Aufgepasst! Eine Beleidigung im Internet kann Grund für eine Kündigung sein.

Aufgepasst! Eine Beleidigung im Internet kann Grund für eine Kündigung sein. (Foto: © Lucian Milasan/123RF.com)

Vorlesen:

Chef auf Facebook beleidigt: Kündigung!

Die neuen Medien bescheren den Arbeitsgerichten volle Schreibtische. Ein Überblick über die aktuelle Rechtslage.

Eine Friseur-Auszubildende postet auf ihrer Facebook-Seite den Satz "Ab zum Arzt und dann Kofferpacken". Dann meldet sie sich krank und reist nach Mallorca. Anschließend stellt sie Urlaubsbilder auf ihrer Facebook-Seite ein. Der Chef sieht dies und kündigt das Ausbildungsverhältnis fristlos mit der Begründung, sie habe ihre Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht. Das Verfahren schließt mit einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (Az.: 7 Ca 2591/11), der das Ausbildungsverhältnis beendet.

In einem anderen Fall äußert eine Angestellte auf ihrer Facebook-Pinnwand harte Kritik an ihrem Arbeitgeber, der sie daraufhin fristlos entlassen will.Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) winkt jedoch ab: Die Richter sehen die Pinnwand als geschützten Raum an, der für den Arbeitgeber tabu ist. Aussagen auf der eigenen Facebook-Seite sollen, wie Bemerkungen im vertraulichen Kollegenkreis, nicht zu einer Kündigung führen.

Öffentliche oder private Äußerung?

Die Äußerung der Mitarbeiterin sei vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, so die Richter. Es sei auch ein Unterschied, ob die Äußerung bei Facebook über den öffentlichen Bereich oder den privaten "Freundeskreis" erfolgt (Urteil vom 29. Februar 2012, Az.: 12 C 12.264)

Ob sich die Arbeitsgerichte dem VGH anschließen werden, bezweifelt Rechtsanwalt Matthias Herold, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Köln: "Es ist fraglich, ob eine Bemerkung noch als vertraulich bezeichnet werden kann, wenn das Facebook-Mitglied mehrere hundert Freunde hat oder seine Pinnwand durch eine entsprechende Nutzungseinstellung öffentlich macht."

Das könnte Sie auch interessieren:

Öffentliche Schmähkritik ist Verleumdung

Auch das Arbeitsgericht Bochum hat in einem aktuellen Urteil (29. März 2012, Az: 3 Ca 1283/11) böse Worte auf einem öffentlichen Profil grundsätzlich als wichtigen Grund für eine Kündigung angesehen.

"Dies ist richtig so, denn Schmähkritik in der Öffentlichkeit stellt eine Verleumdung dar", erklärt Herold. In dem Bochumer Fall hatte ein Azubi auf Facebook seinen Arbeitgeber als "Menschenschinder und Ausbeuter" bezeichnet und war daraufhin gefeuert worden. Der Arbeitgeber hätte aber zunächst auf mildere Mittel wie eine Abmahnung zurückgreifen müssen, wiesen die Richter ihn zurecht.

In allen Fällen stellt sich zudem die grundsätzliche Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, auf der Facebook-Seite seiner Mitarbeiter nach Hinweisen auf Pflichtverletzungen zu suchen. Und falls nein, ob er das unberechtigt erlangte Wissen in einem anschließenden Kündigungsschutzprozess verwenden darf.

Zuerst Abmahnung schreiben

"Hierfür gibt es eine bestehende Rechtsprechung zu den sogenannten Beweisverwertungsverboten", weiß Fachanwalt Herold: "Hat der Chef seine Kenntnisse heimlich erlangt, besteht ein Verbot, diese zu verwerten. Bei einem öffentlichen Profil gibt es aber keine Heimlichkeit, das heißt, der Arbeitgeber darf es ansehen und entsprechend reagieren."

Entscheidend ist aber der Einzelfall: "Auszubildenden wird beispielsweise von den Gerichten oft ihre jugendliche Unerfahrenheit zu Gute gehalten. Zudem muss der Arbeitgeber in weniger drastischen Fällen vor der Kündigung zunächst eine Abmahung erteilen", erläutert Herold.

