Eine falsch gelieferte Farbe müssen Unternehmer sofort reklamieren, sonst verlieren sie ihre Gewährleistungsrechte.

Eine falsch gelieferte Farbe müssen Unternehmer sofort reklamieren, sonst verlieren sie ihre Gewährleistungsrechte. (Foto: © kzenon/123RF.com)

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Schlechtes Material? Gute Karten für Handwerker!

Betriebsführung

Ab 2018 erhalten Handwerker vom Händler auch Arbeitskosten erstattet, die ihnen durch den Einbau fehlerhaften Materials entstehen. Wir geben praktische Tipps, wie sie dabei vorgehen sollten.

Eine Zeitmaschine hat Volker Odenbach, Glaser und Fensterbauer aus Landau, leider nicht. Sonst würde er sich mit seinem Fall einfach ins Jahr 2018 versetzen. Das handwerksblatt berichtete 2015 über sein Pech mit fehlerhaften Fenstern: Zwar lieferte der Hersteller nach Reklamation neue Ware, der Handwerker musste aber auf eigene Kosten die bereits eingebauten, mangelhaften Fenster beim Kunden entfernen und die neuen anbringen. Auf den fast 26.000 Euro blieb er sitzen, weil die bisherige Rechtslage eine Lücke aufwies. "Ich hatte einfach die A…karte gezogen!", ärgert sich Odenbach. Diese Haftungsfalle wurde nun endlich abgeschafft: Ab jetzt haben Handwerker einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Händler ihre Kosten für Aus- und Einbau mangelhaften Materials bei Privatkunden übernimmt; so steht es im neu gefassten Paragrafen 439 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bisher bekamen sie nur das fehlerhafte Material ersetzt.

Für welche Fälle gilt das neue Recht?

Glasermeister Volker Odenbach; Foto: Kai Mehn Glasermeister Volker Odenbach; Foto: Kai Mehn

Das Gesetz sagt: Das gekaufte Material muss mangelhaft und "in eine andere Sache eingebaut" oder "an eine andere Sache angebracht" worden sein. Beispiele für eingebaute Materialien sind Bodenfliesen, Fenster oder Hauselektrik. Wie besagte Fenster von Herrn Odenbach, die trotz Bestellung nicht bandverzinkt waren und sechs Wochen nach dem Einbau Rost ansetzten. Um angebrachte Materialien handelt es sich etwa bei Dachrinnen, Lampen, Lacken oder Farben.

Wichtig: Offensichtliche Mängel sollte jeder Handwerker – wie bisher – sofort beim Lieferanten rügen! Tut er das nicht, genehmigt er die Ware als vertragsgemäß. Der Maler beispielsweise, der den Lack in der falschen Farbe nicht sofort reklamiert, verliert sein Gewährleistungsrecht. Daran ändern auch die neuen Normen nichts. Und Achtung: "Die Beweislast für den Materialfehler trägt nach wie vor der Handwerker", warnt Michael Bier, Jurist und Abteilungsleiter bei der Handwerkskammer Düsseldorf. Bei Zweifeln kann man zum Beispiel das Materialprüfungsamt oder einen Sachverständigen hinzuziehen.

Dürfen Händler ihre Haftung in den AGB einschränken?

Foto: ©: Mariok/123RF.com Foto: ©: Mariok/123RF.com

Komplett ausschließen darf der Lieferant seine Haftung in den Allgemeinen Geschäftsbedinungen (AGB) nicht, das ist rechtlich nicht erlaubt. Teilweise Einschränkungen sind nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. "Wenn die AGB des Händlers richtig unfair sind, muss der Handwerker ihnen nicht widersprechen, denn dann sind sie insgesamt unwirksam", erklärte Baurechtsexperte Günther Jansen, Leiter der Bauschlichtungsstelle der HWK Münster, auf einer Informationsveranstaltung der HWK Düsseldorf.

Welche Einschränkungen zulässig sind, sagt das Gesetz nicht und muss von der Rechtsprechung geklärt werden, betont der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) in seinem neuen Leitfaden zum diesem Thema. Die Rechtsprechung behandelt typische Handwerksbetriebe hier wie Verbraucher und schützt sie damit vor Haftungsausschlüssen in den AGB der Händler. Dr. Markus Peifer, Jurist und Referatsleiter beim ZDH, riet auf der Veranstaltung in Düsseldorf: "Achten Sie auf Änderungen in den ABG Ihrer Lieferanten! Bei Ausschluss oder Änderung der Haftung: Widersprechen Sie den AGB! Informieren Sie Ihre Handwerkskammer oder Innung damit sie die AGB für Sie prüfen und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten können." Auch Fensterbauer Odenbach setzt auf Solidarität: "Handwerksmeister vereinigt euch! Kauft nicht bei den Firmen, die das Recht durch Ihre AGB ausschließen!" ist sein Appell.

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Tischler Schreiner Deutschland unterstützt seine Betriebe mit eigenen widerstreitenden AGB, so dass im Streitfall immer die gesetzliche Regelung eintritt. Gleichzeitig ruft die Innungsorganisation die Initiative "Fairer Handwerkspartner " ins Leben, über die Betriebe in Erfahrung bringen können, welche Lieferanten auf ungerechte AGB verzichten.

Welche Kosten werden ersetzt?

Der Händler muss dem Handwerker alle Aufwendungen erstatten, die erforderlich sind, um den Mangel zu beheben. Das sind neben dem Werklohn für den Ausbau der mangelhaften Sache und der Montage des neuen Materials beispielsweise die Kosten für die Anfahrt und die Fehlersuche. Fensterbauer Odenbach musste die komplette Fenster-Konstruktion seines Kunden erneut montieren und dafür eigens einen Spezialkran anmieten. "Das Geld könnte er nach der neuen Rechtslage von seinem Händler zurückverlangen", weiß Kammerjurist Bier.

Künftig erstattet werden auch Kosten, die durch den Umtausch oder die Zurücksendung der mangelhaften Sache an den Lieferanten entstehen, genauso wie der Aufwand für die erneute Zurichtung und Parametrierung. Auch Kosten für neue Funktionsproben, Änderung der Dokumentation oder Sachbearbeitung der Abwicklung muss der Lieferant dem Handwerker demnächst bezahlen. "Um sich unnötigen Streit zu ersparen, sollte der Handwerker seinen Händler über die erwarteten Kosten informieren und mit ihm eine Einigung erzielen", empfiehlt ZDH-Jurist Peifer. "Also nicht gleich mit der Arbeit loslegen, sondern erst einen Kostenvoranschlag erstellen!"

Praxistipp: Die Rechtsberater in Ihrer Handwerkskammer helfen bei Fragen gerne weiter.

Rügepflicht: Das Handelsgesetzbuch schreibt vor, dass der Unternehmer die Ware nach Lieferung "unverzüglich" untersuchen und alle Mängel anzeigen muss. Dies gilt für offensichtliche Mängel, die schon bei Ankunft der Ware erkennbar sind. Zeigt sich ein Mangel erst später, muss der Käufer diesen sofort nach der Entdeckung reklamieren. Wer das nicht macht, erkennt damit das Material als vertragsgemäß an und verliert sein Recht auf Gewährleistung. Das gilt nur dann nicht, wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Wichtig: Das neue Recht ändert nichts an dieser Rügepflicht.

Hier können Sie den Flyer des ZDH kostenlos herunterladen.

Foto: ©  Kai Mehn; mariok/123RF.com

Text: / handwerksblatt.de

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