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Wie man offene Rechnungen eintreibt

Es ist leichter geworden, bei renitenten Kunden Geld zu holen. Man muss nur wissen, wie. Die Reform der Zwangsvollstreckung macht es möglich.

Immer wieder beklagen Handwerksunternehmer, dass ihre privaten Kunden die Rechnung nicht begleichen. Anscheinend gibt es eine steigende Zahl schwarzer Schafe, die eine Zahlung dreist verweigern und es auf eine Klage ankommen lassen.

Was die wenigsten wissen: Seit eineinhalb Jahren gibt es für Gläubiger viel bessere Möglichkeiten, auf das Vermögen ihrer Schuldner zuzugreifen. Denn seit Anfang 2013 gilt das "Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung". Die entscheidende Neuerung: Jetzt kann ein Gläubiger wichtige Informationen über das Vermögen seines Schuldners erhalten – und zwar von den Behörden. Vorausgesetzt, er hat einen vollstreckbaren Titel, etwa ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid gegen ihn. Hat sich Schlossermeister Schulte also wegen seiner offenen Rechnung vor Gericht erfolgreich gegen seinen Kunden Schmitz durchgesetzt, kann er den Gerichtsvollzieher neuerdings losschicken, Auskünfte von Staatsstellen einzuholen.

Wichtige Informationen abfragen

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Früher konnte der Schuldner bei seiner eidesstattlichen Erklärung – strafbar – lügen und der Gläubiger schaute in die Röhre. Schweigt Herr Schmitz zwei Wochen lang, kann der Gerichtsvollzieher heute direkt Auskünfte von Behörden einholen, nämlich von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung (wer ist der Arbeitgeber? Gibt es Lohn- und Rentenansprüche?), beim Kraftfahrt-Bundesamt (gibt es einen oder mehrere wertvolle Fahrzeuge?) und beim Bundeszentralamt für Steuern (sind Steuerrückzahlungen zu erwarten?). Mit diesen Informationen kann der Gerichtsvollzieher dann direkt die Steuer- oder Lohn- oder Rentenansprüche pfänden. Was sich in den meisten Fällen deutlich mehr lohnt, als die bisherige Methode der Sachpfändung in der Wohnung des Schuldners – die aber auch immer noch möglich ist.

"Man muss ja nur wissen, wo die Vermögenswerte des Schuldners liegen, dann ist ein Zugriff darauf ganz einfach", erklärt Peter Marchlewski, Leiter des Referats Öffentlichkeitsarbeit und Justizkommunikation im Justizministerium NRW. "Die Arbeit der Gerichtsvollzieher hat sich durch das neue Gesetz grundlegend verändert: Früher mussten sie viel mehr Klinken putzen, jetzt ist es ein Bürojob."

Auch Frank Neuhaus, Landesvorsitzender des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes in NRW, sieht die Reform positiv: "Die Gerichtsvollzieher wurden mit mehr Werkzeugen ausgestattet, um die Zwangsvollstreckung effektiver zu machen. Die verbesserten Auskunftsmöglichkeiten kommen den Gläubigern bereits zugute: Die beigetriebenen Gelder haben sich erhöht", beschreibt er die Vorteile für die Gläubiger. Das Bundeszentralamt für Steuern nennt dem Gläubiger alle Konten, die der Schuldner in Deutschland eröffnet hat. "Da kommen an der einen oder anderen Stelle interessante Sachen zutage", ist seine Erfahrung mit der Behördenauskunft.

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Auch die neu geschaffene Möglichkeit der gütlichen Erledigung ist laut Neuhaus ein Fortschritt für alle Gläubiger. Denn das gab es früher nicht. Jetzt können die Gerichtsvollzieher im Namen des Gläubigers auch Ratenzahlungen vereinbaren. Dass dies eine Verbesserung ist, belegt die gestiegene Zahl der Ratenzahlungsvereinbarungen.

Einziger Wermutstropfen der Reform: Die behördliche Auskunft ist erst ab einem Schuldenbetrag von 500 Euro möglich. "Gerade für kleinere Handwerker kann sich das nachteilig auswirken. Da hat der Datenschützer dafür gesorgt, dass Banken und Großgläubiger bevorzugt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Grenze noch gesenkt wird", ist der Experte Neuhaus auf der Seite der Mittelständler.

Verschleiertes Einkommen pfänden

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Gegen die Pappenheimer, die mithilfe ihrer Ehefrau die Zeche prellen, ist übrigens auch ein gesetzliches Kraut gewachsen. Zumindest gegen diejenigen, die die Firma ihrer Gattin überschreiben und dort kostenlos oder für einen geringen Lohn arbeiten – also nur auf dem Papier nicht mehr der Chef sind. Selbst Anwälten ist nicht immer bekannt, dass ein Gläubiger das fiktive Gehalt des Angestellten pfänden kann, als sogenanntes verschleiertes Arbeitseinkommen. Wäre Herr Schmitz also für "einen Appel und ein Ei" eingestellt, muss der Betrieb dem Gläubiger Schulte trotzdem das Geld auszahlen, was ein Mitarbeiter in dieser Position normalerweise erhält, also zum Beispiel den Tariflohn.

Ein anderes, wenig bekanntes Verfahren, mit dem Gläubiger schneller an ihr Geld kommen, ist der Urkundsprozess. Wer seine Forderungen mit einem Schriftstück belegen kann, muss keine Einwände gelten lassen, die nicht in dem Papier beschrieben sind. Hat also Schulte einen schriftlichen Auftrag unterschrieben und will Schmitz sich etwa darauf berufen, das Aufmaß habe nicht gestimmt, kommt er damit im Urkundsverfahren nicht durch, denn darüber steht nichts im Vertrag. Schulte erhält sofort einen Zahlungstitel. "Ist das Geld erst einmal gezahlt, reduziert sich der Streit meistens schnell", weiß Jurist Marchlewski.

Text: / handwerksblatt.de

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