Das ist die Kehrseite des Konjunkturbooms im Handwerk. Potenzielle Auftraggeber müssen oft wochenlang vertröstet werden. Und es wird aufgrund des Fachkräftemangels auch in naher Zukunft nicht besser. (Foto: © dolgachov/123RF.com)

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Handwerk: Was tun, wenn die Kunden Schlange stehen?

Betriebsführung

Bis zu 14 Wochen müssen Kunden zum Teil auf einen Handwerker warten. Das ist auch für die Betriebe ein großes Problem. Schließlich wollen sie es sich nicht mit ihren Kunden verscherzen. Tipps, wie Ihnen die Kundschaft trotzdem treu bleibt.

Mehr als neun Wochen – so lange muss ein Kunde aktuell im Durchschnitt warten, bis sein Auftrag erfüllt werden kann. In den Bau- und Ausbauhandwerken beträgt die Wartezeit sogar über 13 Wochen. Bis auf die Kfz-Gewerke, deren Werkstattgeschäft schwächelt, berichten alle Handwerksgruppen im Herbst 2019 von Umsatzzuwächsen. Auch bei solchen Wartezeiten ist es möglich, die Kunden bei der Stange zu halten.

In Zeiten voller Auftragsbücher stecken die Betriebsinhaber in einer Zwickmühle – auf der einen Seite wollen sie keine Kunden verprellen, auf der anderen Seite müssen sie darauf achten, dass die Belastung ihrer Mitarbeiter sich im Rahmen hält, damit diese nicht unzufrieden werden oder die Unfallhäufigkeit steigt. Neueinstellungen sind nicht möglich, da es an Nachwuchskräften bekanntermaßen fehlt.

Mondpreise sind keine Lösung

Aber wie vertrösten die Betriebe ihre Kunden, wenn die Kapazitäten die Annahme eines Auftrags nicht zulassen? "Im Vordergrund sollte immer ein freundlicher und offener Dialog stehen", weiß Tobias Pütter, Marketingberater der Handwerkskammer Dortmund. "Dem Kunden ist auf jeden Fall offen und ehrlich zu kommunizieren, aus welchen Gründen ein Auftrag erst so spät erfüllt werden kann."

Bei Stammkunden machen die Chefs auch schon mal eine Ausnahme und führen Arbeiten an den Wochenenden durch. Falls keine Kapazitäten frei sind, ist dem Kunden zu verdeutlichen, dass der Betrieb es ihm nicht verübelt, wenn er ausnahmsweise ein Angebot der Konkurrenz wahrnimmt.

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Wichtig ist es, beim Kunden Verständnis für die Situation des Betriebs zu wecken und gelassen und freundlich zu bleiben. Es muss dabei immer um konstruktive Lösungen gehen. "Ganz und gar nicht optimal sind Abschreckangebote", warnt Pütter.

"Ausgelastete Unternehmen, die Angebotsanfragen mit überzogenen Preisen beantworten, sollten sich bewusst machen, dass sie damit Kunden vergraulen, auf die sie in mageren Zeiten gern zurückkommen würden."

Ausblick: Auf lange Wartezeiten bei Handwerkern haben sich Kunden fast schon eingestellt. Und es dürfte auch in den nächsten Wochen keine Besserung geben. "Leider kann ich bei den Wartezeiten auf einen Handwerker noch keine Entwarnung geben, die werden mittelfristig erst einmal nicht geringer", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer Anfang Januar der Deutschen Presse-Agentur. "Es kommen nicht genügend Handwerker nach." Allerdings würden die Preise aufgrund der Rückkehr zur Meisterpflicht in vielen Berufen sinken. "Wenn wir nun wieder mehr Meister haben und wieder mehr ausgebildet wird, schaffen wir auch mehr Kapazitäten. Und wenn es mehr Kapazitäten am Markt gibt, dann wird es nicht teurer, sondern günstiger", so Wollseifer gegenüber dpa.

Für die Kunden von Martin Lettau, Geschäftsführer der Haustechnik Lettau GmbH in Witten, sind lange Wartezeiten kein Problem, da zwischen dem Betrieb und den Kunden eine gute und vertrauensvolle Beziehung besteht. "Neukunden vertrösten wir momentan. Unsere Stammkunden, die beispielsweise ihre Badezimmer renoviert haben wollen, müssen zurzeit einiges an Wartezeiten in Kauf nehmen. Aber sie schätzen unsere Arbeit und wissen, dass wir ihre Aufträge so bald wie möglich erledigen. Deshalb haben sie Verständnis für die langen Wartezeiten."

Bei Notfällen immer für den Kunden da 

Lettaus Kunden wissen darüber hinaus, dass das Unternehmen in einem Notfall für sie da ist. Denn neben einer guten Beziehung zwischen Betrieb und Kunden spielt ein exzellentes Terminmanagement eine wichtige Rolle. "Rohrbrüche oder Heizungsausfälle sind akute Notfälle, in denen wir unseren Kunden natürlich sofort helfen müssen. Dafür legen wir Termine um."

Lettau räumt ein, dass das bei einem großen Betrieb natürlich um einiges einfacher ist als bei Kleinbetrieben. "Wir haben 20 Mitarbeiter. Wenn unsere Kunden einen Notfall wie einen Rohrbruch haben, kann ich von einer Großbaustelle schon mal zwei Mitarbeiter abziehen, um das in Ordnung zu bringen. Das funktioniert. Kleinbetriebe können das so nicht leisten."

Lettau rät diesen Betrieben, sich zu spezialisieren. Und wie empfinden die Mitarbeiter von Martin Lettau die derzeitige Situation? "Ich zahle gute Löhne und trage Sorge dafür, dass meine Mitarbeiter sich im Unternehmen wohlfühlen", sagt der Diplom-Ingenieur.

Fazit: Wenn Kunden Vertrauen in die gute Arbeit eines Betriebs haben und wissen, dass sie in einem Notfall jederzeit Hilfe bekommen, haben sie Verständnis dafür, auch mal in der Schlange zu stehen.

Tipp: Brauchen Sie Unterstützung beim Marketing? Die Marketingberater Ihrer Handwerkskammer beraten Sie gerne kostenfrei.

Text: / handwerksblatt.de

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