Der ZDH fordert, dass Handwerker wie Verbraucher gegenüber Händlern behandelt werden. Grund sind aktuell gültige EU-Richtlinien.

Der ZDH fordert, dass Handwerker wie Verbraucher gegenüber Händlern behandelt werden. Grund sind aktuell gültige EU-Richtlinien. (Foto: © filmfoto/123RF.com)

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Ungerechte Rechtslage für das Handwerk

Handwerksverbände machen sich stark gegen eine Rechtsprechung, die Handwerker benachteiligt. Um die ungerechte Mängelhaftung für das Handwerk zu beseitigen, geht die Arbeit weiter.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und im Anschluss der Bundesgerichtshof (BGH) haben in den letzten Monaten mehrere wegweisende Urteile gefällt. Ergebnis: Der private Käufer einer mangelhaften Sache kann sich neuerdings auch die Kosten für Ein- und Ausbau vom Verkäufer zurückholen. Und zwar unabhängig davon, ob den Verkäufer ein Verschulden trifft.

Grund ist die europäische Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf, die von den Europarichtern in dem vielbeachteten "Fliesen-Urteil" angewendet wurde. Der deutsche BGH ist an dieses Urteil des EuGH gebunden und musste seine bisherige, anderslautende Rechtsprechung ändern.
Dadurch hat sich zwar die Situation der Verbraucher in Deutschland verbessert. Die Urteile betreffen aber ausschließlich Fälle zwischen Verkäufer und privatem Käufer. Das hat der BGH in seinem neuesten Urteil noch einmal klargestellt (Az.: VIII ZR 226/11; es ging um Granulat).
Für Gewerbetreibende – wie es Handwerker sind – gilt weiter die Grundregel, dass der Händler nur das Material ersetzen muss. Mehr nicht. Die Kosten für den Aus- und Einbau des Baustoffs muss der Handwerker weiterhin selbst tragen.

Einseitig belastende Haftung

Einzige Ausnahme: Wenn der Händler wusste oder hätte wissen müssen, dass das Material mangelhaft war, kann der Handwerker vom Verkäufer zusätzlich die Arbeitskosten als Schadensersatz verlangen. In der Praxis wird der Handwerker dies aber so gut wie nie beweisen können. "Eine derartig einseitig belastende und sachlich nicht begründbare Haftungszuweisung ist mit dem Gedanken eines verantwortungsgerechten Gewährleistungsrechts unvereinbar", kommentiert Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) die Situation.

Die gute Nachricht: Noch ist nichts verloren! Zwar hatte die Bundesregierung Ende 2012 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Rechtsprechung zum "Fliesen-Urteil" übernehmen sollte. Eine gesetzliche Umsetzung hätte die ungünstige Rechtslage für Handwerksbetriebe auf unabsehbare Zeit verfestigt. Der ZDH hat daher diese Pläne heftig kritisiert und hatte Erfolg: Die entsprechende Passage wurde gestrichen.

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Allerdings: Bleibt der BGH bei seiner Rechtsprechung, ist die Kuh noch nicht vom Eis. Handwerker werden gezwungen, die Verantwortung für das Material ihrer Lieferanten zu übernehmen. "Damit geraten sie nach wie vor in eine Haftungsfalle. Hier hätte die Bundesregierung für Abhilfe sorgen können", mahnt Schwannecke. "Dieser unhaltbare Missstand muss noch behoben werden."

Handwerksunternehmern in der derzeitigen Situation einen praktikablen Rat zu geben, fällt Juristen daher schwer: "Den Kunden das Material besorgen zu lassen, wäre rechtlich die sicherste Lösung, ist aber wirtschaftlich unsinnig und im Arbeitsalltag nicht umzusetzen", resümiert Michael Bier, Jurist und Leiter der Abteilung Handwerks- und Gewerberecht bei der Handwerkskammer Düsseldorf

Neue Regelung gefordert

Der ZDH und andere Fachverbände haben daher eine Initiative gestartet, mit der sie eine Lösung auf Gesetzesebene herbeiführen wollen. Sie möchten, dass Handwerksbetriebe gegenüber den Händlern wie Verbraucher behandelt werden. "Die Mängelgewährleistung wird durch diese Rechtsprechung künstlich aufgespalten, obwohl es sich um eine einheitliche Norm handelt", kritisiert Schwannecke.

Der Bundesrat hat jetzt die Argumente des Handwerks aufgegriffen und eine entsprechende Stellungnahme an die Bundesregierung abgegeben. Darin fordert er eine gesetzliche Regelung, die die berechtigten Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmer angemessen berücksichtigt. Die Bundesregierung hat zwar die Problematik erkannt, eine zeitnahe Lösung in Form eines Gesetzes wird aber angesichts der im Herbst anstehenden Bundestagswahlen noch auf sich warten lassen.

Beim ZDH ist man optimistisch, dass in der nächsten Legislaturperiode eine größere Reform gestartet wird. Durch eine Ausweitung der Verbraucherrechte auf Geschäfte zwischen Unternehmern würde die Verantwortung für fehlerhaftes Material dorthin zurückgegeben, wo sie eigentlich hingehört: Zum Händler oder Hersteller.

Text: / handwerksblatt.de