Fazit

Auch wenn in den Urteilen die Kündigungen für unwirksam erklärt wurden: Beleidigungen können – egal ob sie auf direktem Wege oder über das Internet mitgeteilt werden – einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen.

Kündigungsfristen

Die Grundfrist nach dem Kündigungsschutzgesetz beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Letzten eines Kalendermonats. Sie gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Tarif- oder einzelvertraglich kann davon abgewichen werden.

Beispiel: Eine Kündigung zum 31. Juli 2012 muss dem Arbeitnehmer (oder dem Arbeitgeber) spätestens am 3. Juli 2012 zugegangen sein. Am 4. Juli 2012 wäre eine Kündigung zum Monatsletzten nicht mehr möglich, da der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Kündigungstermin keine 28 Tage mehr ausmacht.

Die Frist für den Arbeitgeber verlängert sich mit der Zeit, die der Arbeitnehmer dem Betrieb angehört

  • zwei Jahre Betriebszugehörigkeit = ein Monat
  • Fünf Jahre = zwei Monate
  • Acht Jahre = drei Monate
  • Zehn Jahre = vier Monate
  • Zwölf Jahre = fünf Monate
  • 15 Jahre = sechs Monate
  • 20 Jahre = sieben Monate (jeweils zum Monatsende)
  • Ausnahme: In Betrieben mit maximal 20 Beschäftigten (ohne Auszubildende) darf vereinbart werden, dass in den ersten zwei Jahren des Arbeitsverhältnisses zu jedem Tag (also nicht nur zum 15. oder zum Ende eines Monats) mit einer vierwöchigen Frist gekündigt werden darf. Für spezielle Personengruppen wie Schwangere, Elternzeitler oder Schwerbehinderte besteht ein besonderer Kündigungsschutz.

Sonderregeln für Kleinbetriebe

Die meisten Handwerksbetriebe sind sogenannte Kleinbetriebe mit zehn oder weniger Mitarbeitern. In Kleinbetrieben gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht.  Das heißt: Die Arbeitgeber können unter erleichterten Bedingungen kündigen, eine Sozialauswahl brauchen sie nicht zu treffen. Allenfalls ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme kann von ihnen erwartet werden, d.h. eine Kündigung darf nicht aus offensichtlich willkürlichen oder vollkommen sachfremden Gründen ausgesprochen werden

Es genügt die Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist. Eine Rechtfertigung der Kündigung mit verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Gründen ist nicht notwendig. Beachtet der Chef zudem noch die üblichen Förmlichkeiten wie die Schriftform (mit Unterschrift und Datum) sowie die Hinweispflicht auf die Arbeitslosenmeldung beim Arbeitsamt, ist er rechtlich auf der sicheren Seite.

Maximal zehn Mitarbeiter

Was ist ein Kleinbetrieb? Ein Betrieb, dem maximal zehn Beschäftigte angehören. Auszubildende zählen nicht mit, Teilzeitkräfte mit 0,5 oder 0,75 Köpfen – je nach wöchentlicher Stundenzahl.

Achtung: Betriebe mit zehn oder weniger Beschäftigten müssen gegebenenfalls anders rechnen, wenn Arbeitsverhältnisse nach 2003 begonnen haben.
Beispiel: Waren Ende 2003 regelmäßig sechs "volle" Mitarbeiter im Betrieb, so haben sie (weil damals noch eine Fünf-Arbeitnehmer-Klausel galt) auch jetzt noch Kündigungsschutz. Sind nach 2003 drei weitere Arbeitskräfte angeheuert worden, so haben diese keinen Kündigungsschutz, da für sie die seit 2004 maßgebende Zehn-Arbeitnehmer-Grenze gilt. Erst wenn durch Neueinstellungen mindestens "4,5 zusätzliche Köpfe" gekommen sind, haben alle Beschäftigten Kündigungsschutz; denn nun arbeiten in der Firma mehr als zehn Personen. 

Text: / handwerksblatt.de

Das könnte Sie auch interessieren: