Wer sich bei der Arbeit verletzt, bekommt Geld von der Versicherung, aber kein Schmerzensgeld vom Chef.

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Kein Schmerzensgeld nach Sturz auf Betriebsgelände

Ein Arbeitgeber muss kein Schmerzensgeld an einen Mitarbeiter zahlen, der auf dem Betriebsgelände wegen Glatteis gestürzt war. Denn der Chef hat den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt.

Arbeitnehmer sind auf dem Weg zum Job gesetzlich unfallversichert. Dieser Weg ist am Eingangstor des Betriebsgeländes aber beendet. Dahinter existiert eine gesetzliche Versicherung für Arbeitsunfälle. Der Arbeitgeber ist – außer bei Vorsatz – von einer Haftung befreit. Grund ist, dass er durch seine Beiträge die Unfallversicherung finanziert. Der Haftungsausschluss gilt auch für Schmerzensgeld. Dieses Haftungsprivileg hat das Bundesarbeitsgericht nun erneut bestätigt. 

Der Fall

Eine Altenpflegerin rutschte frühmorgens im Winter auf dem Weg zum Seiteneingang des Pflegeheims aus und brach sich dabei den Knöchel. Der Weg gehörte schon zum Betriebsgelände und war weder gestreut noch beleuchtet.

Die Frau erhielt von ihrem Arbeitgeber - wie bei einem Arbeitsunfall - Verletztengeld. Sie verlangte vor Gericht allerdings auch Schmerzensgeld sowie die Erstattung weiterer Kosten, die während der Behandlung entstanden waren.

Arbeitsunfall: Chef haftet nur bei Vorsatz

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Das Urteil

Alle drei Instanzen einschließlich des Bundesarbeitsgerichts wiesen ihre Klage ab. Die Pflegerin hat gegen den Arbeitgeber weder Anspruch auf Schmerzensgeld noch auf Ersatz sonstiger Schadenskosten.

Unternehmer seien gegenüber den gesetzlich Unfallversicherten, die für ihr Unternehmen tätig sind, zum Ersatz von Personenschäden nur dann verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben, erklärten die Richter.

Kein Vorsatz, kein Wegeunfall

Die Verletzung der Arbeitnehmerin sei ein Arbeitsunfall gewesen, weswegen sie Verletztengeld erhielt. Darüber hinaus müsse der Arbeitgeber wegen der gesetzlichen Haftungsbeschränkung nichts weiter zahlen. Zur Begründung verwiesen die Richter auf das Sozialgesetzbuch, das Haftungsbeschränkungen für Unternehmen bei Arbeits- und Wegeunfällen vorsieht. Danach könne Schmerzensgeld oder Schadenersatz im Arbeitsleben nur geltend gemacht werden, wenn ein Arbeitgeber "den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt" hat. Das aber sei hier nicht der Fall, so die Richter. Eine Haftung des Arbeitgebers komme nur bei "doppeltem Vorsatz" infrage. Dieser müsse sich konkret "nicht nur auf die Verletzungshandlung, sondern auch auf den Verletzungserfolg beziehen." Derlei sei dem Betreiber des Seniorenheims jedoch nicht anzulasten.

Der Unfall ereignete sich auch nicht auf einem versicherten Weg. Dieser endet mit dem Erreichen des Betriebsgelände.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. November 2019, Az. 8 AZR 35/19

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Text: / handwerksblatt.de

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