produzieren Inhalte, die andere spannend finden, aber sie können auch Themen von Dritten in ihrer Zielgruppe platzieren. Bei mir ist es die Digitalisierung im Handwerk. Wenn jemand sein Thema in meiner Community platzieren möchte, dann kriege ich meistens eine Message oder einen Anruf und dann starten wir gemeinsam eine Kooperation. Bei einem Handwerker kann es ein Maschinenhersteller sein, der seine Produkte einer bestimmten Zielgruppe näherbringen möchte. Dann wird das Influencing sogar zur zweiten Einnahmequelle.

DHB: Wie baut man sich als Influencer auf?
Krause: Als Erstes muss ich mir darüber klarwerden, welches Thema ich transportieren möchte und wer meine Zielgruppe sein soll. Darauf werden dann die ganzen Inhalte abgestellt. Wichtig ist auch die Frage, ob es mir Freude bereitet und ob ich die Zeit investieren kann, regelmäßig Beiträge zu produzieren. Eine Story für Instagram zu erstellen, mag zwar wie larifari aussehen, aber selbst, wenn man technisch alles hochgradig automatisiert, fallen ein bis zwei Stunden pro Tag dafür an.

DHB: Wenn all das erledigt ist, wie geht es dann weiter?
Krause: Man sucht sich das passende Medium und fängt an zu testen. Der eine mag die klassische Fotowelt, der andere fühlt sich mit bewegten Bildern wohler. Dann geht es an die Inhalte. Produziere ich die selbst oder greife ich – wie etwa der Gipser Felix – auch auf externes Material zurück? Daraus entwickelt man eine Erzählstrategie für jeden Tag. Und genau daran scheitert es dann häufig: Content für Social Media sollte möglichst täglich geliefert werden.

DHB: Und man braucht einen ziemlich langen Atem …
Krause: Das stimmt. In den ersten zwei Jahren ist das reines Ehrenamt. Aber die Ausdauer zahlt sich aus. Dazu habe ich eine kleine Geschichte: Vor einiger Zeit war ich in Berlin und habe von einer Dachterrasse aus getwittert, wie schön die Aussicht auf das Brandenburger Tor ist. Daraufhin bekomme ich eine Personal Message. Nebenan war auf einem Kongress mit 400 mittelständischen Unternehmern ein Referent ausgefallen und ich wurde gefragt, ob ich nicht kurz für eine Keynote rüberkommen möchte. So entstehen völlig neue Chancen. 

DHB: Das war ein sehr unmittelbares Feedback. Woran merke ich denn sonst, ob meine Inhalte ankommen?
Krause: Das Schöne an den digitalen Medien ist ja, dass wir belastbare Zahlen haben. Wir können sehen, wie viele Leute sich den Beitrag angeschaut haben, wann sie gekommen und wie lange sie dabeigeblieben sind. So lässt sich der Content sauber auf die eigene Zielgruppe zuschneiden und ich kann schrittweise meine Community aufbauen.

DHB: Jeder, der heutzutage etwas selbst machen möchte, findet dazu Tutorials auf YouTube. Gibt es die nicht auch für Influencer?
Krause: Keine Frage, ich kann mir Tausende von YouTube-Videos reinziehen. Doch es gibt ein großes Aber: Erfolgreiche Digitalisierung funktioniert nur, wenn man selbst etwas ausprobiert. Deshalb ist mein Claim ja auch "Einfach machen"! Es gilt, den eigenen Stil zu finden und authentisch zu sein. Nehmen wir mal den Schwedallateur als Beispiel. Das ist ein deutscher Handwerker, der nach Schweden ausgewandert ist und von dort täglich seine Geschichten postet. Er kam irgendwann auf die Idee, seine Fahrt von der Baustelle nach Hause zu filmen und dabei seine Lieblingsmusik mit seiner Community zu teilen. Das ist inzwischen ein Story-Kracher, der von ganz vielen Handwerkern in den Sozialen Medien als Challenge rund geht. Und genau darum geht es doch: Tolle Geschichten zu erzählen, andere Personen und Kanäle zu erwähnen und damit das Netzwerk wachsen zu lassen.

DHB: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Hashtag #lustaufhandwerk?
Krause: Seit einiger Zeit kann man auf Instagram nicht nur Personen oder Kanälen, sondern auch einzelnen Hashtags folgen. Wenn man sich #lustaufhandwerk anschließt, kriegt man in seinem Stream alle Nachrichten gebündelt angezeigt, in denen er benutzt wird. Indem alle – Influencer oder Nicht-Influencer – diesen Hashtag verwenden, erhöht sich die Reichweite dieses Hauptthemas. Damit machen wir noch mehr Lust aufs Handwerk.

DHB: Wie viel Zeit investieren Sie selbst eigentlich für Ihre Online-Aktivitäten?
Krause: Ich würde sagen ungefähr zwei Stunden.

DHB: Das ist nicht ihr Ernst?!
Krause: Doch. Einiges habe ich teilautomatisiert. Gewisse Bausteine, die man ständig verwendet, kann man vorbereiten. Meinen Blocks mit Hashtags beispielsweise habe ich abgespeichert und feuere ihn je nach Thema dann jeweils nur noch in die Beiträge rein. Den Content zu erzeugen, macht eigentlich nicht mehr richtig viel Arbeit, aber die Response ist aufwändig. Auf Kommentare muss man schnell reagieren. Sie erzeugen die wahre Reichweite und sind aktuell ein hohes Gut in den Sozialen Medien. Die Herausforderungen sind heute die vielen unterschiedlichen Kanäle und Chat-Systeme. Allein ich nutze über sechs Kanäle.

DHB: Wie behalten Sie denn sechs Social-Media-Kanäle im Blick?
Krause: Ich benutze "Franz". Das ist eine tolle App, die alle Messenger-Nachrichten in einer Ansicht bündeln kann.

DHB: Man hat den Eindruck, dass Sie in den Sozialen Medien ständig präsent sind. Legen Sie das Smartphone oder Tablet eigentlich jemals aus der Hand?
Krause: Wenn ich konzentriert arbeiten muss, schalte ich sie in den Flugmodus. Dann kann man mich auf keinem Kanal erreichen. Ansonsten bin ich immer online, rund um die Uhr.

DHB: Wie verträgt sich das denn mit Ihrem Job beim Kompetenzzentrum Digitales Handwerk der Handwerkskammer Koblenz?
Krause: Ganz einfach, auch hier geht es um die richtige Kommunikation mit der Zielgruppe. Schon heute erreichen uns über 60% der Fragen zu digitalen Themen aus dem Handwerk über die Social-Media-Kanäle. E-Mail gibt es zwar auch noch sehr viele. Aber ich merke hier einen deutlichen Wandel hin zu direkter Kommunikation in Chats. 

DHB: Dieses Interview-Format ist wie ein Staffellauf angelegt. Wem würden Sie den Staffelstab gerne als nächstes übergeben?
Krause: Kristijan, dem insta_llateur. Er hat keinen riesigen Betrieb, sondern er macht das ganz alleine, eine One-Man-Show. Kristijan ist sehr cool und sehr reichweitenstark. 

DHB: Und wer käme noch als Interviewpartner infrage?
Krause: Madita Brauer. Ihr Kanal auf Instagram heißt "frauimhandwerk". Sie ist Anlagenmechanikerin und sehr authentisch. Sie freut sich immer, wenn sie neben ihrem Studium auch wieder mit ihren Arbeitsklamotten auf die Baustelle kann.

Mehr lesen!Zum Interview mit Kristijan Cacic, dem @insta_llateur geht's hier.

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: