Ein Handwerker, die zugesagte Leistungen nicht oder nur verspätet durchführen kann, haftet er nur dann, wenn er die Ursachen hierfür verschuldet oder zumindest mitverschuldet hat.

Ein Handwerker, die zugesagte Leistungen nicht oder nur verspätet durchführen kann, haftet er nur dann, wenn er die Ursachen hierfür verschuldet oder zumindest mitverschuldet hat. (Foto: © catalin205/123RF.com)

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Was passiert rechtlich, wenn Lieferanten ausfallen?

Lieferstopp wegen Corona: Welche Ansprüche haben Handwerker gegenüber ihren Lieferanten und welche Pflichten haben sie gegenüber ihren Kunden? Der ZDH informiert.

Wegen der zunehmenden Verbreitung des Corona-Virus kann es auch bei Handwerksbetrieben und ihren Lieferanten sowohl zu vorübergehenden Betriebsschließungen als auch zu Materialengpässen kommen. In diesen Fällen können vertragliche Leistungen nicht wie vereinbart erbracht werden. Vor allem kann es zu Verzögerungen und damit zum Verzug kommen.

In dieser Situation stellen sich die Fragen: Welche Ansprüche haben Handwerksbetriebe gegenüber ihren Lieferanten und welche Pflichten haben sie gegenüber ihren Kunden?

Haftung bei Verzug

Die Haftung für die Folgen eines Leistungsausfalls oder eines Leistungsverzugs setzt stets ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) voraus. Das heißt, wenn ein Lieferant seinen vertraglichen Pflichten nicht wie vereinbart nachkommen kann, haftet er nur dann, wenn er die Ursachen hierfür verschuldet oder zumindest mitverschuldet hat. Genauso verhält es sich mit Handwerksbetrieben, die zugesagte Leistungen nicht oder nur verspätet durchführen können.

Schließt höhere Gewalt die Haftung aus?

Der Ausbruch einer Epidemie kann grundsätzlich als höhere Gewalt bewertet werden. Im Fall der höheren Gewalt ist nicht der Lieferant oder der Handwerksbetrieb, sondern die außergewöhnlichen Umstände für den Leistungsausfall verantwortlich, so dass eine Haftung für die Folgen ausscheidet. Das bedeutet, dass weder der Handwerker seinen Lieferanten noch der Auftraggeber den Handwerksbetrieb für Schäden belangen können.

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Jedoch verbietet sich eine pauschale Bewertung. Vielmehr kommt es auf die Umstände und das konkrete Verhalten der Akteure im Einzelfall an.

Aktualisierung vom 23. März 2020Mit dem heute bekanntgewordenen Sozialschutz-Paket ("Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2" ) reagiert die Bundesregierung auch auf praxisrelevante Probleme von Handwerksbetrieben:

So sieht der Gesetzentwurf eine Aufschubfrist für vertragliche Leistungspflichten vor: Verbraucher und Kleinstunternehmer – solche mit weniger als zehn Beschäftigten und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme unter jeweils zwei Mio. Euro – erhalten ein erweitertes Leistungsverweigerungsrecht, wenn sie wegen der aktuellen Situation ihre vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen können. Dies betrifft Sach-, Geld- und Dienstleistungspflichten. Voraussetzung ist, dass die Leistungspflicht vor dem 8. März 2020 vertraglich eingegangen wurde. In diesem Fall kann der Vertragspartner die Leistung (noch) nicht einfordern und ein Verzug des Schuldners tritt nicht ein.

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt nicht für Miet- und Arbeitsverträge. Nach dem neuen Gesetz hat aber der private und gewerbliche Vermieter kein Kündigungsrecht, wenn der Mieter wegen der Corona-Pandemie nicht zahlen kann. Das betrifft fällige Mieten im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020. Die Kündigung ist bis zum 30. Juni 2022 ausgeschlossen, der Mieter hat also zwei Jahre Zeit, seine Mietrückstände auszugleichen.

Wann könnte man trotzdem haften?

Mangelnde Vorkehrungen

Sollte ein Betrieb die empfohlenen Schutzvorkehrungen gegen eine Infektionsausbreitung nicht befolgen, muss er sich dem Vorwurf der fahrlässigen (Mit-)Verursachung einer Betriebsschließung oder der Leistungsunfähigkeit aussetzen. Daher gilt: Betriebsinhaber sollten alle empfohlenen Schutzvorkehrungen gegen eine Infektionsausbreitung im Betrieb ergreifen.

Kenntnis möglicher Folgen

Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also der Zeitpunkt, in dem man seine Leistungspflicht eingeht, ist für die Beurteilung der höheren Gewalt entscheidend. Höhere Gewalt liegt nur dann vor, wenn die Folgen der außergewöhnlichen Umstände, also der Corona-Epidemie, nicht vorhersehbar waren. Diese Situation dürfte aber nur für Fälle gelten, in denen der Vertrag bereits vor Ausbruch der Epidemie geschlossen wurde. Angesichts der Verbreitung des Virus, der intensiven Berichterstattung und der behördlichen Maßnahmen muss jedem Unternehmer nach Ausbruch der Infektion in Deutschland und Europa bewusst sein, dass sein Betrieb und seine Leistungsfähigkeit betroffenen sein können. Leistungsausfälle sind insofern in gewissem Maße und je nach Einzelfall wahrscheinlich und vorhersehbar. Wer in einer solchen Situation Verträge schließt, die er nicht oder nicht pünktlich erfüllen kann, handelt fahrlässig und muss für den Leistungsausfall haften.

Praxistipp: Verträge, bei denen eine Handwerksleistung zu erbringen ist, sollten – soweit möglich – nur mit einer Haftungsbeschränkung geschlossen werden. Die Haftung sollte auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt werden.

Vertragliche Leistungsversprechen/ Leitungsgarantien

In dem Vertrag dürfen keine zusätzlichen verschuldensunabhängigen Leistungsversprechen, wie beispielsweise weitergehende Garantien oder verschuldensunabhängige Vertragsstrafen, vereinbart worden sein. Solche Vereinbarungen gelten eigenständig und unabhängig von der Qualifizierung der Epidemie als höhere Gewalt!

Praxistipp: Handwerker sollten beim Abschluss neuer Verträge, bei denen sie sich zu einer Leistung verpflichten, verschuldensunabhängige Vertragsstrafen oder Garantien – soweit möglich – vermeiden.

Offene Kommunikation mit Vertragspartnern und Lieferanten führen

Sofern ein Handwerksbetrieb oder sein Lieferant wegen des Coronavirus seinen Betrieb schließen muss, oder er seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann, sollte er Vertragspartner unverzüglich über die Situation informieren und gegebenenfalls neue zeitliche Leistungsziele zu vereinbaren.

Außerdem sollte er sich bei den Materiallieferanten über die Verfügbarkeit und die Produktionsherkunft des Materials informieren, um absehen zu können, wie und wann er selbst leisten kann.

Welche Rechte haben Handwerker, wenn Kunden Ihre Aufträge stornieren?

Im Grundsatz gilt: Verträge, die geschlossen werden, sind zu erfüllen. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch in der Praxis zahlreiche Ausnahmen. Handwerker sollten ihre Verträge überprüfen, ob dem jeweiligen Vertragspartner ein besonderes Kündigungsrecht zusteht und ob die Voraussetzungen einer solchen Kündigung vorliegen.

Verbraucherverträge

Verbraucher dürfen Verträge innerhalb von zwei Wochen widerrufen, wenn der Vertrag am Telefon, per E-Mail oder außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wurde.

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Manchmal ändern sich die Umstände nach Vertragsschluss schwerwiegend. Hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, kann jeder von beiden entweder die Anpassungen oder die Aufhebung des Vertrags verlangen – vorausgesetzt das Festhalten am Vertrag ist ihm unzumutbar.

Ein Beispiel: Ein Handwerksbetrieb hat den Auftrag, die Elektronik an einem Messestand einzubauen. Findet die Messe wegen behördlicher Maßgaben nicht statt, ist es dem Auftraggeber (Messestandunterhalter) kaum zumutbar, an dem Vertrag festzuhalten.

Wird ein solcher Vertrag gekündigt oder aufgehoben, sind die Vertragsparteien so zu behandeln, als wäre der Vertrag nie geschlossen worden: Bereits ausgehändigte Waren muss man zurückzugeben, Leistungen, die bereits erbracht wurden, muss man bezahlen.

Quelle: Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)

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Text: / handwerksblatt.de